Übertriebener Optimismus steht bisweilen mit bedauernswerten Entscheidung in Verbindung.
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Eine optimistische Grundhaltung wird in der Selbsthilfeliteratur gerne als goldener Pfad ins Glück beschrieben. Auch wenn dazu wohl ein paar mehr Faktoren gehören – tatsächlich wird diese Behauptung von der Wissenschaft in einigen Aspekten gedeckt: Es gibt stichhaltige Gründe anzunehmen, dass ein zuversichtlicher Blick auf die Welt insgesamt für eine höhere Lebensqualität sorgen kann als ausgemachter Pessimismus. Optimisten sind seltener suizidal, erfreuen sich besserer Gesundheit und leben im Durchschnitt länger – viele wissenschaftliche Studien der vergangenen Jahre erkennen in einer positiven Lebenseinstellung zumindest einen wichtigen Teil eines zufriedenen Daseins.

Schlechte Entscheidungen

Doch wo der unerschütterliche Optimismus regiert, ist umgekehrt nicht alles eitel Wonne: Eine spezielle Art von blindem Zukunftsvertrauen mündet nicht selten in Entscheidungen, die man wegen ihrer fatalen finanziellen oder gesundheitlichen Folgen schnell wieder bereut. Diese heillose, übertriebene Zuversicht geht häufig einher mit schlechteren Resultaten bei kognitiven Tests – das hat nun zumindest kürzlich eine englische Studie herausgefunden.

Grundlage der Untersuchung waren Informationen von mehr als 36.000 britischen Haushalten, bei denen neben kognitiven Daten unter anderem auch die Erwartungen der Menschen in Bezug auf ihr finanzielles Wohlergehen erhoben wurden. Eines der Ergebnisse: Im Gesamtschnitt war die Eigenschaft "extremer Optimismus" bei den Befragten mit besseren kognitiven Testergebnissen um 35 Prozent seltener anzutreffen als bei den kognitiv weniger Begabten.

Ruinöser Optimismus

Das Forschungsteam um Chris Dawson von der University of Bath schließt aus den Resultaten, dass dieser besonders unvernünftige Zukunftsglaube – die Art, die einen bisweilen in den finanziellen Ruin treibt – eine Folge der durchschnittlich geringeren geistigen Fähigkeiten sein könnte. "Daraus resultieren selbstschmeichelnde Voreingenommenheiten, was das eigene Wohlergehen betrifft", sagte Dawson.

"Dies weist letztlich darauf hin, dass Menschen mit höheren kognitiven Fähigkeiten eher in der Lage sind, ihre normale optimistische Grundhaltung außer Kraft zu setzen, wenn es um wichtige Entscheidungen geht", so der Psychologe. Pläne, die auf übertrieben optimistischen Annahmen statt auf Realismus beruhten, würden dagegen zu schlechten Entscheidungen führen.

Die im Fachjournal "Personality and Social Psychology Bulletin" vorgestellten Ergebnisse zeigten überdies, dass dieser Zusammenhang bei Entscheidungen zu wichtigen finanziellen Angelegenheiten besonders sichtbar wurde. Geht es um Beschäftigung, Investitionen und Ersparnisse oder um das Abwägen hoher Risiken, rächte sich unreflektierter Optimismus ganz besonders, meinten die Forscherinnen und Forscher.

Gegen die Programmierung

Unrealistisch optimistische finanzielle Erwartungen können zu übermäßigem Konsum und Schulden sowie zu schrumpfenden Ersparnissen führen. Auch riskante und letztlich erfolglose Unternehmensgründungen könnten eine Folge davon sein. "Das Problem ist, dass wir darauf programmiert sind, positiv zu denken. Dabei lassen manche Menschen jedoch außer Acht, dass sich das in einigen Fällen negativ auf die Qualität der Entscheidungsfindung auswirken kann", erklärte der Wissenschafter.

Mit anderen Worten: Bei folgenreichen Vorhaben lieber zweimal und umso intensiver nachdenken, ehe man seinem allzu hoffnungsvollen Bauchgefühl folgt. "Unsere Studie untermauert, dass Menschen mit höheren kognitiven Fähigkeiten dies besser und häufiger gelingt", so Dawson. (tberg, 11.2.2024)