Satellitenbild Hurrikan Idalia
2023 sorgte Tropensturm Idalia für Verwüstungen im Golf von Mexiko. In den vergangenen Jahren kam es immer öfter zu Stürmen mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 250 Kilometern pro Stunde.
IMAGO/NOAA

Nicht nur in vielen Ecken Österreichs ist es seit mehreren Tagen sehr windig: Unwetter inklusive Sturm sorgten im US-Bundesstaat Kalifornien für Todesfälle. Drei Personen wurden von umstürzenden Bäumen erschlagen. In den vergangenen Jahrzehnten ist es in den USA häufiger zu Wirbelstürmen gekommen, was auch mit dem Klimawandel zusammenhängt. Insbesondere kommt es öfter zu besonders hohen Windgeschwindigkeiten. Deshalb plädiert ein Forschungsteam dafür, die Hurrikanskala zu erweitern und eine Kategorie sechs einzuführen.

Die bisher höchste Kategorie fünf umfasst Wirbelstürme mit einer Geschwindigkeit von mehr als 251 Kilometern pro Stunde. In den vergangenen Jahren hätten jedoch mehrere tropische Wirbelstürme eine Windstärke von über 310 Stundenkilometern gehabt, schreiben Michael Wehner vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Berkeley und James Kossin von der University of Wisconsin/Madison im Fachjournal "PNAS". Sie plädieren also für eine neue Kategorie sechs ab 310 Stundenkilometern auf der sogenannten Saffir-Simpson-Hurrikanskala.

Fünf extreme Stürme

Diese Skala wurde in den frühen 1970er-Jahren in den USA eingeführt, um das Risiko für Sturmschäden zu kommunizieren. Sie umfasst die nicht nummerierten Kategorien "tropische Depression" und "tropischer Sturm" mit bis zu 118 Stundenkilometern sowie die Hurrikankategorien eins (schwach) bis fünf (verwüstend). Kommt es zu einem Kategorie-fünf-Sturm mit mehr als 251 Stundenkilometern, werden nicht nur locker alle Bäume komplett umgeweht, sondern auch kleine Gebäude, niedrigere Küstengebiete können bis 16 Kilometer landeinwärts überschwemmt werden. Während Wirbelstürme insgesamt sehr langsam weiterziehen, sind ihre rotierenden Winde sehr schnell. Die Weltwetterorganisation WMO nutzt üblicherweise die 13-teilige Beaufortskala, die von Windstille bis zum Orkan mit mehr als 118 Stundenkilometern reicht.

In Nordamerika, das häufig von tropischen Wirbelstürmen heimgesucht wird, aber auch in Südostasien wird bei höheren Windgeschwindigkeit stärker differenziert. Hier sehen die Forscher die Notwendigkeit für eine feinere Abstufung. Mit einer Kategorie sechs wäre klar, dass man es mit einem besonders extremen Hurrikan zu tun hat. Daten aus den Jahren 1980 bis 2021 zeigen, dass fünf Stürme in der neuen hypothetischen Kategorie sechs eingestuft worden wären. All diese Stürme seien in den letzten neun Jahren der Datenreihe aufgetreten, schreiben die Studienautoren.

Hohe Temperaturen im Meer

Ein Grund für die Steigerung sei der Klimawandel und der damit einhergehende Anstieg der Meerestemperaturen. Dieser liefere zusätzliche Wärmeenergie für die Hurrikans, die somit stärker werden könnten. Das Jahr 2024 begann mit extrem hohen Ozeantemperaturen und setzt damit den warmen Trend des Vorjahres fort, schuld daran ist nicht nur die anthropogene Erderwärmung, sondern auch das Klimaphänomen El Niño, das auch die Wahrscheinlichkeit für Hurrikans erhöhen kann.

Ältere Klimamodellierungen ergaben nach Auskunft der Forscher, dass das Risiko von Wirbelstürmen der hypothetischen Kategorie sechs in der Region der Philippinen um 50 Prozent steigt, wenn die globale Erwärmung zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau liegt. Im Golf von Mexiko verdopple sich die Zahl dann sogar.

Risiken unterschätzt

Der stärkste der fünf Wirbelstürme, Hurrikan Patricia, trat 2015 im Ostpazifik auf und traf in Mexiko auf Land. Die übrigen vier waren Taifune, wie tropische Wirbelstürme in der Nordwestpazifikregion genannt werden. Darunter war Taifun Haiyan, der 2013 auf stark bevölkerte Inseln der Philippinen traf und die meisten Toten dieser fünf Wirbelstürme verursachte.

In der Vergangenheit sei bereits vorgeschlagen worden, dass der besonders zerstörerische Tropenwirbelsturm Haiyan in eine Kategorie sechs aufgenommen werden sollte, erläutert das Team. "Aber Haiyan scheint kein Einzelfall zu sein." Eine frühere Studie hatte ergeben, dass die meisten Todesfälle im Zusammenhang mit Hurrikans in den USA durch Sturmfluten an der Küste verursacht wurden (49 Prozent), gefolgt von Überschwemmungen durch Starkregen (27 Prozent), Todesfällen direkt durch Wind (acht Prozent) und verschiedene weiteren Ursachen.

Für viele Faktoren der Zerstörung sei die windbasierte Skala zwar nur am Rande relevant, schreiben die Forscher. Dennoch bleibe sie ein wichtiges Kriterium für die Risikowarnung. Extremwetterforscher Wehner hält es für wichtig zu überdenken, "wie die nach oben offene Saffir-Simpson-Skala dazu führen kann, dass man Risiken unterschätzt, und im Besonderen, wie dieses Unterschätzen immer problematischer wird in einer Welt, die immer wärmer wird". (sic, APA, 6.2.2024)