Orbán selbst habe fünf Kinder und sechs Enkelkinder, falls sich jemand an diesen vergreifen würde, dann wäre sein erster Gedanke, diese Person "in Stücke zu hauen", so der Premier in einer Videobotschaft.
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Budapest – Der ungarische Premier Viktor Orbán will die Begnadigung pädophiler Straftäter per Verfassungsänderung in Zukunft unmöglich machen. Der Regierungschef reagierte am Donnerstag in einem Facebook-Video auf die Debatte um Staatspräsidentin Katalin Novák. Diese hatte einen Mann begnadigt, der als Mittäter in einem Strafverfahren um Kindesmissbrauch verurteilt worden war.

Orbán gab in dem Video bekannt, eine Verfassungsmodifizierung eingereicht zu haben, die es in Zukunft unmöglich machen soll, dass Verurteilte, die Straftaten gegen Kinder begangen haben, begnadigt werden. Laut dem Premier müsse in dieser Situation nicht "Juristerei betrieben", sondern mittels einer "verständlichen, eindeutigen Entscheidung" eine klare Lage geschaffen werden. Er selbst habe fünf Kinder und sechs Enkelkinder, so Orbán. Falls sich jemand an diesen vergreifen würde, dann wäre sein erster Gedanke, diese Person "in Stücke zu hauen".

Kinderheim-Vizedirektor begnadigt

Bei dem Begnadigten handelt es sich um den ehemaligen Vizedirektor des Kinderheims in dem westlich von Budapest gelegenen Städtchen Bicske, Endre K.. Er hatte jahrelang die pädophilen Straftaten seines Chefs János V. gedeckt und Betroffene unter Druck gesetzt, ihre Aussagen zurückzuziehen. In dem Fall des Kinderheimleiters geht es um mehrere Fälle von Missbrauch und sexueller Nötigung. Der Begnadigte war als Helfershelfer des Täters zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Die Begnadigung durch Präsidentin Novák war bereits im April 2023 erfolgt, aber erst vergangene Woche durch einen Bericht des Nachrichtenportals "444.hu" bekannt geworden. Sie löste große Proteste aus. Die Opposition fordert den Rücktritt der Staatspräsidentin. Aktivisten der ungarischen Oppositionspartei Momentum hatten vor dem Präsidentensitz in Budapest, dem Sándor-Palast, ein Transparent mit der Aufschrift "Pädophilenschützerin" aufgehängt. Für den morgigen Freitag ist eine Demonstration angekündigt.

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) betrachtet die Begnadigung als "inakzeptabel und unverständlich", berichtete das Online-Portal des ungarischen Fernsehsenders ATV. Das Ungarische Helsinki-Komitee warnte, dass der Begnadigte wieder mit Kindern arbeiten könnte. Als "unvorstellbaren Zynismus" bezeichnete die Partei Párbeszéd-Zöldek (Dialog-Grüne) die Amnestie: Während Regierungschef Orbán und seine Fidesz-Partei ständig dem Kinderschutz das Wort redeten, seien sie in Wahrheit daran "absolut nicht interessiert". (APA, 8.2.2024)