Ende letzten Jahres erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit drei grundlegenden Entscheidungen (European Super League, International Skating Union, Royal Antwerp Football Club) Regelwerke der Sportverbände Fifa, Uefa und Internationale Eislaufunion (ISU) für kartellrechtswidrig. Obwohl vor allem die European-Super-League-Entscheidung für Schlagzeilen gesorgt hat, lohnt es sich, alle drei Urteile gemeinsam zu betrachten, weil sie die wirtschaftlichen Spielregeln für Sportverbände grundlegend strukturieren: Als monopolistische Organisatoren von Sportveranstaltungen unterliegen sie dem kartellrechtlichen Verbot des Marktmachtmissbrauchs und dem Verbot von wettbewerbswidrigen Vereinbarungen. Auch für Publisher von Computerspielen und den Bereich E-Sports drängt sich die Relevanz dieser Entscheidungen auf.

Richterhammer
Ende letzten Jahres erklärte der Europäische Gerichtshof mit drei grundlegenden Entscheidungen Regelwerke der Sportverbände Fifa, Uefa und Internationale Eislaufunion (ISU) für kartellrechtswidrig.
IMAGO/U. J. Alexander

Der Fall European Super League Company

Der European Super League Company Fall begann im Jahr 2021 als eine Gruppe von zwölf Fußballvereinen (Atlético Madrid, FC Barcelona, Real Madrid, AC Milan, Inter Milan, Juventus, Arsenal, Liverpool, Manchester City, Manchester United und Tottenham) über eine spanische Gesellschaft, European Super League Company, eine neue Fußballliga gründen wollten.

Die neue Liga sollte unter der Bedingung gegründet werden, dass Fifa oder Uefa die Super League als offiziellen Fußball-Wettkampf anerkennt. Doch statt Super League anzuerkennen, drohten Fifa und Uefa den Vereinen sowie ihren Spielern mit Sanktionen. European Super League Company erhob dagegen Klage wegen eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Das zuständige Handelsgericht in Madrid bat den EuGH um eine Vorabentscheidung, ob und wie das Marktmachtmissbrauchsverbot auf Sportverbände anzuwenden sei.

Der EuGH bejahte die Anwendbarkeit europäischen Kartellrechts, weil Fifa und Uefa wirtschaftlich tätig sind, wenn sie Wettbewerbe organisieren und Medienrechte vermarkten. Eine Ausnahme für nicht-wirtschaftliche Regelsetzung besteht nur in engen Grenzen, zum Beispiel wenn sie festlegen, unter welchen Voraussetzungen für ein Nationalteam gespielt werden darf. Wenn Sportverbände wie Fifa/Uefa darüber entscheiden, wer als Veranstalter in den Wettbewerb um die Ausrichtung von Wettkämpfen eintreten kann, unterliegen sie als Veranstalter einerseits und Regulator andererseits einem inhärenten Interessenkonflikt.

Wettbewerbsverstöße von Fifa/Uefa

Das Missbrauchsverbot gebietet daher, dass Sportverbände nicht willkürlich entscheiden dürfen, wer Wettkämpfe veranstalten darf und wer nicht. Diese Zugangskontrolle muss Regeln unterliegen, die transparent, objektiv, nichtdiskriminierend und angemessen sind. Sanktionen dürfen nur dann verhängt werden, wenn sie verhältnismäßig, das heißt der Natur, Dauer und Schwere eines Verstoßes angemessen sind.

Da Fifa und Uefa die Teilnahme von Fußballvereinen und Spieler:innen an neuen Wettbewerben von ihrer vorherigen Zustimmung abhängig gemacht haben, ohne dass dafür transparente, objektive, nichtdiskriminierende und angemessene Regeln gelten, qualifizierte der EuGH diese Regularien so inhärent ("bezweckt") wettbewerbsschädlich, dass eine Detailprüfung ihrer Wirkungen nicht mehr erforderlich war.

Zuletzt sah der EuGH auch bei der Vermarktung von Medienrechten, insbesondere Fernsehrechten, Wettbewerbsverstöße. Denn Fifa/Uefa behalten sich ein Monopol auf die Vermarktung von Medienrechten aus Spielen im Rahmen von Sportveranstaltungen, die sie organisieren vor. Dadurch verhindern sie einen Wettbewerb bei der Vermarktung von Medienrechten zwischen Fußballvereinen.

Es verbleibt nun dem Handelsgericht in Madrid zu prüfen, ob die Regularien von Fifa/Uefa allen Fußballinteressierten (nationale Verbände, Profi- und Amateurvereine, Profi- und Amateurspieler, junge Spieler, Fans im Stadion oder per Videoübertragung, etc.) einen größeren Vorteil verschaffen als ohne diese Regularien möglich wäre. Nur dann wären sie gerechtfertigt. Letztlich wird sich Erfolg oder Misserfolg des Projekts Super League, aber wohl in den Marketing- und Finanzabteilungen der maßgeblichen Profifußballclubs entscheiden und nicht im Gerichtssaal.

Der Fall International Skating Union

Der Fall International Skating Union (ISU) begann aufgrund einer Beschwerde zweier niederländischer Eisschnellläufer. Sie wollten an einem Bewerb teilnehmen, der nicht von Isu organisiert wurde. Isu drohte daraufhin mit einer lebenslangen Sperre.

Der EuGH bestätigte nun weitgehend Entscheidungen der Europäischen Kommission und des Gerichts der Europäischen Union (EuG), wonach die Zulassungs- und Sanktionsregeln der Isu, die eine lebenslange Sperre ermöglichten, gegen europäisches Kartellrecht verstoßen. Das Gericht der Europäischen Union bestätigte den Beschluss der Kommission in erster Instanz weitgehend. Sogar strenger als das EuG beurteilte der EuGH, dass die Regularien der Isu zwingend ein Schiedsverfahren beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) vorsehen.

Die öffentliche Ordnung der EU gebiete die Einhaltung der Wettbewerbsregeln. Soweit Schiedsorganisationen – insbesondere in der Welt des Sports – kein Rechtsmittelsystem vorsehen, das die Einhaltung des europäischen Kartellrechts gewährleistet, vereiteln sie die effektive Durchsetzung des Kartellrechts und insbesondere auch die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen wegen Kartellrechtsverstößen.

Der Fall Royal Antwerp Football Club

Im Verfahren Royal Antwerp Football Club hatten "UL", ein Fußballspieler mit belgischer und drittstaatlicher Staatsbürgerschaft, und Royal Antwerp Football Club vor dem Belgischen Schiedsgericht für Sport auf Schadenersatz geklagt, weil Regeln der Uefa und des Belgischen Fußballverbands über den verpflichtenden Einsatz von Spielern, die von ihrem Stammverein oder einem Verein desselben Nationalverbands ausgebildet wurden (sogenannte Eigengewächsspieler), den Wettbewerb um Spieler beschränken und so gegen das Kartellverbot verstoßen würden.

Seit 2007 sehen die Eigengewächsregeln vor, dass im Matchkader zumindest acht Spieler, die im Alter von 15 bis 21 Jahren mindestens drei Jahre bei ihrem Stammverein oder einem Verein desselben Nationalverbandes ausgebildet wurden, genannt werden müssen. Das Belgische Schiedsgericht für Sport verwarf die Klage. Eigengewächsregeln würden den Wettbewerb nicht begrenzen und seien im Übrigen sachlich gerechtfertigt. Daraufhin begehrten UL und Royal Antwerp Football Club das Erstgericht Brüssel möge den Schiedsspruch aufheben, weil er als kartellrechtswidrig gegen die öffentliche Ordnung verstieß. Das Erstgericht Brüssel bat den EuGH um eine Vorabentscheidung.

Der EuGH bewertete Eigengewächsregeln als kartellrechtswidrig, wenn feststeht, dass sie den Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten beeinträchtigen und dass sie den Wettbewerb zwischen Profifußballclubs beschränken. Zur Rechtfertigung müssten die Fußballverbände nachweisen, dass Eigengewächsregeln zur Verfolgung legitimer Ziele unbedingt erforderlich sind. Das Erstgericht Brüssel hat daher nun zu prüfen: Wie würde der Markt aussehen, wenn die Eigengewächsregeln nicht gelten würden?

Mehr Wettbewerb

Zwar ist das letzte Wort hier noch nicht gesprochen. Dennoch sollten nationalen Verbände eine Rechtfertigung in der Schublade haben, möchten sie bestehende Eigengewächsregeln behalten. In Österreich sieht der "Österreicher-Topf" finanzielle Förderungen vor, wenn Klubs in jedem Spiel mindestens zwölf österreichische Spieler auf den Spielbericht setzen und besonders den Einsatz junger Spieler fördern.

In der Zusammenschau ergeben die drei Urteile Super League, International Skating Union und Royal Antwerp Football Club ein klares Bild. Die Weichen des Sports sind auf mehr Wettbewerb gestellt. Dies ist kein Zufall. Zwar spricht Artikel 165 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union als europäische Verfassungsbestimmung den Beitrag zur "Förderung der europäischen Dimension des Sports" und "dabei dessen besondere Merkmale, dessen auf freiwilligem Engagement basierende Strukturen sowie dessen soziale und pädagogische Funktion" zu berücksichtigen, an. Aber wo freiwilliges Engagement sowie soziale und pädagogische Aspekte gegenüber der Kommerzialisierung zurücktreten, bleibt nur der konsequente Schritt hin zu funktionierendem Wettbewerb. (Sebastian Reiter, 13.3.2024)