"Ich werde heute ganz ohne Hitlervergleich auskommen", verspricht TV-Satiriker Jan Böhmermann, und natürlich mag ihm das nicht gelingen in einem ganz Österreich und der FPÖ gewidmeten Ausgabe des "ZDF Magazin Royale" am Freitagabend. Es wird ein wilder Ritt durch eine Vielzahl von FPÖ-Skandalen von Liederbuchaffäre und dem bald folgenden Polizei-Sturm des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter Innenminister Herbert Kickl, Berührungspunkte mit Identitären, Hitlergrüße und anderen extrem rechte Einzelfälle freiheitlicher Funktionsträger. Bis Böhmermann schließlich die FPÖ-Hymne "Immer wieder Österreich" neu interpretiert - irgendwo zwischen Andreas Gabalier und John Otti.

"Herbert befiehl, wir folgen dir": Jan Böhmermanns Version der FPÖ-Hymne "Immer wieder Österreich".
ZDF Magazin Royale Screenshot

"Streck den Arm für unser Österreich"

"Dieses Liad ist füa des Land, des geil wird, wenn’s vergisst, was es früher einmal woa und was es morgen wieder ist!", singt Böhmermann da: "So lang der Russ’ uns schoaf find, wird Österreich allein das neutralste größte Reich in Osteuropa sein! Host du auch a Gedächtnis wie’s Goldfischerl im Teich, dann machs no amoi und streck den Arm für unser Österreich." Im Refrain "Immer wieder Österreich" reimt sich "für immer und ewig" auf: "Weil wir waren's eh nicht".

"I schlog wen tot für Rot-Weiß-Rot - I bin a echter Patriot! Hulapalu - und was bist du?", beginnt die zweite Strophe: "Freiheit das Ziel, Sieg das Panier! Herbert befiehl, wir folgen dir!"

Kickl möge etwa den Weidezaun unter Strom setzen, die Österreicher würden dann daran - autsch - immer wieder ihr Geschäft verrichten, vorgetragen in deutlich derberem Dialektausdruck. Mit einem anderen, noch etwas derberen Dialektausdruck beginnt die Hymne, wohl um zu illustrieren, wie "geil" das Land ist auf seine, sagen wir: Neigungen. In einem Ausschnitt spricht ja auch Kickl in einer Rede davon "wie schön, ja wie geil" eine "solche Unterstützung der Bevölkerung" sei, und von einer "positiven Gänsehaut".

Der andere "Volkskanzler"

Bevor Böhmermann zur Hymne anhebt, hat er etwa auf die Ivermectin-Empfehlung gegen Corona hingewiesen: "Kein einziger Wurm in Österreich ist jemals an Long Covid erkrankt." Er hat mit Foto daran erinnert, dass Adolf Hitler sich Volkskanzler genannt habe, "bis er wollte, dass ihn alle Führer nennen". Aber: "Nur weil jemand wie Goebbels spricht, ist er ja nicht gleich Hitler. Adolf Hitler und Herbert Kickl haben miteinander nichts zu tun", sagt Böhmermann und zählt ein paar – sagen wir: äußerliche – Unterschiede auf.

Der TV-Satiriker erinnert an Kickls Aussage, dass das Recht der Politik zu folgen habe und nicht die Politik dem Recht: "Ist das nicht das Gegenteil der Definition eines Rechtsstaats?"

Im Gegensatz zu Deutschland, wo nach einem von der Rechercheplattform "Correctiv" aufgedeckten Geheimtreffen mit dem österreichischen Identitären Martin S., viele hunderttausend Menschen gegen Rechtsextremismus demonstrierten, sei "Remigration" in Österreich Parteilinie der FPÖ. Und das, obwohl im Verfassungsbericht 2022 "Bevölkerungsaustausch", "Great Reset" und "Remigration" als "Angriff auf bestehende liberal-demokratische und rechtsstaatliche Strukturen" benannt werden.

"Herbert Kickl kann doch kein Verfassungsgefährder sein": Jan Böhmermann nahm sich Freitagabend die FPÖ und ihren Chef vor.
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Anfrage beim Innenministerium

Das "ZDF Magazin Royale" fragte laut Böhmermann also beim österreichischen Innenministerium an, ob der Verfassungsschutz die Freiheitlichen also beobachte. Antwort: "Wir bitten um Verständnis, dass wir auf Ihre Fragen aus ermittlungstaktischen und datenschutzrechtlichen Gründen nicht konkret eingehen können." Böhmermann: "In Österreich werden erst die Daten geschützt und dann die Verfassung."

Böhmermann verweist auf die Spende des späteren Attentäters von Christchurch an die Identitären und dessen schriftlichen Kontakt mit Martin S., der 41 Minuten vor einer Hausdurchsuchung seine Mails löschte und auf den die Polizei vor der Durchsuchung geduldig zwölf Minuten vor der Tür wartete. Böhmermann erzählt von Wertschätzung des Attentäters von Utoya für die österreichischen Freiheitlichen. Und er verweist auf unzählige Schlagzeilen über Hitlergrüße, Kennzeichnung von Juden, gepostete Hakenkreuze und Weihnachtsgrüße mit NS-Propaganda, Festakte für SS-Brigadeführer, "konzentrierte" Orte für Flüchtlinge.

Die Nazikeule

"Wenn man Nazis an die Macht lässt, machen sie Nazisachen, würde ich jetzt sagen, wenn mir (CDU-Chef) Friedrich Merz nicht die Nazikeule verboten hätte", zieht Böhmermann eine satirische Schleife zur "Neuen Zürcher Zeitung", die zur Entzauberung oder Deradikalisierung der AfD in Deutschland eine Regierungsbeteiligung empfohlen hat: "Kickl wird sich sicher in der österreichischen Bundesregierung entradikalisieren. Und wenn der Herbert nach zwölf Jahren 1000jährigem Österreich entzaubert wird, weil er wider Erwarten doch Nazisachen macht, dann übernehmen ja die vernünftigen Kräfte in der FPÖ."

"Wir Österreicher werden schon rechtzeitig merken, wenn unsere Freiheit, unser Rechtsstaat und unsere Demokratie in Gefahr sind", beteuert Böhmermann: "Macht euch keine Sorgen, wir merken das." (fid, 17.2.2024)