Wenig Fett, dafür hochwertiges Eiweiß: Putenfleisch ist in vieler Munde, ob als Schnitzel oder als Streifen im Salat. Knapp drei Kilo davon verzehrt ein Österreicher jährlich im Schnitt. Gespeist wird der Markt von Geflügel, das auf Hochleistung gezüchtet ist und überwiegend im Ausland aufwächst. Verbindliche Regeln für seine Haltung gibt es in der EU keine.

Die Österreicher verzehren im Schnitt knapp drei Kilo Pute pro Jahr. Gut die Hälfte der Schnitzel werden importiert.
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Das Kupieren ihrer Schnäbel ist in Europa bei Puten Standard. Gilt es doch, Kannibalismus und Federpicken infolge hoher Besatzdichten zu vermeiden. Bis zu 80 Kilo Pute teilen sich in Ländern wie Italien einen Quadratmeter. Das sind acht ausgewachsene Puthennen. Kein Nutztier legt rasanter an Gewicht zu, was auf Kosten der Gelenke und des Kreislaufs geht. Nach 15 bis 20 Wochen ist das begehrte Federvieh schlachtreif.

Gekürzte Schnäbel

Auch Österreich kürzt Puten ihre Schnäbel, was für scharfe Kritik der Tierschützer sorgt – geht in der Mast ansonsten jedoch eigene Wege. Pro Quadratmeter Stall sind hierzulande nur 40 Kilo Pute erlaubt. Der Einsatz von Antibiotika sank dank gesünderer Tiere seit 2014 nach Angaben der Branche um 65 Prozent. Ihre höheren Kosten macht dies nicht wett.

Die 200 Putenbetriebe leiden unter starken Wettbewerbsnachteilen, denn vor allem in Gastronomie und öffentlicher Verpflegung kräht kein Hahn nach ihrem Fleisch. Fehlende Kennzeichnungen von Haltung und Herkunft öffnen Tür und Tor für Importe aus Polen, Ungarn, der Slowakei, Italien und Deutschland.

Internationale Konzerne mit bis zu 100.000 Puten unter ihrem Dach offerieren das Kilo um etliche Euro günstiger. Österreich dient in der EU als beliebter Absatzkanal für überschüssige Produktion. Hiesige Bauern steigen daher zusehends aus der Putenmast aus. Der ohnehin schon magere Anteil an Bioputen hat sich zugleich nahezu pulverisiert.

Da Absatz im eigenen Land fehle, seien viele Betriebe gezwungen, ihre Tiere lebend nach Polen zu exportieren, zieht Dietmar Hipp, Obmann der Arge Pute, Bilanz. "Wirtschaftlich gesehen ist das ein Desaster."

"Tierleid hoch drei"

Salz auf die Wunden der Branche streut Aia. Der italienische Geflügelriese verödet Putenküken die Zehen mittels Mikrowellentechnologie. Es ist eine in Österreich verbotene Praxis, die gegenseitiges Kratzen wegen dichter Belegung verhindern soll.

Der Initiative Oekoreich zufolge beliefern die Italiener die Handelsketten MPreis und Spar. Anfragen an den Großhandel über die Verbreitung ihres Fleisches in der österreichischen Gastronomie laufen.

Spar kaufe bis zu zehn Prozent des Geflügels im Ausland, sagt Konzernsprecherin Nicole Berkmann. Damit bediene man die große Nachfrage der Konsumenten nach sehr günstigem Fleisch. Putenfleisch aus Italien führe Spar nur in Kärnten. Aia habe allerdings zugesichert, die Handelsgruppe künftig nur noch mit jenen Puten zu versorgen, die ohne "Toe Trimming" gemästet werden.

Markus Lukas, Obmann der Geflügelwirtschaft, nennt das Entfernen der Zehen Tierqual hoch drei. Wer Fleisch aus dieser Art der Mast in Umlaufe bringe, überschreite rote Linien. Das Risiko, dass dieses auf den Tellern der Österreicher landet, ist hoch: Jedes zweite Putenschnitzel hierzulande wird importiert.

Kampf um mehr Transparenz

In Kantinen, Wirtshäusern und Restaurants macht der Anteil an Pute aus dem Ausland, die aufgrund erheblich niedrigerer Haltungsstandards deutlich billiger ist, weit mehr als 90 Prozent aus – obwohl Österreich laut Lukas die Hälfte des eigenen Bedarfs selbst decken könne. Spar beziffert die Eigenversorgung mit lediglich rund 35 Prozent.

Für Bauernbund-Präsident Georg Strasser führt kein Weg an EU-einheitlichen Standards vorbei. Einzelhändler müssten importiertes Tierleid auslisten. In der öffentlichen Beschaffung gehöre der Anteil österreichischer Lebensmittel erhöht.

Hinter den Kulissen ringt Österreichs Landwirtschaft seit Monaten um mehr Transparenz bei der Tierhaltung. Sie ist dabei in zwei Lager gespalten. Während die einen auf staatliche Kennzeichnung pochen, suchen andere freiwillige Vereinbarungen mit großen Handelsketten. (Verena Kainrath, 14.2.2024)