Als Anita Roddick 1976 ihr erstes Geschäft in Brighton, Südengland, aufsperrte, war von fairem Handel und grünen Produkten noch kaum die Rede. Die ausgebildete Lehrerin hatte die Idee, Kosmetik nur aus natürlichen Zutaten und vor allem ohne Tierversuche herzustellen. Anstelle von Tiegelchen und Tübchen wurden ihre Cremes und Pflegeprodukte in Glasfläschchen gefüllt – jederzeit wiederbefüllbar. Gegen Gewalt, gegen Kinderarbeit, gegen Ausbeutung, gegen Menschenrechtsverletzungen – Ethik und Moral schrieb die Britin groß, und das vor fast 50 Jahren.

Reines Gewissen

Roddick verkaufte nicht nur Kosmetik, sie verkaufte ein reines Gewissen und schrieb sich den fairen Umgang mit Natur und Mensch auf die Fahnen. The Body Shop stand für ethische Werte, damals in der Branche so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal. Der Erfolg gab Roddick recht. Aus einem Geschäft wurde eine Kette. Um die Jahrtausendwende war The Body Shop in rund 50 Ländern präsent – vorwiegend mit Franchise-Partnern. "Unternehmen haben die Kraft, Gutes zu tun" – mit diesem Motto warb Roddick einst auf der Homepage ihres Unternehmens. "Firmen, die nicht moralisch, sondern nur aus Profitgier handeln, schaden ihrem Geschäft." Als sie 2006 The Body Shop an den französischen Kosmetikriesen L'Oréal verkaufte, warfen Kritiker ihr vor, die Idee zu verraten. 2007 starb Roddick 64-jährig an einer Gehirnblutung. Schon damals verlor die Marke an Strahlkraft.

Nun meldet der britische Geschäftszweig der Kette Insolvenz an. Der "Guardian" hatte davor bereits berichtet, dass das Unternehmen sich darauf vorbereite, einen Insolvenzexperten zu benennen, der eine Umstrukturierung leiten solle.

Eine Filiale in London, dem Hauptsitz des Unternehmens. Ob und wie viele Filialen geschlossen werden, ist offen.
AFP/DANIEL LEAL

The Body Shop mit Hauptsitz in London hat in Großbritannien rund 200 Filialen. Auch hierzulande sind die Filialen aus keinem größeren Einkaufszentrum mehr wegzudenken. Derzeit ist die Kette in 89 Märkten aktiv, betreibt über 900 eigene Geschäfte in 20 Ländern und unterhält Partnerschaften mit Franchisenehmern, die rund 1.600 Franchisegeschäfte in weiteren 69 Ländern betreiben. 2022 wurde mit 7.000 Beschäftigten ein Umsatz von 791 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Geschäfte in anderen Ländern seien nicht betroffen, betonte Sky News. Die Insolvenzverwalter sollen neue Eigentümer für die Läden suchen, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. "Dieser Ansatz bietet die Stabilität, Flexibilität und Sicherheit, um die besten Mittel zu finden, die Zukunft von The Body Shop zu sichern und diese ikonische britische Marke wiederzubeleben", hieß es darin.

Moral und Ethik schreiben sich schon lange auch andere auf ihre Fahnen. "Grüne und faire" Produkte haben nicht nur im Drogeriehandel und in Reformhäusern Einzug gehalten. Die goldenen Zeiten, sie sind schon länger vorbei. 2017 verkaufte L'Oréal die Kette an das brasilianische Kosmetikimperium Natura & Co. Im vergangenen November wurde sie dann vom börsennotierten deutschen Finanzinvestor Aurelius übernommen. Dem Finanzinvestor war The Body Shop da noch 207 Millionen Pfund (gut 240 Millionen Euro) wert. Rund eine Milliarde hatte Natura & Co sechs Jahr zuvor dafür bezahlt.

Schwieriges Umfeld

Aurelius hatte damals erklärte, man wolle sich auf die Omnichannel-Retail- und Großhandelsmärkte konzentrieren. "In Kombination mit der ikonischen Marke The Body Shop und ihrer Tradition im Bereich sozial verantwortlicher Produkte bedeutet dies, dass trotz des schwierigen Einzelhandelsmarktes die Möglichkeit besteht, das Unternehmen zu reaktivieren, damit es von den positiven Trends im wachstumsstarken Beauty-Markt profitieren kann", erklärte das Unternehmen. Ob nur der Geschäftszweig in Großbritannien betroffen ist, dazu gab es bislang von Aurelius keine Antwort. (Regina Bruckner, 13.2.2024)

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