Gerichtszeichnung vom 2. Oktober 2023, als Donald Trump dem Prozess in New York wegen möglicher aufgeblähter Vermögenswerte beiwohnte.
Gerichtszeichnung vom 2. Oktober 2023, als Donald Trump dem Prozess in New York wegen möglicherweise aufgeblähter Vermögenswerte beiwohnte.
REUTERS/JANE ROSENBERG

Schon Ende Jänner, dann Anfang Februar war das Urteil gegen Donald Trump erwartet worden, nun soll es endlich so weit sein. Welches Urteil? Das ist beim ehemaligen US-Präsidenten dieser Tage eine ausgezeichnete Frage. Aus diesem Grund gibt der STANDARD einen Überblick über die zahlreichen Gerichtsprozesse Donald Trumps:

Vermögen künstlich aufgebläht

Das Urteil, das möglicherweise noch am Freitag verkündet wird, ist jenes des Zivilverfahrens in New York. Dabei wird Trump vorgeworfen, den Wert seiner Immobilien künstlich aufgebläht zu haben, um bei Banken und Versicherungen bessere Konditionen zu erhalten. Die Größe seines Penthouse in New York etwa hatte er statt mit 1.000 mit rund 2.800 Quadratmetern angegeben. Den Wert seines Anwesens in Mar-a-Lago in Florida hat er ebenfalls weit höher angesetzt, Ähnliches wird ihm auch bei anderen Immobilien wie Hotels vorgeworfen.

Für Richter Arthur Engoron ist klar, dass Trump betrügerisch gehandelt hat, jetzt geht es um das Strafmaß. Waren es zunächst "nur" 250 Millionen, drohen ihm nun eine 370-Millionen-Dollar-Strafe und ein Geschäftsverbot für den Bundesstaat New York. Das wäre selbst für einen Milliardär ein harter Schlag. Dem "Forbes"-Magazin zufolge ist Trumps Vermögen in den vergangenen Jahren bereits auf 2,6 Milliarden Dollar geschrumpft.

Der Fall E. Jean Carroll

Am 26. Jänner 2024 wurde Trump in einem Zivilverfahren wegen Verleumdung dazu verurteilt, der Schriftstellerin E. Jean Carroll 83,3 Millionen Dollar Schadenersatz zu zahlen. Nachdem sie ihn der sexuellen Nötigung bezichtigt hatte, bezeichnete er sie – noch als US-Präsident – öffentlich als Lügnerin.

Schon im Mai 2023 war Carroll vor Gericht gegen Trump erfolgreich. Die Geschworenen befanden den Ex-Präsidenten des sexuellen Missbrauchs und der Verleumdung, aber nicht der Vergewaltigung für schuldig und verurteilten ihn zu fünf Millionen Dollar Schadenersatz.

Video: Sexueller Missbrauch: Trump muss fünf Millionen Dollar Schmerzensgeld bezahlen
AFP

Schweigegeldzahlungen

Trump muss sich als erster Ex-US-Präsident ab 25. März einem Strafprozess stellen. In New York ist er wegen der Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar an die Pornodarstellerin Stormy Daniels – wegen einer möglichen Affäre mit Trump – vor der Präsidentschaftswahl 2016 angeklagt. Konkret wird ihm in 34 Fällen die Fälschung von Geschäftsdokumenten vorgeworfen. Das von seinem damaligen Anwalt gezahlte Schweigegeld ist an sich nicht illegal, allerdings soll die Rückzahlung des Geldes an den Anwalt durch Trumps Immobilienimperium in zahlreichen Tranchen fälschlicherweise als Anwaltskosten verbucht worden sein.

Georgia

Im südöstlichen US-Bundesstaat wird Trump Wahlmanipulation vorgeworfen. In einem legendären Telefonanruf forderte Trump nach der verlorenen Präsidentschaftswahl am 2. Jänner 2021 den republikanischen Innenminister von Georgia, Brad Raffensperger, auf: "Ich möchte, dass du 11.780 Stimmen findest!" Joe Biden hatte den Bundesstaat nämlich mit einem Vorsprung von 11.779 Stimmen gewonnen.

Raffensperger weigerte sich. Mit der versuchten Einflussnahme dürften Trump und diverse seiner Vertrauten, die ihn unterstützten, gegen mehrere Landesgesetze in Georgia verstoßen haben. Der Prozess soll im August beginnen. Neben Trump sind 18 weitere Personen angeklagt, vier haben sich bereits schuldig bekannt.

Aktuell steht der Fall in den Schlagzeilen, weil sich Anklägerin Fani Willis wegen einer Liebesbeziehung zu einem der anderen Staatsanwälte in dem Fall rechtfertigen musste.

Geheime Dokumente

Trump soll nach seiner Amtszeit im Weißen Haus geheime Dokumente in sein Anwesen in Mar-a-Lago mitgenommen und nicht wie vorgeschrieben an das Nationalarchiv übergeben haben. Darunter waren auch, wie man seit einer Razzia im Sommer 2023 weiß, Papiere der höchsten Geheimhaltungsstufe. Dabei soll er auch FBI-Beamte belogen haben. Der Prozessstart ist für den 20. Mai angesetzt.

Sturm auf das Kapitol

Am 6. Jänner 2021 stürmten nach einer Kundgebung Trumps dessen Anhänger das Kapitol in Washington. Sie wollten verhindern, dass die Abgeordneten Joe Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl offiziell bestätigen. Trump muss sich im Zusammenhang mit diesen Vorgängen und wegen versuchter Wahlverfälschung vor einem Bundesgericht in Washington verantworten. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, sich mit sechs Personen verschworen zu haben, um das Ergebnis der Wahl zu ändern. Das Verfahren sollte am 4. März beginnen, wurde Anfang Februar aber verschoben. Ein neuer Starttermin ist noch nicht bekannt.

Grund für die Verzögerung ist die Frage, ob Trump für seine Handlungen als US-Präsident strafrechtlich belangt werden kann. Anfang Dezember hatte eine Bundesrichterin eine Immunität Trumps zurückgewiesen. Auch ein Berufungsgericht kam Anfang Februar zum gleichen Urteil. Trump hat in der Frage nun den Supreme Court angerufen.

Das oberste US-Gericht könnte nun das Urteil des Berufungsgerichts erst einmal aussetzen, um eine Berufung zu prüfen. Trumps Anwälte und die Anklage würden dann jeweils ihre Positionen in Anträgen begründen. Sollte der Supreme Court Trumps Berufung am Ende nicht annehmen, wäre der Weg für den Beginn des Verfahrens gegen den Republikaner in Washington frei. Wenn der Supreme Court die Berufung allerdings annimmt, ist eine Entscheidung des unter Trump weit nach rechts gerückten Obersten Gerichts bei der Immunitätsfrage zu erwarten. Käme der Supreme Court zu einem anderen Schluss als das Berufungsgericht, dürfte das Verfahren in Washington vor dem Aus stehen. (ksh, APA, Reuters, 16.2.2024)