BASF verlässt Xinjiang. Wohl die allermeisten, die sich mit der Situation der Uiguren in der chinesischen Region und den dortigen Menschenrechtsverletzungen eingehender beschäftigt haben, würden sagen: ein lang überfälliger Schritt. Doch besser spät als nie.

Am Freitag hat der deutsche Chemiekonzern bekanntgegeben, seine Beteiligung an den zwei Gemeinschaftsunternehmen in Xinjiang zu verkaufen. Dem vorausgegangen waren Berichte, wonach der Joint-Venture-Partner Markor doch stärker in das Zwangsarbeitssystem in der Region involviert sei als bisher angenommen.

"BASF achtet die Menschenrechte als Grundlage seiner gesellschaftlichen Verantwortung in seinen Geschäftsaktivitäten und Beziehungen", teilte der Konzern am Mittwoch mit. "Unser Verhaltenskodex gilt an allen unseren Standorten weltweit, auch in China."

BASF in Ludwigshafen.
Auch der deutsche Chemieriese BASF musste sich in China einen Partner suchen, um in den Markt einsteigen zu können.
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Diese Aussage allerdings ist nun doch etwas wohlfeil. Die Berichte über die massiven Menschenrechtsverletzungen sind seit langem bekannt. Auch wenn weder BASF noch dem deutschen Autobauer Volkswagen, der ebenfalls in der Region ein Werk betreibt, vorgeworfen wird, uigurische Zwangsarbeiter zu beschäftigen, profitieren die Unternehmen doch indirekt von der Situation. Die Nachricht, wonach Joint-Venture-Partner Markor Mitarbeiter überwache, erscheint da eher wie der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

30 internationale Politiker der Inter-Parliamentary Alliance on China (IPAC) hatten BASF-Chef Martin Brudermüller daraufhin aufgefordert, sich aus Xinjiang zurückzuziehen. Der EU-Abgeordnete der Grünen, Reinhard Bütikofer, begrüßte den Schritt und schrieb auf X (vormals Twitter): "Die Aktivitäten von Markor können nicht beschönigt oder heruntergespielt werden. Wenn #BASF jetzt nicht eine klare Grenze zieht, muss das Unternehmen als wissender Komplize der Uiguren-Unterdrückung gelten."

Joint-Venture-Zwang

Das Joint Venture war man 2013 eingegangen. In China war es lange Praxis, ausländische Unternehmen, die Zugang zum chinesischen Markt haben möchten, in ein Gemeinschaftsunternehmen zu zwingen. So will man gewährleisten, dass Konzerne nicht nur vom chinesischen Markt profitieren, sondern über einen Technologietransfer die heimischen Unternehmen auch nachhaltig profitieren. Dieser "Joint-Venture-Zwang" war in den vergangenen Jahren immer weiter gelockert worden. Zu der Zeit, als BASF mit dem Partner Markor in Xinjiang investierte, war dies allerdings noch gang und gäbe. Nicht selten machte die chinesische Regierung die Genehmigung von rentablen Werken von einer Investition in Xinjiang abhängig. So wurde gemunkelt, dass die Investition des deutschen Chemieriesen dort auch der Preis dafür war, ein weitaus größeres Werk in Südchina genehmigt zu bekommen.

Die muslimische Minderheit der Uiguren leidet seit Jahrzehnten unter Diskriminierung und unter der starken von Peking geförderten Zuwanderung durch Han-Chinesen, weshalb es auch immer wieder zu Unruhen und Aufständen kam. Ab etwa 2014 aber erreichte die Unterdrückung ein neues Ausmaß. Unter der Ägide von Xi Jinping wurde ein gigantisches Lagersystem errichtet, in dem bis zu zwei Millionen Menschen monatelang inhaftiert wurden. Zahlreiche Berichte von Überlebenden zeugen von Folter, Gehirnwäsche und Misshandlungen.

Wirtschaftliche Erwägungen

Peking leugnete die Existenz der Lager zunächst und sprach später von "Ausbildungszentren", als die Ausmaße des Systems immer offensichtlicher wurden. Menschenrechtsaktivisten wie der Forscher Adrian Zenz warfen westlichen Unternehmen deswegen immer vor, die Augen vor den Verbrechen zu verschließen.

Ob aber nicht vielmehr wirtschaftliche Erwägungen ausschlaggebend für den Verkauf der Beteiligungen waren, bleibt offen. Laut BASF hat man die Abwicklung der beiden Joint Ventures bereits im vierten Quartal 2023 eingeleitet. (Philipp Mattheis, 12.2.2024)