Carina Wenninger führt Rapids neues, noch drittklassiges Frauenteam an. Sie belegt die Ernsthaftigkeit des Projekts.
Daniel Widner

Der Sturm fegte am 5. Februar 2024 über Hütteldorf, was völlig egal war, wobei eine frische Brise natürlich auch gereicht hätte. Es war ein historischer Tag, jedenfalls der Beginn einer Geschichte, die ruhmreich werden soll und deren Ende nicht absehbar ist. Rapid hat (endlich) ein Frauenfußballteam, die SK Rapid Frauen. Auf einen Spitznamen wurde verzichtet, schließlich handelt es sich um ein ernsthaftes, seriöses Projekt. Und das erste offizielle Training ist schon absolviert.

Kurz vor 19 Uhr hatten sich die Anspannung, die Aufregung, die Vorfreude massiv gesteigert, auf einmal ist Carina Wenninger in der Kabine des Allianz-Stadions aufgetaucht. Im grün-weißen Trainingsanzug. Die anderen Spielerinnen staunten, zogen das berühmte "Na bist du deppert"-Gesicht auf. Cheftrainerin Katja Gürtler brachte Licht ins Dunkel. Wenninger, sie wurde am Tag danach 33 Jahre alt, ist Rapidlerin. Eine 127-fache österreichische Teamspielerin, die mit Bayern München dreimal deutsche Meisterin wurde und die im Sommer ihre Karriere beendet hat. Sie ist Managerin der Frauenbundesliga. Da der Innenverteidigerin aber der aktive Fußball "sehr schnell gefehlt" hat und sie Neuem gegenüber durchaus aufgeschlossen ist, folgte sie dem Ruf Rapids. "Der Klub hat Strahlkraft. Ich möchte den jungen Spielerinnen helfen, ihnen Geschichten erzählen, sie auf Karrieren vorbereiten. Und ich möchte auf dem Platz Leistungen bringen. Rapid kann den gesamten Frauenfußball weiterbringen." Wenninger wurde übrigens in Thal bei Graz geboren, allerdings viel später als ein gewisser Arnold Schwarzenegger.

Kaiserschnitt

Das Frauenteam war eine schwere Geburt, fast ein Kaiserschnitt. Vor rund eineinhalb Jahren wurde nicht zuletzt auf Druck der Öffentlichkeit die Idee geboren, Geschäftsführer Steffen Hofmann brachte das von der Hauptversammlung mit großer Mehrheit abgesegnete Projekt auf Schiene. Dem STANDARD sagt er: "Wir haben in Österreich die größte Fanbase. Und viele Mädchen wollen Fußball spielen. Bei Rapid. Wir machen das aus Überzeugung, nicht weil es sich gehört oder es die Gesellschaft fordert." Über die Kosten wolle er, Hofmann, nicht reden. "Es gibt Sponsoren, Frauenfußball ist eine Selbstverständlichkeit."

Gürtler ist angestellt, sämtliche Einrichtungen der Männer stehen zur Verfügung. Die sportliche Leitung hat Willi Schuldes über. Leitwölfin Wenninger sagt: "Es ist durchdacht und professionell."

Rapid Frauen Katja Gürtler
Gürtler
Cheftrainerin Katja Gürtler kann mit Druck umgehen.
Daniel Widner

Rapid startet im August in der Landesliga, der dritten Leistungsstufe. Das Zweierteam beginnt eine Klasse tiefer, ganz unten. Es wird vornehmlich aus 17-Jährigen bestehen, die behutsam herangeführt werden sollen. Wie bei den Männern will Rapid Selbstversorger werden.

Im November des Vorjahres hat es ein Casting gegeben, rund 180 junge Frauen haben vorgespielt. Gürtler hat als Letztverantwortliche aus der Masse die Klasse ausgewählt, die Einsertruppe hat einen Kader von 21 Frauen. Dreimal in der Woche wird trainiert. Immer am Abend, es sind ja Amateurinnen, die tagsüber arbeiten oder lernen. Es gibt auch eine U10, eine U12 und eine U14.

Victoria Leitner-Garcia ist 21, sie studiert Modemanagement, ihre Mutter stammt aus Spanien. Die bevorzugte Position ist die der rechten Außenverteidigerin. "Wir sind eine sportbegeisterte Familie, ich habe immer schon Fußball gespielt." Leitner-Garcia kickte bei der Vienna, war an die Austria verliehen, nun ist sie nach Hütteldorf gewechselt. "Es ist cool, Rapidlerin zu sein. Ich will Teil der Geschichte sein." Generell stecke der Frauenfußball noch in den Kinderschuhen. "Ich träume, einmal davon leben zu können." Diesen Traum kann Rapid (noch) nicht erfüllen.

Rapid Frauen
Victoria Leitner-Garcia (21) will Teil der Geschichte sein.
Daniel Widner

Die 34-jährige Gürtler besitzt die Uefa-A-Lizenz, sie hat 15 Länderspiele bestritten, arbeitete bereits in der Marketing-Abteilung von Rapid. Zu einer Zeit, als der Frauenfußball in Hütteldorf so weit weg war wie ein Champions-League-Sieg der Männermannschaft. Gürtler lehnt Kalendersprüche ab, hat aber einen Leitsatz: "Man kann alles schaffen, wenn man es will." Sie pflege keinen autoritären Führungsstil. "Alle sagen du zu mir, ich kann zuhören." Mit Druck könne sie umgehen. "Mein Anspruch ist, raufzukommen."

Mosaikstein

Die Rapidlerinnen wollen durchmarschieren, sie streben die rasche Erstklassigkeit an. Aberwitzige meinen, die Wahrscheinlichkeit, in absehbarer Zeit einen nationalen Titel zu gewinnen, sei größer als bei den Männern. Gürtler sind nach dem ersten Training Steine, ja Felsbrocken vom Herzen gefallen. "Die Emotionen haben sich nun beruhigt." Rapid werde den Frauenfußball nicht revolutionieren. "Aber wir können ein Mosaikstein sein, damit Akzeptanz und Breite steigern."

Das erste Training ist also absolviert. Victoria Leitner-Garcia hat den Sturm ignoriert. Eine Geschichte, sagt sie, habe begonnen. "Und ich bin ein Teil davon." (Christian Hackl, 7.2.2024)