Der ehemalige Innenminister Karl Nehammer mit schwerbewaffneten Exekutivkräften.
Karl Nehammer (ÖVP) nutze die Operation Luxor gegen angebliche Muslimbrüder und Hamas in Österreich einst als Innenminister für seine politische Inszenierung.
APA/BMI

Der Name Taher Hassan steht symbolisch für die Probleme der bisher größten Ermittlungsaktion gegen den politischen Islam in Österreich – der sogenannten Operation Luxor. Hassan ist Obmann des Wiener Spendenvereins Rahma Austria, der sich offiziell der humanitären Hilfe in palästinensischen Gebieten verschrieben hat. Aber nicht nur dort. Auch in Asien und Afrika ist der Verein aktiv. Staatsschützer werden aber seit mehr als drei Jahren die Vermutung nicht los, dass Hassan gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Vereins über Umwege die Terroristen der radikalislamistischen Hamas im Gazastreifen unterstützt haben könnte.

Deshalb filzte ein Großaufgebot schwerbewaffneter Exekutivkräfte am 9. November 2020 nicht nur Hassans eigene vier Wände, sondern auch die des Wiener Spendenvereins. Die Beamten beschlagnahmten damals so ziemlich alles, was sie in die Hände bekamen.

Die Vorwürfe der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche blieben bisher aber nur vage Verdachtsannahmen. Die Terrorismusverfahren gegen Hassan und Rahma Austria wurden im vergangenen Jahr eingestellt. Fehlender Arbeitseifer kann den Ermittlern dabei nicht vorgeworfen werden. Sie durchleuchteten sämtliche Konten von Rahma, jagten Finanzströmen ins Ausland nach, stellten Rechtshilfeansuchen etwa an Israel und versuchten, den Verein mit einem mutmaßlichen Geldsammler der Hamas in Verbindung zu bringen, der im vergangenen Juni in den Niederlanden festgenommen wurde. Strafrechtlich Relevantes ergab sich daraus aber nie.

Die "Sauerei" der Staatsschützer

Der zuständige Jurist der Grazer Staatsanwaltschaft, Johannes Winklhofer, beließ es aber nicht dabei. Seit bald einem Jahr strengt Winklhofer ein Finanzstrafverfahren gegen Rahma mit seinem fast fünf Millionen Euro hohen Spendenvolumen an. Im Raum stehen die Vorwürfe der Abgabenhinterziehung und des Abgabenbetrugs. So soll Hassan beispielsweise seine Familie auf Dienstreisen mitgenommen und die Reisen über den Verein abgerechnet haben, wie aus dem mehrere zehntausend Seiten dicken Ermittlungsakt hervorgeht. Von angeblich verdeckten Dienstverträgen ist ebenso die Rede wie von mutmaßlichem Sozialbetrug. So sollen etwa Spenden an Bedürftige ausbezahlt worden sein, obwohl diese staatliche Förderungen erhalten hätten.

Und dann sei da noch ein beträchtlicher Geldbetrag auf dem Privatkonto eines weiteren Beschuldigten aufgetaucht. Jener Mann habe aus Sicht der Staatsanwaltschaft zu seiner Herkunft "keine glaubwürdigen Angaben" machen können. Für die Ermittler stellt sich die Frage, ob hier möglicherweise Spendengelder für das Privatleben des Verdächtigen zweckentfremdet worden sein könnten. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Hassans Verteidiger, Andreas Schweitzer, hielt das alles am Montagvormittag vor Journalisten lediglich für einen weiteren "Zufallsfund", der sich schon bald in Luft auflösen werde. So seien von den zwischenzeitlich 105 Terrorverdächtigen in der Operation Luxor nach drei Jahren nur noch 30 übriggeblieben. "Aber die Ermittlungen des Staatsanwalts hören nicht auf", klagte Schweitzer.

Der Jurist hegte sogar den Verdacht, dass Winklhofer Hassan und die Rahma über die Prüfungen der Finanzstrafbehörde wieder in ein Terrorverfahren bekommen will. Angeblich dürften im Zuge des Finanzdelikts 700 Spender als Zeugen einvernommen werden. Bei den Befragungen der Staatsschützer soll suggeriert worden sein, "dass die Rahma Terrorfinanzierung betreibt", sagte Schweitzer. Das hält der Anwalt für eine "Sauerei". Die Staatsanwaltschaft konnte das dem STANDARD auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren.

Hassan selbst fragte sich: "Was müssen wir Österreich beweisen, damit wir unsere Arbeit fortsetzen können?" Rahma baue in Asien, Afrika und Nahost Brunnen, biete Katastrophenhilfe an und schicke aktuell Lebensmittel und Wasser in das Kriegsgebiet in Gaza. Die andauernden Ermittlungen würden die Arbeit des Spendenvereins vor große Probleme stellen. Seit den Razzien der Operation Luxor hätten etliche Banken die Konten von Rahma gekündigt. Von fünf sei nur noch eines übriggeblieben. Dadurch müssten Spenderinnen und Spender laufend auf ein neues Konto hingewiesen werden, damit die Spenden tatsächlich an Rahma fließen. Über das Luxor-Verfahren sagt Hassan kurz und knapp: "Der Verein wurde kriminalisiert, Muslime denunziert, die Rufschädigung bleibt." (Jan Michael Marchart, 12.2.2024)