Andy Warhol
"Silver Car Crash (Double Disaster)" von Andy Warhol hat eine Serienhauptrolle.
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Die Prominenz von Kunstwerken als Statussymbol wissen bekanntlich auch Filmproduzenten und Drehbuchautorinnen zu nutzen. Aktuell etwa im Falle der jetzt angelaufenen Serie Mr. & Mrs. Smith (Amazon Prime), die auf dem gleichnamigen Film von Doug Liman aus dem Jahr 2005 basiert. Während Gastauftritte reproduzierter Werke sonst als dekorativer Wandschmuck oft eher beiläufiger Natur bleiben, wird Andy Warhols Silver Car Crash (Double Disaster) in der zweiten Episode eine Hauptrolle zugedacht.

Die zweite Mission führt das als Ehepaar getarnte Agentenpärchen zu einer "stillen Auktion", bei der das High-Society-Publikum einen Abend lang über Smartphones auf unterschiedliche exquisite Objekte bietet. Im Angebot stehen Antiken, Juwelen, Mobiliar, ein wertvolles Fabergé-Ei und auch besagtes Werk von Warhol. Die Aufgabe von Jane (Maya Erskine) und John Smith (Donald Glover, zeitgleich Co-Ideengeber): Sie sollen den Höchstbietenden für das Warhol’sche Großformat ausfindig machen.

Auktionsweltrekord

Das Original stammt aus dem Jahr 1963, als sich der Pop-Art-Künstler fast schon obsessiv mit der menschlichen Sterblichkeit zu befassen begann. Etwa 44 Prozent der Amerikaner besaßen damals ein Auto, das für viele als starkes Symbol für Freiheit, Unabhängigkeit und Fortschritt galt. Zeitgleich fielen jährlich etwas mehr als 40.000 Menschen Autounfällen zum Opfer, also etwa 100 tagtäglich.

Mr. & Mrs. Smith Season 1 - Official Trailer | Prime Video
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Das Auto als Ursache von Zerstörung und als Ikone des Schreckens war das Motiv, worum es Warhol in seiner Death and Disaster-Serie ging. Als Vorlage diente ihm ein dem Nachrichtenklischee "if it bleeds, it leads" folgendes reißerisches Foto eines tödlichen Zusammenstoßes, das im Juni 1963 vom Magazin Newsweek publiziert worden war. Durch den wiederholten, ähnlich einer filmischen Abfolge gestalteten Einsatz entfremdete Warhol das Motiv von seiner eigentlichen Tragödie und löste den unmittelbaren Schrecken in bedeutungslose Vorhersehbarkeit auf. Werke aus dieser Death and Disaster-Serie gelten international als begehrte Raritäten, die in den vergangenen Jahren nachhaltige Zäsuren in der Preisentwicklung für die Bewertung des Warhol-Œuvres bescherten: 2007 erzielte Christie’s für Green Car Crash (Green Burning Car I) stattliche 71,72 Millionen Dollar, ein immerhin sechs Jahre lang währender Auktionsweltrekord für Warhol.

Ziemlich teuer

Abgelöst wurde dieser im November 2013 bei Sotheby’s in New York, als eine seither unbekannt gebliebene Person per Telefon für erwähntes Silver Car Crash (Double Disaster) die Konkurrenz mit 105,44 Millionen Dollar aus dem Feld schlug. Seit Mai 2022 steht in der Realität eine Marilyn mit 195 Millionen Dollar an der Spitze der Auktionsergebnisse für Warhol.

In der komödiantischen Agentenserie ist der von Jane und John Smith als Höchstbieter Identifizierte für den teuersten Serienautounfall der Kunstgeschichte "nur" 106 Millionen Dollar zu zahlen bereit.

Sonderlich lange kann sich der 15-Milliarden-Dollar schwere Immobilientycoon (John Turturro) allerdings an seiner Trophäe nicht erfreuen – denn der Auftrag läuft etwas aus dem Ruder, als ihm das Agentenpärchen im Übereifer in einer Rangelei die doppelte Dosis eines Wahrheitsserums injiziert und die Mission letztlich scheitert. (Olga Kronsteiner, 22.2.2024)