Wer sich in diesen Tagen und Wochen mit dem Coronavirus infiziert und ein erhöhtes Risiko hat, massiv zu erkranken, dürfte keine Probleme haben, in einer Apotheke an das antivirale Mittel Paxlovid zu gelangen. Es ist genug davon vorhanden, und es wird seit Februar wie die meisten Medikamente über die Krankenkassen abgerechnet.

Das Corona-Medikament Paxlovid aufgenommen am Dienstag, 23. Jänner 2024, bei der Firma Herba Chemosan in Wien
Im Einkauf nicht billig – für Covid-19-Erkrankte in Österreich auf Kassenkosten gratis: das Medikament Paxlovid.
APA/HELMUT FOHRINGER

Vor bald drei Monaten war das völlig anders. In den ersten Dezemberwochen war Paxlovid in etlichen Apotheken vergriffen. Mitten in der bisher größten Corona-Welle, die aufgrund größerer Immunität in der Bevölkerung zum Glück nicht so tödlich war wie vorhergegangene Wellen, fehlte es in Österreich an dem einzigen wirksamen Pharmazeutikum gegen Covid-19.

Lindner (SPÖ) spricht von "Kontrollversagen"

Wie konnte das geschehen? Wie ist zu erklären, dass das Gesundheitsministerium, das damals für das Paxlovid-Monitoring und -Reporting zuständig war, von dem Mangel überrascht wurde? Zwei Anfragebeantwortungen von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) an den SPÖ-Nationalratsabgeordneten Mario Lindner sollten hier Aufschluss geben. Doch der Minister äußert sich recht karg – für Lindner ein weiterer Ausdruck eines "Kontrollversagens des Gesundheitsministeriums".

Anfang Dezember waren es Fachleute gewesen, die die Medien auf das Paxlovid-Problem hinwiesen. Aus dem Ministerium selbst waren keine Warnungen gekommen – obwohl dort laut Anfragebeantwortung bereits "am 29.11.2023 über den Großhandel" eine Meldung über einen "möglicherweise drohenden Engpass" einging.

Diesen Mangel konnte man im Ministerium zu diesem Zeitpunkt aber nicht nachvollziehen: "Dem Monitoring- und Reportingsystem zufolge sollte per 30. Dezember noch ein ausreichender Bestand an Paxlovid vorhanden sein", schreibt der Minister.

Weiter auf Fehlersuche

Wie konnte es zu einer solchen Diskrepanz kommen? Das kann Rauch auch im Februar 2024 noch nicht sagen. Aufschluss und Kontrolle der Paxlovid-Restbestände seien Aufgabe des Großhandels und der Apothekerkammer gewesen, antwortet er.

Der Frage, ob damals vielleicht größere Mengen des Mittels in dunkle Kanäle verschwanden, weicht er aus: Auf Fehlersuche sei man nach wie vor, die monatlichen Abgabezahlen des Medikaments pro Apotheke würden immer noch analysiert.

Johannes Rauch, Gesundheitsminister (Grüne)
Ist mit der Überprüfung der Apothekenunterlagen noch nicht fertig: Minister Rauch.
IMAGO

Keine genaue Erklärung für die damaligen Ereignisse hat auch Markus Zeitlinger, Internist und klinischer Pharmakologe an der Med-Uni Wien. Aber er hat eine Vermutung. Die Nachfrage nach den damals in einer ersten Charge eingekauften 180.000 Packungen Paxlovid sei in Österreich bis weit in den vergangenen Herbst hinein gering gewesen, sagt er. Daher seien Hamsterkäufe wohl eher nicht für den Mangel verantwortlich.

Vertraulicher Vertrag mit Pfizer

Ein Einbruch in einem Großhandelslager wiederum wäre wohl gemeldet worden. "Was ich mir eher vorstellen könnte, ist ein Logistikproblem. Vielleicht hat jemand schlicht beim Eintragen in eine Liste einen Fehler gemacht."

Bedeckt hält sich Minister Rauch in der Anfragebeantwortung auch zu Details über den Zusatzkauf von 18.000 Packungen Paxlovid bei der Firma Pfizer vergangenen Dezember, mit denen der Mangel letztlich behoben wurde. Zu den Kosten der Aktion hüllt er sich in Schweigen. "Der genaue Inhalt des Vertrags unterliegt der Vertraulichkeit, zu der sich auch Österreich als Vertragspartner verpflichtet hat. Eine Weitergabe der Information würde rechtliche und und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen", schreibt er.

Verträge in der Pharmabranche würden vielfach als "confidential" gewertet, bestätigt die Konsulentin und Arzneimittelexpertin Christina Nicolodi. Halte sich ein Vertragspartner, auch ein Staat, nicht daran, so drohe eine Klage. Grund dafür sei das Interesse der Firmen, zum Schutz ihres Marktauftritts so wenige Informationen wie möglich zu verbreiten.

Geheimnis um Paxlovid-Preis

Tatsächlich ist der Preis von Paxlovid nicht leicht zu eruieren. Im Medikamenteninformationssystem Medis ist er nicht eingetragen – laut einem Experten recht unüblich. Ein deutsches Pharmaverzeichnis wies für das Anti-Covid-Mittel Mitte Jänner 2024 Kosten von 650 und 1.150 Euro pro Packung aus.

Die Republik Österreich hat dem Vernehmen nach bei beiden Bestellungen weniger als 1.000 Euro pro Packung gezahlt. An heimische Patientinnen und Patienten wird das Anti-Covid 19-Mittel auf Rezept gratis abgegeben. (Irene Brickner, 21.2.2024)