Mit einer Welle an Autodiebstählen sieht sich derzeit die kanadische Regierung in ihrem Land konfrontiert. Nun scheint man den Schuldigen dafür ausgemacht zu haben: "Import, Verkauf und Nutzung" von "Hacking-Geräten wie Flippers" sollen in dem Land verboten werden. Das verkündete Wirtschaftsminister François-Philippe Champagne in einem Posting auf X.

Zero Ahnung

Mit dem Begriff "Flippers" meint der Politiker den Flipper Zero, ein kleines Multifunktions-Tool, das in vergangenen Monaten tatsächlich für einiges Aufsehen gesorgt hatte. So ließen sich darüber – mit der richtigen Firmware – recht einfach sämtliche iPhones in der Umgebung zu einem Absturz samt nachfolgendem Neustart bringen.

Flipper Zero
Der Flipper Zero im Einsatz.
Proschofsky / STANDARD

Was der Flipper Zero mit der aktuellen Welle an Autodiebstahl zu tun haben soll, bleibt allerdings vorerst ein Rätsel. Zwar lassen sich damit tatsächlich sehr schlecht geschützte Autoschlüssel kopieren, aber keine, die auch nur ansatzweise aktuell sind. So betont auch der Entwickler des Flipper Zero gegenüber Gizmodo, dass das Hacking Tool im besten Fall Fahrzeuge öffnen könne, die vor dem Jahr 2000 hergestellt wurden.

Reale Attacken laufen anders ab

Aktuelle Attacken gegen elektrische Schließsysteme sind mit einem Flipper Zero gar nicht möglich, einfach weil ihm dafür notwendige Hardware fehlt, wie Arstechnica in einem Artikel betont. Oft kommen etwa Verstärkersysteme zum Einsatz, wo zwei Enden jeweils neben Schlüssel als auch Fahrzeug platziert werden. Auch "Rolljam"-Attacken gegen Schlüsselsysteme, bei denen wechselnde Codes verwendet werden, seien mit einem Flipper Zero nicht möglich, da ihm dazu sowohl Funkkomponenten als auch die notwendige Rechenpower fehlen.

Die Realität sei, dass für den Autodiebstahl längst Spezialtools zum Einsatz kommen, die exakt für diese Aufgabe genutzt werden, zitiert Arstechnica Rob Stumpf, einen Journalisten, der sich auf dieses Thema spezialisiert hat. Ein Verbot von Hacking-Tools wie dem Flipper Zero werde insofern an der aktuellen Situation nicht das geringste ändern.

Auch Sicherheitsexperte Matthew Green von der Johns Hopkins Universität gibt auf X seine Verwunderung über diese Pläne zum Ausdruck. All das, was in dieser Hinsicht mit einem Flipper Zero möglich ist, klappe auch mit einem gerooteten Smartphone.

Falsches Denken

Vor allem aber geht all das an der Realität vorbei. Dass die Sicherheit im Internet mittlerweile zumindest auf einem mittelmäßigen Niveau angekommen ist, liege daran, dass sie dauernd getestet und angegriffen wird. Funkprotokolle seien hingegen wie eine Spezies, die noch nie Raubtieren begegnet ist. Was Green damit insinuiert: Es braucht mehr solche Attacken, damit die Hersteller das Thema endlich ernst nehmen – nicht ein Verbot von Hacking Tools.

Der Flipper Zero wurde vor allem für Sicherheitsexperten entwickelt, um damit ein flexibles Tool für allerlei Tests zu Funktechniken zu haben. Ein entscheidender Vorteil ist dabei der handliche Formfaktor. Möglichkeiten und Beschränkungen des Tools wurden an dieser Stelle vor einigen Wochen ausführlich beschrieben. (apo, 11.2.2024)