Thomas Maurer
Thomas Maurer mit seinem Buchtipp.
Thomas Maurer

Er war mal Buchhändler auf der Wiener Sechshauser Straße, also Frage an Thomas Maurer: Sind Buchhandelskunden eigentlich immer sympathisch, oder können die auch mühsam sein? "Na ja, da gab es manchmal Familienangehörige, die ein Buch für den Deutschunterricht der Kinder besorgen müssen, aber nicht wissen, wie es heißt oder worum es geht." Und sympathische? "Stammkunden, denen man etwas empfehlen konnte." Beispiel? "In meiner Buchhandlung wurden sicher die meisten Exemplare von Tex Rubinowitz’ erstem Comicbuch verkauft, aber ich weiß nicht, ob das allen gefallen hat." Ansonsten reichte er auch Bestseller weiter: "Wenn der Buchhandel keine ‚klischeebeladenen‘ Bücher verkaufen würden, gäbe es ihn schon lange nicht mehr."

Slapstickszenen

Stichwort Kafka: Seit sicher zehn Jahren redet er davon, dass er irgendwann einmal dessen komische Seite präsentieren möchte, und jetzt macht er es mit seinem Programm Maurer.Kafka.Komisch. "Sein merkwürdig hintergründiger, tief in die Struktur eingewobener Humor ist mir natürlich nicht gleich bei der Erstlektüre aufgefallen, aber halt im Laufe der Jahre."

Mittlerweile weiß er einiges über den Meister, aber es gibt Abstufungen in der Expertise: "Daniel Kehlmann hat auch die dreibändige Reiner-Stach-Biografie gefressen und schrieb dann die Drehbücher zu Schalkos neuer Serie, der weiß mehr. Den rief ich an, wenn ich etwas wissen musste."Wie würde er Kafkas Humor also beschreiben? "Er hat einen Hang zum Grotesken und ist ein hingebungsvoller Beschreiber des Scheiterns. In DieVerwandlung schimmert ein abseitiges Komikverständnis durch, weil: Wenn du als Ungeziefer aufwachst und dein erster Gedanke ist, dass du den Zug versäumen wirst, dann ist das einfach komisch. Auch das erste Kapitel aus Amerika beginnt mit einer Slapstickszene." Dieses Buch heißt mittlerweile Der Verschollene, und er würde es als Einstiegslektüre empfehlen. "Als verkannte Pointenkanone soll man ihn aber nicht missverstehen!", warnt er Fans des Schenkelklopferhumors. Kafka bleibt schon "auf rätselhafte Weise unheimlich und bedrohlich", also ... kafkaesk. (Manfred Rebhandl, 17.2.2024)