Fast alle sind da. Elfriede Jelinek mit ein paar Prostituierten. Alexander Van der Bellen an der Seite von Hündin Juli. Herr Karl in Begleitung von Elizabeth T. Spira. Und Sisi – gleich im Doppelpack: einmal verkörpert von Romy Schneider und einmal als historische Figur. Der Anlass für die Zusammenkunft dieser illustren Runde: die Gestaltwerdung des neuen Prater-Museums.

Dieses war bis im Vorjahr im Planetarium an der Hauptallee untergebracht, nun hat es einen neuen Standort: im Zentrum des Wiener Wurstelpraters, unweit des Riesenradplatzes. Dort wurde eine alte Spielehalle abgerissen und – ein wenig eingequetscht zwischen Autodrom und einer Sportbar – ab Herbst 2022 ein Museumsgebäude errichtet. Vor knapp vier Monaten war die Hülle fertig, es ging an den Innenausbau und das Einrichten der Ausstellung. Das wird dieser Tage finalisiert: Am 15. März, also in vier Wochen, wird das Museum, das sich der Geschichte des Vergnügungsparks widmet, eröffnet.

Das riesige Wimmelbild im Foyer ist bereits aufgetragen. 4,5 Meter hoch und satte 16 Meter lang ist das Werk von Gestalter Olaf Osten. Im Comicstil zeigt es ein Prater-Panorama samt angrenzender Landschaft. Darin verstecken sich an die 100 Persönlichkeiten, die mit Wien im Allgemeinen oder dem Vergnügungspark im Speziellen verbandelt sind. Wie eben Literaturpreisträgerin, Bühnenfigur, Interviewlegende, Bundespräsident, Schauspielerin und Kaiserin.

Im Wimmelbild von Olaf Osten treffen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Hündin Juli im Prater auf Kaiser Franz Joseph.
Wien Museum

Sie tummeln sich auf dem Bild neben ganz gewöhnlichen Leuten: so, wie das für den Prater seit seiner Öffnung für alle Gesellschaftsschichten im Jahr 1766 typisch ist. "Die Herausforderung war, diesen Ort für alle zu schildern – von damals bis heute", erklärt Osten bei einer Presseführung am Mittwoch. "Das Wimmelbild soll zum Spekulieren einladen."

Gratis ins Foyer

Betrachten können es Besucherinnen und Besucher vom Foyer im Erdgeschoß aus: Dieses ist gratis und sowohl von der Straße des Ersten Mai als auch vom Eduard-Lang-Weg zugänglich. Letzterer bekommt im Bereich des Museums bald einen neuen Namen: Pratermuseumsplatz. Wer acht Euro Eintritt bezahlt, darf im Museum eine Etage höher: Von der Galerie kann man das Wimmelbild mit dort bereitliegenden Ferngläsern anschauen und absuchen. Nachschlagewerke zu den abgebildeten Persönlichkeiten gibt es dort auch.

In den beiden Stockwerken darüber befindet sich die eigentliche Ausstellung: 300 Objekte, die das Kuratorenduo Werner Schwarz und Susanne Winkler nach sechs Themen angeordnet hat, zählt die Schau. Zum Beispiel ein Watschenmann, der einst für zwei Einheiten einer nicht näher definierten Währung kräftig geohrfeigt werden konnte. Oder ein historischer Heiratsvermittlungsautomat, der Braut oder Bräutigam "samt genauer Beschreibung" auszuspucken verspricht. Und das sogenannte ruhende Mädchen, das sich nackt in einer Glasvitrine räkelt.

Das "ruhende Mädchen" hat es sich im obersten Stockwerk gemütlich gemacht.
APA/HANS KLAUS TECHT
Im ersten Stock wird noch ausgepackt, montiert und geklebt.
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Abreagieren konnte man sich früher am Watschenmann.
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Flipperautomat
Der Flipperautomat "Evel Knievel" aus dem Jahr 1977 gehört ebenfalls zur Sammlung.
Wien Museum
Spielautomat
Mit dem Spielautomat zur ,,Heirathsvermittlung" aus dem Jahr 1897 finden Sie ihren zukünftigen Bräutigam oder ihre zukünftige Braut.
Wien Museum
Handpuppen
Kasperl und Krokodil in Gestalt von Handpuppen.
Wien Museum
Pratermuseum
Querschnitt des Pratermuseums.
Wien Museum
Eingang zum Pratermuseum
Der verglaste Eingang zum Museum gibt bereits Ausblick auf das riesige Wimmelbild.
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Dazu kommen zahlreiche Plakate, Fotos und Gemälde, in einem Kino läuft ein 20-minütiger Film über den Prater. Einige der Exponate waren bereits am alten Standort zu sehen. Zusammengetragen hat viele davon Heimatforscher Hans Pemmer, der die Objekte erst in seiner Wohnung sammelte und sie in den 1960er-Jahren der Stadt Wien schenkte. Im neuen Prater-Museum werden sie nun um Gaben von Schaustellerinnen und Schaustellern ergänzt. Der neue Standort bietet deutlich mehr Platz als als der alte: 400 Quadratmeter Nutzfläche gibt es nun.

Hermes-Villa auf der Agenda

Die Kosten von 4,16 Millionen Euro für den Museumsneubau trägt die Stadt Wien. Denn das Prater-Museum gehört zum stadteigenen Wien-Museum. Das Haupthaus am Karlsplatz wurde, wie berichtet, zuletzt groß umgebaut. Seit Anfang Dezember kann es besucht werden – und zwar gratis. Mit der bisherigen Auslastung zeigt man sich hoch zufrieden: Früher habe man dort 160.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr verzeichnet, sagt eine Sprecherin zum STANDARD. Allein in den zweieinhalb Monaten seit der Wiedereröffnung seien es bereits rund 150.600 gewesen.

Ähnlich große Projekte wie den Umbau am Karlsplatz oder den Neubau im Prater habe man in naher Zukunft nicht mehr vor. Aber: Ideen für die 15 weiteren Standorte des Wien-Museums gebe es dennoch – etwa Verbesserungen in Sachen Barrierefreiheit. Mögliche Kandidaten seien die Hermes-Villa im Lainzer Tiergarten oder das Schubert-Geburtshaus in der Nußdorfer Straße.

Im Prater-Museum wird unterdessen auf die Ankunft eines französischen Stargasts gewartet. Das finale Wimmelbild soll sich vom Innenbereich an der Fassade nach draußen ziehen. Bisher konnte dieser Teil, der das Wiener Umland zeigt, aber nicht aufgebracht werden, weil es noch zu kalt sei, sagt Gestalter Osten. Jelinek, Herr Karl, Spira, Van der Bellen und Sisi müssen bei der Eröffnung daher womöglich ohne Napoleon Bonaparte auskommen. Und Wagram hat so lange seine Ruhe. (Stefanie Rachbauer, Mitarbeit: Fabiana Kamath, Viktor Zolles, 14.2.2024)