Am Automarkt vollzog sich 2023 eine bemerkenswerte Wende: Erstmals machten Fahrzeuge mit alternativen Antrieben fast die Hälfte aller Neuzulassungen aus. 47.621 der insgesamt 239.150 neu zugelassenen Pkws waren reine E-Autos. Es war das erste Mal, dass mehr Stromer als Pkws mit Dieselantrieb neu auf die Straßen kamen. Ein sattes Plus gab es auch bei den Pkws mit Hybridantrieb.

Zwei Autos an einer Stromtankstelle.
Gut 155.000 rein batterieelektrisch betriebene Autos kurven mittlerweile auf Österreichs Straßen herum.
IMAGO/Michael Gstettenbauer

Die Wende weg von Fossilen hin zur E-Mobilität ist trotz aller Bedenken nicht aufzuhalten. Gut 155.000 rein batterieelektrisch betriebene Autos kurven mittlerweile auf Österreichs Straßen herum. Ein grüner Hauch im Meer der Millionen Verbrenner. Aber einer, der sich stetig verdichtet.

Das schlägt sich naturgemäß auch am Gebrauchtwagenmarkt nieder. In Österreich sei das Angebot an gebrauchten E-Fahrzeugen seit September 2020 um 100 Prozent gestiegen, berichtete das Onlineportal Autoscout 24 im vergangenen Oktober. Rund 10.000 elektrische und 8500 Hybrid-Fahrzeuge unter den 145.000 inserierten Gebrauchten zählt Willhaben, ebenfalls ein beliebter Onlinemarktplatz für Autos. Die Plattform verzeichnete von 2022 auf 2023 einen Anstieg bei E-Autos und Hybriden bei den Inseraten von 60 Prozent, im Privatanzeigenbereich hätten sich die Anzeigen sogar verdoppelt.

Angebot und Nachfrage

Nicht überraschend: Mit dem steigenden Angebot an neuen Modellen wächst auch die Zahl der verfügbaren Gebrauchten. Aber gibt es Abnehmer in Zeiten gestiegener Lebenshaltungskosten? Sie dürften mit ein Grund sein, dass der Gebrauchtwagenmarkt insgesamt stagniert. Das Angebot ist laut den jüngsten Daten von Eurotax vom Dezember etwa bei zwei- bis vierjährigen Fahrzeugen leicht gestiegen, die Nachfrage hingegen ist leicht gesunken.

Ein Nissan Leaf
Ein neueres Modell des Nissan Leaf. 2010 kam der Nissan Leaf als einer der ersten Stromer.
AP

Eines lässt sich aus diesen Daten ebenfalls ablesen: Bei den Gebrauchten verkaufen sich Diesel mit durchschnittlich 64 Tagen am schnellsten, gefolgt von Benzinern (67 Tage). Erst dann kommen die Stromer. Sind gebrauchte E-Autos also Ladenhüter? Nein, sagt Klaus Edelsbrunner. Der Autohändler und WKO-Funktionär beobachtet aber auch, dass der Aufwand, sie zu verkaufen, höher sei. "Man muss den Leuten erklären, dass die Batterien meist lange Werksgarantien – in der Regel acht Jahre – haben." Eine Kaufzurückhaltung spüre er schon.

Dabei gibt es, was die Preise, die sich nach dem sogenannten Restwert richten, betrifft, eine gute und eine weniger gute Nachricht. Die weniger gute betrifft die Verkäufer. Der Wertverlust vor allem bei älteren batteriebetriebenen E-Autos ist am höchsten. Der sogenannte Restwert (also Eintauschwert) ist bei dreijährigen Pkws mit 46,7 Prozent am niedrigsten. Zum Vergleich: Den höchsten Wert haben Hybridfahrzeuge mit 56,1 Prozent, gefolgt von Benzinern (55,4 Prozent), Dieselfahrzeugen (51,4 Prozent) und Plug-in-Hybriden (50,2 Prozent).

Wertverlust

E-Autos haben mehr an Wert verloren als Diesel und Benziner, sagt auch Branchenvertreter Edelsbrunner. Was umgekehrt für Kaufwillige erfreulich ist. Es gibt schon Gebrauchte mit wenigen Jahren auf dem Buckel um unter 10.000 Euro.

"Die Werte sind an die Realität herangeführt worden", sagt Christian Klejna, Technikexperte beim ÖAMTC. Was er damit meint: Das Argument, das vor wenigen Jahren noch galt – der Wertverlust bei den Stromern sei geringer als beim Benziner und beim Diesel –, stimmt nicht mehr. Purzeln nun die Preise? Das auch wieder nicht – zumindest nicht so schnell, wie sich das wohl Konsumenten und Konsumentinnen wünschen würden.

Ein BMW i3
Auch BMW zählte mit dem i3 zu den E-Autopionieren.
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Autoscout 24 hatte im Herbst darauf verwiesen, dass zwar der Durchschnittspreis der gebrauchten Stromer von Juli 2022 auf Juli 2023 um 20 Prozent gesunken sei. Die Preise in Österreich blieben aber verglichen mit anderen Staaten in Europa mit durchschnittlich 40.989 Euro eher hoch. Am günstigsten waren demnach gebrauchte E-Autos mit durchschnittlich 31.478 Euro in Italien. Bei Willhaben verzeichnet man nach dem Pandemiehoch allenfalls eine leichte Entspannung. Tendenziell koste ein Gebrauchtwagen im Segment Elektro/Hybrid heute im Schnitt um fünf Prozent weniger als vor einem Jahr. Dass die Autos dann tatsächlich um den inserierten Preis verkauft werden, ist damit natürlich nicht gesagt.

Für ÖAMTC-Techniker Klejna spricht jedenfalls nichts dagegen, sich einen Gebrauchten zuzulegen. Was die Alterung der Batterie betrifft, so verweist er auf Werksgarantie und Ankaufstest. In Sachen Wertverlust sei das Risiko nicht höher als beim Verbrenner.

Eine Grafik zeigt, dass bei Europas Autobauern der Anteil großer E-Automodelle jenen der Kleinwagen überwiegt.
Fehlende günstige E-Autos für die Massen

Ein Faktor, der in der Debatte über die Preise oft eine untergeordnete Rolle spielt, ist Größe und Leistungsfähigkeit der Stromer. Nicht nur bei den neuen, auch bei den gebrauchten sind leistungsstarke Teslas begehrt.

Kleine Autos fehlen

Die europäischen Autohersteller können bei E-Autos die Nachfrage im Kleinwagensegment gar nicht bedienen, zeigt eine neue Analyse von Transport & Environment (T&E), einer europäischen Dachorganisation, die für nachhaltigen Verkehr lobbyiert. Nur 17 Prozent aller in Europa verkauften E-Autos waren 2023 günstige Kleinwagen, bei neuen Verbrennern lag der Anteil bei 37 Prozent (siehe Grafik). Demnach haben Europas Autobauer zwischen 2018 und 2023 nur 40 kleinere, vollelektrische Modelle (Segment A und B) auf den Markt gebracht, verglichen mit 66 großen und luxuriösen Modellen (D und E). Gut möglich, dass sich das mit dem Vorstoß chinesischer Anbieter in Europa ändert. Denn ein Argument gilt auch für Gebrauchte, sagt ÖAMTC-Mann Klenja: "Die Teile sind zum Beispiel bei einem Tesla auch teuer – wegen der Sensorik." (Regina Bruckner, 18.2.2024)