Diskussionen um die richtige Ernährungsweise führen regelmäßig zu kontroversen Debatten. Tatsache ist, dass der Fleischkonsum bei Männern um das Dreifache und bei Frauen um das Eineinhalbfache höher ist als in der österreichischen Ernährungspyramide empfohlen. Diese Ernährungsgewohnheit führt nicht nur zu gesundheitlichen Problemen, sondern löst auch soziale und ökologische Konflikte aus, die nicht zuletzt zur Klima- und Biodiversitätskrise beitragen.

Produktion muss nachhaltiger werden

Polit-ökonomisch betrachtet, sind es die Strukturen in der Produktion, der Verteilung und im Konsum, die das Ernährungssystem prägen und die sich aktuell als nicht nachhaltig gestalten. Ob Freihandelsabkommen, die nur Monokulturen wie zum Beispiel Sojafelder in Argentinien fördern, Förderzahlungen der Europäischen Union, die sich nach der Hektargröße landwirtschaftlicher Betriebe richten und damit große gegenüber kleinen Betrieben bevorzugen, prekäre Arbeitsbedingungen von Erntearbeiter:innen oder die Dominanz der Handelsketten – entlang der gesamten Wertschöpfungskette zeigt sich großes Potential für Verbesserungen hin zu einem nachhaltigen Ernährungssystems.

Weiters wäre vor allem die Umgestaltung von Handelspolitiken notwendig, um zu einer gerechteren globalen Verteilung von natürlichen Ressourcen zu kommen, da diese aktuell ungleiche Bedingungen zwischen Ländern des Globalen Nordens und des Globalen Südens verstärken. Politische Forderungen, die es zum Ziel haben, die demokratische Kontrolle von Produktion, Konsum und Verteilung von Lebensmitteln voranzutreiben, werden nicht zuletzt durch soziale Bewegungen wie jener der Ernährungssouveränität seit Jahrzehnten thematisiert.

Ein Sojafeld in Argentinien
Monokulturen wie diese Sojafelder in Argentinien helfen dem Klima nicht
Robert Hafner

Transformation fördern und fordern

Ansatzpunkte zur Transformation des Ernährungssystems finden sich in vielen Bereichen. So sind es neben unserer individuellen Ernährungsweise vor allem Gestaltungsspielräume auf politischer Ebene, die Transformation vorantreiben können. Ernährungspolitiken können hier dem sogenannten Silo-Denken, das einzelne Politikfelder streng getrennt voneinander behandelt, entgegenwirken. Konkret wird dies derzeit in der "Vom Hof auf den Tisch"-Strategie auf Ebene der Europäischen Union in Zusammenarbeit mit den Nationalstaaten versucht, wobei die Themen Klima, Landwirtschaft, Gesundheit und Konsum miteinander verbunden werden. Beispielsweise geht es um die Versorgung mit ausreichenden und erschwinglichen Lebensmitteln, die Reduktion von Pestiziden und Düngemitteln und einen höheren Anteil an biologischer Landwirtschaft.

Auf lokaler und regionaler Ebene stellen alternative Lebensmittelnetzwerke wichtige Ankerpunkte für einen Wandel dar. Konkrete Alternativen, die auf saisonalem Konsum beruhen, gibt es weltweit: Agrarökologische Initiativen in Argentinien setzen sich für eine ressourcenschonende Anbauweise ein. In den Ländern Mitteleuropas wie Tschechien existiert seit langem eine starke Tradition des Gärtnerns, die nicht an Beliebtheit verliert. In Österreich gibt es neben traditionellen Märkten, wo Bäuerinnen und Bauern direkt vermarkten, eine Vielzahl an neueren Entwicklungen wie zum Beispiel Foodcoops oder Ernährungsräte, die sich gemeinsam für ein nachhaltiges Ernährungssystem einsetzen, oder die Entstehung eines demokratischen, genossenschaftlichen Mitmach-Supermarkts namens MILA in Wien.

Die Mitglieder des österreichischen Forums für Ernährungssouveränität
Das österreichisches Forum für Ernährungssouveränität
ÖBV-Via Campesina Austria]

Alternative Lebensmittelnetzwerke unterstützen

Neben der Veränderung von Konsummustern ist es wichtig, das Ernährungssystem aktiv und nachhaltig mitzugestalten. Solidarische Landwirtschaften, mit Ursprung unter anderem in der Schweiz, gestalten in diesem Sinne das Verhältnis zwischen Produzent:innen und Konsument:innen neu. Konsument:innen beteiligen sich direkt am landwirtschaftlichen Betrieb, teilen die Ernte, aber tragen auch gemeinsam das Risiko und unterstützen damit eine nachhaltige und gemeinschaftsorientierte Lebensmittelproduktion.

Kleingärten in Tschechien
Bewirtschaftete Kleingärten in Tschechien
Michaela Pixová

Die Verwirklichung einer nachhaltigen Vision unseres Ernährungssystems erfordert in diesem Sinne eine umfassende Transformation, die die individuelle Anpassung unserer Essgewohnheiten, politische Reformen wie auch die gezielte Förderung von Alternativen umfasst. Gemeinsam können diese Maßnahmen die Grundlagen für eine gesunde und sozial-ökologisch verträgliche Zukunft schaffen. Welche Maßnahmen erachten Sie als wichtig am Weg zu einem nachhaltigen Ernährungssystem? (Christina Plank, 15.2.2024)