Palmers kommt nicht zur Ruhe. Seit 110 Jahren erlebt der österreichische Wäschekonzern eine wechselvolle Geschichte. Seit gut neun Jahren ziehen die Brüder Wieser und Matvei Hutmann als Eigentümer die Fäden. Ihre Familien halten jeweils die Hälfte der Anteile an der Handelskette – Hutmann über eine Stiftung in Liechtenstein.

Palmers blickt in Österreich auf eine mehr als 110 Jahre lange Geschichte zurück. Sie bleibt wechselvoll.
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In diesen Wochen wird bei der Palmers Textil AG intern kräftig umgerührt. Der Aufsichtsrat des Unternehmens hat sowohl Tino Wieser als auch Luca Wieser sowie Matvei Hutmann mit Wirkung Ende Jänner als Vorstandsmitglieder abberufen, erfuhr DER STANDARD. Das bestätigt ein Antrag, der jüngst im Firmenbuch veröffentlicht wurde.

Im selbigen Beschluss bestellte der Aufsichtsrat Kristian Radosavljevic als neuen Vorstand. Radosavljevic, der sich zuvor in der Investmentbranche rund um Immobilien selbstständig machte, teilt sich die Geschäftsführung künftig mit Janis Jung. Dieser ist seit August bei Palmers. Davor gründete er eine Infoplattform für ästhetische Medizin.

Hutmann sowie Luca und Tino Wieser seien auf eigenen Wunsch hin als geschäftsführende Gesellschafter in die Holding gewechselt, um sich um die Beteiligungen der Eigentümerfamilien zu kümmern, heißt es in der Konzernzentrale auf Nachfrage. Sie seien "nicht abberufen" worden.

Rote Zahlen

Palmers ist im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/2023 in die Verlustzone gerutscht. Die Bilanz weist einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 4,48 Millionen Euro aus. In den fünf Jahren davor verbuchte der Konzern nur in zwei Jahren schwarze Zahlen.

Zum zweiten Mal in Folge ist der Cashflow negativ. Die Umsätze sanken um drei auf 71,5 Millionen Euro. Auf die Verluste angesprochen, verweist Palmers auf Umsatzrückgänge und Mehraufwendungen in der Beschaffung, bedingt durch die allgemeine schwierige wirtschaftliche und politische Entwicklung. Zusätzlich ausgewirkt hätten sich Einmaleffekte aus Wertberichtigungen und Abschreibungen bei Tochterfirmen.

Tochter in Insolvenz

Ende Jänner meldete der Schutzmaskenhersteller Hygiene Austria, eine 100-Prozent-Tochter von Palmers, Insolvenz an. Seine Schulden belaufen sich auf fünf Millionen Euro. Gerichtsprozesse rund um den FFP2-Masken-Skandal sind anhängig.

Eingestellt wurden Ermittlungsverfahren der Europäischen Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung. Hygiene Austria hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Palmers selbst zählt rund 430 Beschäftigte, um 110 weniger als 2021. Sie führen 290 Verkaufsflächen in 16 Ländern, das Gros der Filialen ist in Österreich. Der Konzern ordnete die Schließung nicht rentabler internationaler Standorte an. Investitionen wurden verschoben, mit Hauseigentümern Mietreduktionen verhandelt, Onlinegeschäfte forciert. Dennoch ließen sich negative Effekte durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine, hohe Inflation und verunsicherte Konsumenten im aktuellen Geschäftsjahr 2023/2024 voraussichtlich nicht kompensieren, gibt Palmers im Lagebericht seiner Konzernbilanz zu bedenken.

Harte Konkurrenz

Das Geschäft mit feiner Spitze ist seit vielen Jahren unter Druck. Den Markt dominiert von Italien aus Calzedonia mit Marken wie Intimissimi und Tezenis. Es ist ein Familienimperium mit Milliardenumsätzen.

Von den Niederlanden aus expandiert Hunkemöller. Was im Wettlauf um niedrige Preise und hohe Spannen zählt, sind Menge und Einkaufsmacht.

Kleine Anbieter wie Wolford verbuchen am laufenden Band Verluste. Sie duellieren sich mit Triumph und Huber ebenso wie mit Onlineriesen. Handelsketten wie H&M und Tchibo, Supermärkte und Diskonter reizt die Lingerie nicht weniger. Gekauft wird Unterwäsche meist impulsiv. Zeiten getrübter Konsumlaune werden für die Branche daher regelmäßig zur Belastungsprobe.

Die drei Brüder Wieser, einer verließ die Chefetage 2018, hatten es sich zum Ziel gesetzt, Palmers "aus dem Tiefschlaf wachzuküssen". Sie kehrten zum traditionellen Grün der Marke zurück, versuchten es unter anderem mit dem Verkauf von Accessoires und Dekoration. Wie es mit Palmers weitergeht, wollen die neuen Vorstände in den kommenden Wochen publikmachen.

Sie haben ihre Wohnsitze einem Antrag an das Landesgericht Wiener Neustadt zufolge in die Palmersstraße in Wiener Neudorf verlegt, wo offenbar schon ein Teil der Aufsichtsräte und eine Prokuristin leben. Es sei eine Geschäftsadresse, klärt man bei Palmers auf. Behördliche Schriftstücke ließen sich damit dem Management ohne Zeitverzögerung direkt zustellen. (Verena Kainrath, 16.2.2024)