Der 71-jährige Italo D., wegen seiner Präzision in der Römer Unterwelt "il tedesco" (der Deutsche) genannt, hat seit mehreren Jahren Probleme mit der Prostata und leidet an Altersdiabetes. Aber das hielt ihn nicht davon ab, weiterhin seiner angestammten beruflichen Tätigkeit nachzugehen: Er beging auch im Pensionsalter immer wieder Raubüberfälle, mit Vorliebe in Postbüros. Den letzten Coup landete er im vergangenen Mai in einer Post in der Nähe der berühmten Via Appia Antica; er und seine Komplizen – der eine ist 68, der andere 77 – erbeuteten dabei laut Polizeiangaben rund 200.000 Euro. Zwei weitere Überfälle im gleichen Jahr scheiterten. Das Pensionistentrio ist am vergangenen Freitag festgenommen worden. Verhaftet wurden außerdem zwei jüngere Komplizen.

"Respekterheischendes Vorstrafenregister"

Die drei Ganoven sind der Polizei seit den Siebzigerjahren bekannt, waren unzählige Male verhaftet worden und verbrachten einen beträchtlichen Teil ihres Lebens hinter Gittern. Alle verfügen über ein "respekterheischendes Vorstrafenregister", schrieb das Römer Nachrichtenportal "Roma Today" am Wochenende ironisch. Der berühmteste unter ihnen ist zweifellos Italo D.: Er wurde schon 1971 – also vor 53 Jahren – zum ersten Mal wegen Diebstählen und Überfällen verhaftet. Zur Legende in der Römer Unterwelt – und bei der Polizei – wurde "der Deutsche" 1995, als er mitten im historischen Zentrum von Rom, an der Piazza di Spagna mit der prächtigen Spanischen Treppe, eine Bank überfiel und dabei 15 Geiseln nahm. Einer seiner damaligen Komplizen war Mitglied der Banda della Magliana, eines berüchtigten Römer Verbrechersyndikats, gewesen.

Ein Coup bei der Spanischen Treppe machte Italo D. zur Legende.
IMAGO/Massimo Valicchia

"Maurer" durchbrechen Wand zur Postfiliale

Auch Italo D.s Pensionistenkollegen sind seit Jahrzehnten kriminell, aber das Trio arbeitete erst seit einigen Jahren in der jetzigen Besetzung zusammen. Als Basis diente ihnen eine Familienbar in Centocelle, einem Quartier im Osten der Stadt. Dort konnten die älteren Herren in Ruhe ihre nächsten Coups planen, ohne zu telefonieren und dabei abgehört zu werden. Das Vorgehen bei den Überfällen war meist dasselbe: Der Älteste des Trios, der 77-jährige Raniero P., fertigte Schlüsselkopien von Hintereingängen der Gebäude an, in denen sich das ins Visier genommene Postbüro befand. Italo D. und der 68-jährige Sandro B. drangen dann problemlos in das Gebäude ein – und die zwei jüngeren Komplizen, die sie "die Maurer" nannten, schlugen in der Nacht von einem Nebenraum aus ein Loch in die Mauer, durch das sie direkt in die Postfiliale eindringen konnten. So befanden sich die Räuber im Rücken der Schalterbeamten, konnten den Überraschungseffekt nutzen, sich das Geld holen – und auf dem gleichen Weg wieder verschwinden, auf dem sie gekommen waren.

Dass "der Deutsche" bei den Überfällen seinen Opfern nie ein Haar gekrümmt hat, brachte ihm in den Medien eine gewisse Sympathie ein. Auch im Pensionsalter habe er seine Coups minutiös geplant, die Tatorte sorgfältig ausgekundschaftet und die Aktionen präzise und kaltblütig ausgeführt, schrieb der "Corriere della Sera" fast bewundernd. Es sei eben "eine Konstante in Rom, dass die alten Ganoven nie in Pension gehen". Auch die Polizei würdigte indirekt die langen kriminellen Karrieren: Die Verhaftung des Trios erfolgte unter dem Decknamen Vecchie Glorie, alte Glorien. (Dominik Straub aus Rom, 19.2.2024)