Regierungsrätin Liechtensteins für Äußeres, Dominique Hasler, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag beim Opernball.
Regierungsrätin Liechtensteins für Äußeres, Dominique Hasler, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag beim Opernball.
APA/EVA MANHART

Opernball war auch wieder einmal, und diesmal stellte sich heraus, die Reichen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. So soll es laut "Österreich" Wirbel um Opernball-Schmuck von keiner Geringeren als der Verfassungsministerin Karoline Edtstadler gegeben haben. Der einfache Steuerzahler geht ja von der Vermutung aus, die Damen tragen bei dieser Gelegenheit ihren eigenen Schmuck auf, so viele Gelegenheiten wird es dafür im Ablauf des Jahres doch nicht geben. Weit gefehlt. Von einer Frau Mucha berichtete das Blatt, sie wurde beim Atelier Heldwein fündig und bekommt eine Leihgabe um 180.000 Euro. Opern-Diva Elīna Garanča trägt den wohl teuersten Schmuck des Abends. Fast 500.000 Euro sollen die Bulgari-Stücke kosten, nur wo sie diese ausgeborgt hat, wurde nicht gemeldet.

Im Falle der Ministerin behauptete Kammerjuwelier Rozet und Fischmeister, dass er dafür verantwortlich sei, dass Edtstadler beim Besuch des 66. Opernballs besonders funkelt, und soll ihr dafür sogar zwei Schmuck-Sets zur Verfügung gestellt haben. Man kann das Funkeln auch übertreiben, dachte sich möglicherweise die Ministerin, und das war gut so. Denn "Österreich" hat beim Juwelier nachgefragt, was man dafür hinlegen müsste. "Ungefähr 72.000 Euro", ließ dieser wissen. Noch rechtzeitig vor Ballbeginn meldete sich das Büro der Ministerin bei "Österreich" und stellte klar, dass Edtstadler der Schmuck zwar angeboten wurde, sie ihn allerdings nun doch nicht tragen werde. Die 42-Jährige habe sich für eine günstigere Variante eines anderen Juweliers entschieden. Wohl auch, weil die Ministerin einen Shitstorm aufgrund der 72.000-Euro-Leihgabe vermeiden will.

Warum denn, wenn es doch ohnehin nur um eine Leihgabe ging, wie sie bald jemandem angeboten wird. Vom Kammer-Juwelier wäre ein Ersatzset mit dem klingenden Namen "Tutti Frutti" in Höhe von rund 62.000 Euro bereitgestellt worden. Wegen "Tutti Frutti" wollte Edt­stadler erst recht keinen Shitstorm riskieren. Was der andere Juwelier schließlich in welcher Höhe bereitgestellt hat, blieb Staatsgeheimnis.

Die staatsphilosophische Grundlegung des Ballereignisses blieb heuer einem Leitartikler des "Kurier" vorbehalten. Was legitimiert ein solches Fest, wenn anderswo so viele Menschen gezielt getötet werden? Ist es nicht schamlos zu tanzen, wenn gleichzeitig Gewalt dominiert? Wen kümmert es noch, wen ein Baumeister vermittels guter Bezahlung dazu bringt, mit ihm im Pinguin-Gang die Feststiege hinaufzuwatscheln?

Leitkulturvorstellungen

Um sich die Antwort auf die selbstgestellte Frage zu ersparen, nimmt der Autor die Leitkulturvorstellungen des ÖVP-Obmanns vorweg, und beharrt: Selbstverständlich soll die Tradition aufrechterhalten und auch zu schwierigen Zeiten getanzt werden, wenngleich die Staatsoper sonst dazu da wäre, künstlerisch hochwertige Produktionen zu zeigen. Besser als er wird nicht einmal Frau Raab als Leitkulturbeauftragte zusammenfassen, worum es geht. Stolz auf seine Geschichte, die Orden auf der geschwellten Brust präsentierend, aber nicht durchwegs der Gegenwart verhaftet, ganz gern mit einem leichten Dusel, entweder durch die Geschwindigkeit beim Walzer oder ein nicht musikalisches Achterl.

Und vor allem ist der Opernball demokratisch durch und durch, weil sich jeder, der kann, eine Karte kaufen kann, um sich für einen Tag in Schale zu werfen. Der Opernball ist gesellschaftspolitisch gleichermaßen Versöhnung wie Spaltung und die Mitternachtsquadrille nicht mehr crazy als ein Tag im Parlament. Wenn er von Sobotka dirigiert wird. Kurz: In diesem Saal ist Österreich. Und in diesem "Kurier" ist die politische Analyse auf ihrem Höhepunkt gelandet.

Da will man in der "Kronen Zeitung" nicht zurückstehen. Dort darf auch Andreas Mölzer kolumnistisch hospitieren, was er am Tag des Opernballs auch tat und der Regie­rungsform große Koalition einerseits bestätigte, dass sie unleugbar über lange Perioden für sozialen Frieden sorgen konnte. Andererseits kann man die Fehlentwicklungen und Auswüchse der einstigen großen Koalition nicht vergessen – nur weil es heute offenbar darum geht, eine Regierungsbeteiligung der Kickl-FPÖ zu verhindern.

Um eine solche zu verhindern, braucht man nicht ganz so weit zurück, sondern nur bis zu den Fehlentwicklungen und Auswüchsen der letzten freiheitlichen Regierungsbeteiligungen. Aktuellste Erinnerung daran: Die blaue Ex-Gesundheitsministerin Hartinger-Klein versiegelte ihre Akten lieber als privat. Sie weiß wohl, warum. (Günter Traxler, 10.2.2024)