Es war ein Wahlversprechen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron: Die teuren Elektroautos sollten auch für Geringverdiener erschwinglich werden. Wer weniger als 15.400 Euro im Jahr verdient – und das gilt in Frankreich für 15 Prozent der Erwerbstätigen –, soll die Möglichkeit erhalten, ein solches Gefährt für ganze 100 Euro im Monat zu leasen.

Die dreijährige Langzeitmiete, nach deren Ablauf man sein Auto ganz kaufen kann, aber nicht muss, ist in Frankreich heute die mit Abstand häufigste Kaufart, von über 80 Prozent der Kundschaft genutzt. Ein E-Auto kostet aber schnell einmal 300 oder 400 Euro im Monat – und das können sich die schlechter verdienenden Autofahrer bei einem Mindestlohn von 1.400 Euro kaum leisten.

Auto auf Straße
Angeboten werden meist nur kleinere Modelle wie der Citroën e-C3.
Credit: Citroën

Das Sozialleasing um 100 Euro – für den darüber hinausgehenden Betrag kommt der Staat auf – hat am 1. Jänner begonnen. Das Umweltministerium schätzte die Zahl der Interessenten im Vorhinein auf 20.000. Schon eineinhalb Monate später ist diese Zahl aber um ein Vielfaches überschritten: 91.000 Leasingansuchen wurden bei den Autohändlern laut inoffiziellen, aber übereinstimmenden Quellen bisher eingereicht. Ein wahrer Ansturm.

Angeboten werden meist nur kleinere Modelle wie Renault Zoé, Hyundai Kona, Fiat 500, VW ID.3 oder Citroën e-C3. Die Regierung hat festgelegt, dass der Wagenpreis bei dem 100-Euro-Leasing den Betrag von 47.000 Euro nicht übersteigen darf. Das schließt zum Beispiel die amerikanischen Tesla-Modelle aus. Auch der Verkaufsrenner Dacia Spring (Teil der Renault-Gruppe) oder chinesische E-Modelle kommen faktisch nicht infrage, weil sie in China produziert werden und deshalb einen zu hohen CO2-Abdruck aufweisen. Sie werfen Macron vor, er habe eine protektionistische Maßnahme in das Sozialleasing-Dispositiv hineingeschmuggelt.

Zu teuer

Doch das ist nicht der wesentliche Punkt. Ins Gewicht fällt vor allem, dass die 91.000 Anträge für den Staat zu teuer werden. Die Regierung hatte für die gesamte Operation 400 Millionen Euro vorgesehen. Dieser bereits stolze Betrag erklärt sich durch die doppelte Subventionierung: Zusätzlich zu den Staatsausgaben für das 100-Euro-Sozialleasing erhält in Frankreich jedes E-Auto einen Bonus von 5.000 Euro, der für Geringverdiener 7.000 Euro erreichen kann. Ein einzelnes E-Auto kann so auf einen Zuschuss von bis zu 13.000 Euro kommen, haben Marketingexperten ausgerechnet.

Das bedeutet, dass der aktuelle E-Leasing-Boom die Rechnung für den Staat auf über eine Milliarde Euro hochtreiben könnte. Aus dem Umfeld von Finanzminister Le Maire verlautet, es komme nicht infrage, das Ursprungsbudget von 400 Millionen Euro zu überschreiten.

Auf der Bremse

Le Maire überlegt deshalb, den E-Bonus zu senken. Dieser könnte von 5.000 auf 4.000 Euro oder noch tiefer sinken, um die Ausgaben für das Sozialleasing zu kompensieren. Der Haken dabei wäre, dass dieser E-Bonus vor allem die Mittelklasse anvisiert, die vor allem bei Paaren einiges mehr als 15.400 Euro im Jahr verdient. Politisch wäre die Bonussenkung verheerend für Macron, der sich gerne als Herold der Mittelklasse präsentiert.

Die Behörden dürften deshalb die Autohändler diskret anhalten, bei der Genehmigung der Anträge genauer als geplant hinzuschauen, um ihre Zahl zu drücken. Die stets sehr komplexen Leasingbedingungen lassen den Verkäufern einen beträchtlichen Spielraum. Und sie sind nicht unglücklich, wenn die Regierung bremst, denn ihnen wächst der Erfolg mit dem Sozialleasing selbst über den Kopf. Gesuchte Marken wie Citroën oder Fiat befürchten halbjährige Auslieferzeiten – und das Abwandern zur Konkurrenz. (Stefan Brändle aus Paris, 13.2.2024)

Videodiskussion: Ist der Siegeszug der E-Autos noch aufzuhalten, woher kommt der Strom, um die elektrischen Flotten von morgen zu betreiben – und ist es klug, Verbrenner zu verbieten? Ein Streitgespräch.
DER STANDARD