Das Bild zeigt Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler
Die österreichische Verfassungsministerin zog eine Zwischenbilanz zu einem Schwerpunkt der Münchner Sicherheitskonferenz.
APA/ROLAND SCHLAGER

Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist davon überzeugt, dass sich Künstliche Intelligenz (KI) gesetzlich regulieren lässt, ohne dass die EU-Staaten bei Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in diesem Feld hinter die USA oder China zurückfallen.

Edtstadler widmete sich am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz schwerpunktmäßig diesem Thema und hielt in einer Zwischenbilanz am Samstag fest: "Künstliche Intelligenz ist eine sehr einflussreiche Technologie, die unser Leben sicher verändert. Wir müssen uns aber auch die Risiken anschauen", resümierte sie. Diese Risiken müssten auch den Usern offengelegt werden, forderte die Ministerin. Jedenfalls: "Wenn wir den Tech-Firmen alle Freiheiten lassen, könnte sich das rächen."

Als Beispiel für ihren Ansatz nannte Edtstadler ChatGPT: Noch vor ein paar Monaten hätten "nur wenige davon gewusst, was es ist, jetzt verwenden es viele". Allerdings "kann man sich nicht darauf verlassen, dass da die richtigen Fakten rauskommen".

Hoffen auf globale Einsicht

Die Entwicklung positiver KI-Anwendungen in der Medizin oder im Kampf gegen den Klimawandel dürfe nicht gehemmt werden. Wenn es aber um Desinformation, Kriegswaffen oder das in China betriebene "Sozialkreditsystem", bei dem die Behörden durch Massenüberwachung der Bevölkerung und einem Belohnungs- bzw. Bestrafungssystem ein von der Staatsmacht gewünschtes Verhalten der Menschen generieren, geht, braucht es laut Edtstadler gesetzliche Grenzen. Auf EU-Ebene sind solche Grenzen mit dem "AI Act" (Verordnung über die Regulierung der Künstlichen Intelligenz) erstmals weltweit geplant.

Während in den liberalen USA derzeit rasant in die KI investiert wird und für das autoritäre China menschenrechtliche Gesichtspunkte wohl kaum zum Tragen kommen, hofft Edtstadler, dass auch auf UNO-Ebene "ein paar Eckpunkte" zur Regulierung der Technologie, mit deren Hilfe Maschinen intelligent gemacht werden sollen, vereinbart werden können. Das sei aber ein "long way to go", gab sich die ÖVP-Politikerin in einem Pressegespräch keinen Illusionen hin.

Gemäß ihrem Credo: Innovation zwar fördern, aber Grundrechte verankern sowie den Überblick über die Risiken bewahren und Risiken transparent machen, "werden wir vielleicht immer wieder (bei Innovation und Wettbewerb, Anm.) hinterher hinken. Aber: "Wir müssen zu einem Internet kommen, das wir wollen."

Politik gefordert

Aus der Sicht von EU-Justizkommissarin Vera Jourová tragen nicht nur die Tech-Firmen und ihre Plattformen Verantwortung für KI-Anwendungen, die zur Desinformation der Massen genutzt werden. In der Pflicht stünden auch die Regierenden, die traditionellen Medien und jeder einzelne User. "Wir wollen zu richtigen Fakten kommen. (...) Wir wollen zu einer sicheren Künstlichen Intelligenz kommen", versicherte sie und verwies auf den vorgelegten Entwurf zum AI Act der EU. Dass Regierungen oder Behörden festlegen, "das ist die Wahrheit und das ist falsch", könne jedenfalls nicht angehen.

Die estnische Ex-Präsidentin Kersti Kaljulaid schlug in einem anderem Panel zur KI auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor, die gleiche Strategie umzusetzen, wie jene im Kalten Krieg zur Verhinderung eines Wildwuchses an Kernwaffen. Damit stieß sie ins selbe Horn wie Edtstadler mit ihren "Eckpunkten" auf UNO-Ebene: Ende der 1960er Jahre hatten einige Atommächte selbst den Atomwaffensperrvertrag (NPT) initiiert. Die meisten Staaten der Welt traten bei, die wenigen, die nicht unterzeichneten, erlangten später allerdings nukleare Kampfkapazitäten. In Umlegung von Kaljulaids Vorschlag auf die KI müssten also allen voran die Rivalen USA und China die Initiative ergreifen - trotz ihres angespannten Verhältnisses. (APA, red, 18.2.2024)