Die heutige Königin Camilla war einst Zielscheibe für den Spott des Boulevards.
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Nach König Charles’ Krebsdiagnose blicken die Briten auf den Rest der royalen Familie. Da sticht ihnen als Erstes Königin Camilla ins Auge. Unermüdlich hat die 76-Jährige in den vergangenen Wochen den Laden zusammengehalten, hat Krankenhäuser, Schulen und Wohltätigkeitsorganisationen besucht, Grußworte gesprochen und Fragen nach dem Wohlbefinden ihres Mannes ertragen. In der Krise der Windsors ist es wieder einmal eine Eingeheiratete, die das royale Schiff auf Kurs hält.

Ruhig und gemächlich hat Camilla in den vergangenen Jahren die Britinnen und Briten an ihre Präsenz an Charles’ Seite gewöhnt, vor allem seit ihrer Hochzeit im April 2005. Vergessen scheinen die Tage, als die damalige Mrs. Parker Bowles vom Boulevard als "Rottweiler" verspottet und mit der glamourösen Lady Diana, der ersten Frau des damaligen Prinzen, verglichen wurde. Sie war Charles’ erste Liebe und seine Geliebte, während sie 22 Jahre lang mit dem Offizier Andrew Parker Bowles verheiratet war. Für Diana trug sie Schuld am Scheitern ihrer eigenen Ehe.

Dass Camillas öffentliche Auftritte damals oft einem Spießrutenlauf glichen, hat sie klaglos und anscheinend unbeschadet hingenommen. Ihre dürftige formale Ausbildung hat die zweifache Mutter und fünffache Großmutter durch intensive Lektüre ausgeglichen, ihre Rolle als Begleiterin ihres Mannes ergänzt sie durch eigene Aktivitäten.

Vielseitiges Engagement

Zu ihren mehr als hundert Schirmherrschaften zählen Organisationen zur Förderung des Lesens bei Kindern ebenso wie der Tierschutzverein. Besonders am Herzen liegt ihr die Osteoporose-Forschung, seit ihre Großmutter und ihre Mutter an der Knochenkrankheit starben. Sie nutzt jede Gelegenheit, um das Schicksal vergewaltigter und sexuell missbrauchter Frauen weltweit an die Öffentlichkeit zu bringen.

Dafür geht die Königin auch auf eine Berufsgruppe zu, die bei lebenslangen Royals nur wenig Ansehen genießt. Beim Londoner Club der Auslandspresse im November lobte sie Journalisten, vor allem aber Journalistinnen für deren Einsatz: "Ich weiß, wie hart Ihre Arbeit ist." Schließlich sei sie, so Camilla verschmitzt, "gelegentlich sogar Gegenstand der einen oder anderen Story" gewesen. Dem Vernehmen nach lachte auch der König über die Scherze seiner Gattin. Dass der Patient in nächster Zeit bei Laune bleibt, dafür trägt Camilla allemal Sorge. (Sebastian Borger, 6.2.2024)