Katrin Hofmann, die aus der Weinbranche kommt, veranstaltet in Zukunft keinen Feschmarkt mehr. Dafür das Kulinarikfest "Mit alles". Im Juni steht "Cream – Fest für den guten Geschmack" an.
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Was im Jahr 2010 als "Kunst- und Designmarkt in der Ottakringer Brauerei" mit Bierbänken, selbstgebackenem Kuchen und 36 Ausstellerinnen und Ausstellern startete, wurde als Feschmarkt zur Marke. Dessen Vorhaben: kleinen Labels eine Plattform zu geben. Etwa 70 Märkte haben Katrin Hofmann und Barbara Daxböck in den vergangenen 14 Jahren veranstaltet. Im Dezember ging in Vorarlberg der letzte Feschmarkt über die Bühne und damit auch eine Ära zu Ende – die beiden Gründerinnen orientieren sich um.

STANDARD: Erinnern Sie sich noch an den ersten Feschmarkt?

Hofmann: Die Idee zu einem Designmarkt ist beim Weintrinken entstanden. Ich kam von einer Reise nach New York zurück, wo damals die DIY-Szene boomte. Ich habe Barbara kleine Geschenke mitgebracht, die ich auf Designmärkten in Garagen und Turnhallen in Brooklyn gefunden habe. Für Produkte, die nicht jeder hat, hatte ich immer ein Faible.

STANDARD: Wie wurde aus der Idee ein Designmarkt?

Hofmann: Wir mussten anfangs nicht viel investieren. Weil Barbara damals in der Event-Abteilung von Ottakringer arbeitete, haben wir die Industriehalle Alte Technik in der Brauerei recht günstig als Location bekommen. Ich habe meine gesammelten Visitenkarten spannender Labels kontaktiert. Innerhalb von drei Wochen war der Markt organisiert. Für Werbung haben wir Facebook, damals noch neu und cool, genutzt. Es kamen an jenem Sonntag 36 Aussteller, um vier am Nachmittag war alles vergriffen.

STANDARD: Bis dahin gab es in Wien keine lokalen, regelmäßig stattfindenden Designmärkte. Warum hat's hier länger gedauert als in New York?

Hofmann: Wir sind grundsätzlich mit allem etwas später dran. Außerdem tun sich österreichische Behörden schwer mit Off-Locations.

STANDARD: Sie haben etwa 70 Märkte abgewickelt. Wer kam zu Ihnen?

Hofmann: Unsere Besucherinnen haben sich über die Jahre verändert. Zu Beginn waren wir subkulturell ausgerichtet. Die Zielgruppe wurde breiter, das war für unser Wachstum notwendig. Die Grundidee war immer, die unterschiedlichsten Leute zusammenzubringen. Wir wollten das Bubble-Wesen, das hier sehr verbreitet ist, aufbrechen. So wie das in Wien damals das Techno Café gemacht hat.

STANDARD: Wie haben sich die Produkte verändert?

Hofmann: Sehr! Das lässt sich rückblickend gut an unserem Sortiment ablesen. Am Anfang hat sich alles um das Handwerk gedreht. Wir haben von Beginn an tolle Delikatessen oder Weine angeboten, aber an der Verpackung hakte es. Der optische Anspruch wurde über die Jahre immer wichtiger. Wir haben dann so ziemlich alle Trends aufgegriffen wie Kleidertausch, die Craftbeer-Szene und ihre Foodtrucks, die es in unseren Anfängen nicht gab. Manchmal waren wir auch zu früh dran. Wie beim Cold-Brew-Kaffee, den ich in Kalifornien auf einem Farmers Market entdeckt habe. Der war hier noch unbekannt und kam zu dem Zeitpunkt noch nicht an.

STANDARD: Welche Produktkategorie war besonders erfolgreich?

Hofmann: Es klingt nach Klischee, aber die Männer sind eine schwierige Zielgruppe. Sie haben wir mit Delikatessen oder T-Shirts abgefangen. Bei Frauen kam Schmuck am besten an, erst später kamen Biokosmetik, Unterwäsche, Bademode dazu.

STANDARD: Wird in Wien anders eingekauft als in Dornbirn?

Hofmann: Die neuesten Trends verkaufen sich in Wien. In Vorarlberg wiederum leben viele Familien mit Haus und Garten, dort wird Handwerkliches, was nicht zu crazy ist, geschätzt. In Graz gibt's eine alternativere Szene, dort ist Radfahren ein Thema, Rucksäcke und Wurmkisten für den Balkon funktionieren dort gut.

STANDARD: Inwieweit füllen Märkte eine Leerstelle für kleine Labels ohne eigene Stores?

Hofmann: Wir haben Rückmeldungen von vielen Ausstellerinnen und Ausstellern bekommen, dass der Markt eine Möglichkeit war, neue Produkte und die Reaktion der Kundschaft auszutesten. Und sich untereinander zu vernetzen. Momentan müssen wieder viele Geschäfte schließen. Ich nehme an, der Pop-up-Gedanke wird wieder aufleben.

STANDARD: Hat sich das Konsumverhalten der Österreicherinnen und Österreicher seit Ihren Anfängen verändert?

Hofmann: Ich glaube schon, wenn auch für meinen Geschmack zu wenig. Während der Pandemie hat man gespürt, wie sehr die Großkonzerne profitieren. Dabei wäre das die Gelegenheit für lokales Design gewesen. Auch Fast Fashion ist leider noch immer ein großes Thema.

STANDARD: Sie haben kleinen Labels beim Größerwerden wie beim Verschwinden zugeschaut. Was hat sich getan?

Hofmann: Es sind extrem viele kleine Unternehmen dazugekommen. Labels wie Ferrari Zöchling, die anfangs noch bei uns Hüte verkauft haben, haben sich mit eigenen Geschäften etabliert. Dank der Förderungen gab es einen Gründungsboom, viele Kreative trauten sich so in die Selbstständigkeit. Allerdings besinnen sich angesichts der Inflation gerade einige, die ihre Projekte nebenbei betrieben haben, wieder auf ihren Brotjob.

STANDARD: Hat Instagram die Situation kleiner Labels verändert?

Hofmann: Sicher, dank Social Media hat man ohne große Investitionen viel Wirbel machen können. Viele haben statt einer Website nur mehr ein Instagram-Profil. Über die sozialen Medien lässt sich mittlerweile sogar einkaufen.

STANDARD: Was halten Sie von Vorschlägen, das Lamarr in ein Kaufhaus für lokale Labels zu verwandeln?

Hofmann: Ich finde prinzipiell alles gut, was die Leute von der Konzernware wegbringt. (Anne Feldkamp, 6.2.2024)