Der Algorithmus von Instagram und Threads wird künftig keine politischen Inhalte mehr empfehlen.
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Angesichts des weltweiten Superwahljahrs und der damit verbundenen Befürchtung, soziale Medien könnten zur massiven Verbreitung von Falschinformationen und Propaganda beitragen, zieht Instagram nun die Bremse: Instagram-Chef Adam Mosseri hat angekündigt, dass das Netzwerk mitsamt des eng damit verwobenen Threads unpolitischer werden soll.

In einem Blogpost erklärt das Unternehmen, dass politische Inhalte nicht mehr algorithmisch verstärkt werden sollen. Sprich: Politische Inhalte werden standardmäßig nur noch dann angezeigt, wenn sie von einem Account kommen, dem man selbst folgt. Betroffen sind laut dem Unternehmen Inhalte, die Gesetze, Wahlen oder soziale Themen betreffen. Wer dennoch derartige Postings sehen möchte, muss die Einstellung manuell aktivieren. Als Grund gibt Instagram an, dass man keine aktiven Empfehlungen für politischen Content aussprechen wolle. Damit sei man auch einem Wunsch der Nutzerinnen und Nutzer nachgekommen, heißt es da weiter.

Content Creators selbst werden in ihrem Account einsehen können, ob ihre Inhalte vom Politikbann betroffen sind. Ob sie betroffen sind, hänge unter anderem davon ab, ob über die Konten jüngst politische Inhalte verbreitet wurden. Wer mit der Einschätzung nicht einverstanden ist, kann die jeweiligen Beiträge löschen oder bearbeiten, heißt es lapidar. Aber: Es soll eine Einspruchsmöglichkeit gegen die Klassifizierung als politischer Inhalt geben.

Abkühlphase für Creators

Mehr noch: Instagram-Mutter Meta versieht Ersteller von politischen Nachrichten mit einer Art "Abkühlphase", denn nur wer für längere Zeit keinen politischen Content erstellt, kann wieder vom Algorithmus empfohlen werden. Der Konzern bleibt in dem Blogpost aber eine Erklärung schuldig, wie genau politische Inhalte definiert sind. Darüber hinaus wird der Zeitplan höchst unscharf formuliert. Die Änderungen sollen "langsam mit der Zeit" umgesetzt werden, heißt es da.

In den Einstellungen kann man politische Inhalte wieder aktivieren.
Instagram

Ganz überraschend kommt der Schritt nicht, stehen soziale Medien in den USA und der EU angesichts der 2024 stattfindenden Wahlen doch unter besonderer Beobachtung. Dennoch sind die Nutzerinnen und Nutzer empört. Gerade auf Threads ist der Unmut groß, wurde das Netzwerk doch schließlich als Konkurrenz zum hochpolitischen und dadurch einflussreichen X, vormals Twitter, positioniert. Kurz nach der Öffnung der App hatte Mosseri erklärt, man wollte Politik und "harte" News von dem Kurznachrichtendienst fernhalten. Nun scheint man diese Ankündigung in die Tat umsetzen zu wollen. Stattdessen wolle man auf Sport, Musik, Mode, Schönheit und Entertainment setzen. Die Erklärung des Instagram-Chefs fiel pragmatisch aus: Politische Inhalte würden für die Plattform extremen Mehraufwand unter anderem in der Inhaltsmoderation erfordern. Gleichzeit verdiene man an den Debatten nichts. Kurz: Politik lohnt sich nicht.

Einmal mehr News, dann lieber doch nicht

Unter dem Threads-Posting, in dem Mosseri den Schritt erläutert, findet sich enorme Kritik, wie "Heise" und die "Washington Post" berichten. Grob zusammengefasst beschweren sich Nutzerinnen und Nutzer, dass sie für Content bestraft würden, obwohl sie nicht gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hätten. Ohne politische Inhalte könne Threads keine Alternative zu Elon Musks X sein, so die These. Viele Nutzerinnen und Nutzer führen an, dass sie selbst gut entscheiden könnten, wessen Inhalte sie gut finden und wen sie besser ignorieren sollten. "Wir sind alle aus einer Twitter-Hölle geflohen und haben gehofft, dass dies unser neues Zuhause sein würde. Wohin sollten wir jetzt ziehen? Irgendwohin, wo wir die ganze Bandbreite an Gesprächen führen können, einschließlich politischer Gespräche, ohne gedrosselt zu werden", heißt es da etwa.

Meta selbst hat jahrelang versucht, zu einer Art Newsplattform zu werden – vor allem auf Facebook. Doch der Social-Media-Riese geriet angesichts diverser Skandale und der Verbreitung von Falschinformationen in die Kritik. Jetzt scheint sich das Unternehmen dagegen immunisieren zu wollen, indem man politische Inhalte in der Verteilung benachteiligt. "Das Ziel ist es nicht, Twitter zu ersetzen. Ziel ist es, einen öffentlichen Raum für Communitys auf Instagram zu schaffen, die Twitter nie angenommen haben, und für Communitys auf Twitter (und anderen Plattformen), die einen weniger aggressiven Platz für Gespräche suchen", sagte Mosseri über die Zielsetzung von Threads. Bevor Mosseri zu Instagram kam, war er übrigens bei Facebook beschäftigt. Er verantwortete dort den Bereich News. (pez, 13.2.2024)