Nguyen: "Wir haben zu wenig Wissenschaft in der Politik."
Youtube "maiLab"

In einem Youtube-Video hat die Wissenschaftsjournalistin und TV-Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim am vergangenen Dienstag mit einer Diagnose zum Zustand der deutschen Politik aufhorchen lassen. Ein Mangel an Wissenschaftlichkeit und ein Hang zu populistischen Strategien ließen die deutschen Parteien unzureichend auf die aktuellen Krisen antworten, erklärte sie darin. Am Sonntagabend löste die promovierte Chemikerin nun nach fast einer Woche Funkstille in einem neuerlichen Video das Rätsel auf: "Nur damit es klar ist: Ich gehe nicht in die Politik." Die neuste Folge ihres TV-Format "Maithink X" zum Thema "Wie populistische Politiker uns verarschen" solle Klarheit bringen.

Warum die eigentlich eher zahme Wissenschaftssendung einen Stunt in Böhmermann-Manier plante, beantwortet die Wissenschaftsjournalistin so: "Warum haben wir das alles gemacht? Nicht nur für die Aufmerksamkeit, sondern auch weil wir zeigen wollten, wie anfällig wir alle für Populismus sind." Nach eigener Aussage bediente sie sich im Video selbst an diesen populistischen Strategien. Weiters erklärte sie, dass sie sich ganz aufrichtig für die Aktion entschuldige. "Ich brauchte halt irgendeinen plausiblen Vorwand, um Populismus zu demonstrieren."

Publicity für "Maithink X"

Die auf Youtube abrufbare Folge beschäftigt sich mit diversen Strategien, die Populisten im politischen Diskurs anwenden. Von bekannteren rhetorischen Fallen wie dem "Strohmann"-Argument über schlichte persönliche Angriffe bis zu der anonymeren "Motte and Bailey"-Argumentation werden einige in der Sendung vorgestellt. Bei dieser werden zuerst polarisierende oder sogar hetzerische Aussagen auf dem Burghof, also "Bailey", getätigt, bis sie mit der abgeschwächten Versionen desselben Arguments im sicheren Burgturm, "Motte", verteidigt werden. Als Service werden auf der Website "Populismus Online" passend zur Sendung kurze Erklärungen zu den populistischen Argumentationsstrategien geliefert, die herauskopiert und in Diskussionen genutzt werden können.

So werden wir von der Politik ver*rscht
maiLab

Abschließend wirft sie einen Blick auf die Rezeption verschiedenster Medien, Politiker, aber auch ihrer eigenen Community und sozialer Medien wie Reddit. Sie bewundert die Skepsis, die ihr die eigene Community entgegengebracht habe, und betrachtet die Bereitwilligkeit, mit der politische Vertreter an sie herangetreten sind, argwöhnisch. Das Internet hat ihrer Meinung nach einen kritischeren Blick auf das eigentlich aussagenlose Video geworfen als die Politik. Zu guter Letzt wirft sie einen Sendungshinweis für "Maithink X" ein und verspricht sogar, steppzutanzen – nur nicht auf politischem Parkett. (red, 19.2.2024)