König Charles III.
Die Krebsdiagnose dürfte ein Zufallsbefund sein –das königliche Vorbild ist wichtig. Es schafft Bewusstsein dafür, dass Vorsorge relevant ist.
AP/Yoan Valat

Bei König Charles III. wurde Krebs diagnostiziert. Das schockiert viele Briten, und auch im Rest der Welt sorgt es für Aufmerksamkeit. Charles war wegen eines Eingriffs an der Prostata im Krankenhaus, dadurch hat man den Krebs entdeckt. Der britische König hat bereits mit der Behandlung begonnen. Man sei guten Mutes, dass seine Gesundheit zügig wieder hergestellt werde, hört man. Um was für einen Krebs es sich handelt, wurde vom Buckingham-Palast nicht bekanntgegeben, lediglich, dass es sich nicht um Prostatakrebs handelt.

Die Ironie dahinter: Der Palast machte den Eingriff bei Charles deshalb öffentlich, weil der König bei den Briten Bewusstsein dafür schaffen wollte, wie wichtig Vorsorge ist. Und obwohl nun Krebs diagnostiziert wurde, ist das trotzdem eine gute Vorbildwirkung, findet Shahrokh Shariat, Leiter der Universitätsklinik für Urologie und des Comprehensive Cancer Centers der Med-Uni Wien und des AKH Wien. "Denn je früher man einen potenziell gefährlichen Tumor findet, desto leichter und nebenwirkungsärmer kann man ihn behandeln. Das ist in dem Fall eine Nebendiagnose, aber man kann sagen, das ist Glück im Unglück", betont der Experte für urologische Onkologie.

Um welchen Krebs es sich handelt, darüber will Shariat keine Spekulationen anstellen, das wäre unseriös. Es könnte an der Blase sein, diese wird im Zuge einer Prostatabehandlung mituntersucht. Es könnte aber ebenso sein, dass ein Internist Blut im Stuhl entdeckt hat. Oder ein Anästhesist hat bei der Narkosevorbereitung etwas am Kehlkopf entdeckt. Das alles sind aber nur Möglichkeiten, keine Vermutungen. Es könnte auch eine ganz andere Krebserkrankung sein, die man durch Zufall bei den Untersuchungen festgestellt hat.

Zufallsbefund

Die Intention von Charles, auf die Wichtigkeit von Vorsorge hinzuweisen, ist dabei sehr zu begrüßen. Denn das Prostatakarzinom ist der häufigste Krebs überhaupt, in Österreich gibt es jährlich rund 7.000 Neuerkrankungen, weiß Shariat: "Das sind mehr Fälle als bei Brustkrebs." Allerdings gibt es, anders als das Brustkrebsfrüherkennungsscreening, im Zuge dessen alle Frauen ab 45 alle zwei Jahre zur Mammografie eingeladen werden, kein strukturiertes Programm zur Früherkennung.

Ob sie sich regelmäßig urologisch untersuchen lassen, ist den Männern komplett selbst überlassen. In der normalen Gesundenuntersuchung ist das nicht mit inbegriffen. Dabei würden dadurch zumindest 90 Prozent der Karzinome im Frühstadium entdeckt und seien dann wesentlich besser behandelbar, betont Shariat. Durch die Früherkennung kann man laut Analysen der Studien zum Prostatakarzinom PSA Screening mindestens 20 Prozent der Leben retten.

Und nicht nur das, die urologische Untersuchung beinhalte noch viel mehr: Der Urologe macht einen Ultraschall von Blase und Niere. Der PSA-Wert wird gemessen, das prostataspezifische Antigen, ein Enzym im Ejakulat, damit es flüssiger ist. Ist es erhöht, ist das ein guter Indikator dafür, dass die Prostata verändert ist – sei das auf eine harmlose Vergrößerung, eine Entzündung oder eben ein Karzinom zurückzuführen.

Der Urologe misst auch das Testosteron. Ist das zu niedrig, beeinflusst das unter anderem die Libido. Das ist ja auch für die Beziehung und damit die psychische Gesundheit relevant. Eine schlechte Erektion kann auch eine Frühwarnung für Herzprobleme sein. Und es wird auch angesprochen, ob etwa das Urinieren noch gut funktioniert. "Es handelt sich dabei also um einen umfassenden Gesundheitscheck, der wirklich viele Vorteile bringt."

Vergrößerte Prostata ganz normal

Gerade das Urinieren wird in fortgeschrittenen Jahren für viele Männer zum Thema. Grund dafür ist im Normalfall eine vergrößerte Prostata – warum ursprünglich auch der König ins Krankenhaus musste. Das ist in dem Alter – Charles ist 75 – auch ganz normal. 70 bis 80 Prozent der Männer haben das, 40 Prozent haben Symptome wie etwa Probleme beim Urinieren.

Shariat erklärt: "Die Prostata wächst ab der Pubertät das ganze Leben lang weiter, sie wird also bei allen Männern immer größer. Relevant ist dabei aber nicht nur die Größe, sondern auch die Form. Eine gutartige Prostatavergrößerung führt dabei nicht zu Krebs." Die Prostata liegt unter der Blase und kann bei Vergrößerung zu besagten Problemen beim Wasserlassen führen. Das heißt, man kann die Blase nicht ganz entleeren, muss ständig auf die Toilette oder braucht lange, bis der Strahl überhaupt kommt.

Das Problem dabei: Dadurch verändert sich die Struktur der Blasenwand. Die Blase ist ein Muskel, der aber nicht dafür gemacht ist, Kraft aufzuwenden, wie etwa der Bizeps. Sie funktioniert nach einem ganz bestimmen Prinzip. Bei Druck durch eine vergrößerte Prostata verändern sich die Proteine in der Blasenwand, zum Beispiel wird Elastin zu Kollagentyp vier umgewandelt. Dadurch wird die Blasenwand unflexibel. "Das ist ein ähnliches Prinzip wie beim Bluthochdruck. Der verändert den Herzmuskel, und so ist das auch bei der vergrößerten Prostata und der Blase. Deshalb kann es nötig werden, dieses Problem zu behandeln."

Lebensqualität oberste Prioriät

Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Unterschiedliche Medikamente können Abhilfe schaffen, die haben aber natürlich Nebenwirkungen. Und es gibt einige minimal invasive Operationsmethoden, bei denen man über die Harnröhre zur Prostata kommt und dort überschüssiges Gewebe, das eben im Weg ist, entfernt. "Welche Methode die beste ist, bespricht man jeweils mit dem Patienten. Denn je nach Voraussetzung hat man unterschiedliche Bedürfnisse. Für manche wäre eine Beeinträchtigung der Sexualität eine Katastrophe, andere können womöglich mit den Nebenwirkungen von Medikamenten nicht umgehen. Je nach Bedürfnis versucht man dann, die Lebensqualität bestmöglich aufrechtzuerhalten."

Aber zurück zu Charles und seiner Krebserkrankung. Dass man die nun entdeckt hat, zeigt eben die Wichtigkeit von regelmäßigen Untersuchungen auf, betont Shariat und fordert für Österreich ein strukturiertes Früherkennungsprogramm für Prostatakrebs. "Und auch wenn das jetzt ein Zufallsbefund war, ist er zu begrüßen. Denn der Krebs verschwindet ja nicht. Je früher man ihn aber behandelt, desto besser geht das und desto höher bleibt auch die Lebensqualität." (Pia Kruckenhauser, 6.2.2024)