Galerie, Vienna, City
Die Kunsthistorikerin und Galeristin Ursula Hieke an der Pforte zu ihrem Reich.
Michael Hausenblas

"Hier im Geschäft in der Grünangergasse bin ich seit September 1984, also bereits seit beinahe 40 Jahren. Zuvor war an diesem Ort die Galerie von Heike Curtze untergebracht. Und davor jene berühmte von Kurt Kalb. Einst gab es hier in der Gasse sieben Galerien, die gemeinsam Feste und Vernissagen veranstaltet haben. Jetzt sind es noch drei.

Angefangen hab' ich mit einer Kunsthandlung im neunten Bezirk. Das war 1980. Aber nach drei Jahren wurde mir klar, dass der erste Bezirk das Zentrum für Galerien und Kunsthandel darstellte. Außerdem wurde mir die Location im Neunten zu klein.

Hier verfügen wir über insgesamt 210 Quadratmeter auf zwei Ebenen. Ich führe die Galerie mit zwei Mitarbeiterinnen, eine davon ist meine Tochter. Einen Dackel gibt es auch. Sozusagen als Wachhund. Ich habe Kunstgeschichte und Romanistik studiert und spätestens während des Schreibens meiner Dissertation festgestellt, dass die rein wissenschaftliche Forschungsarbeit, zum Beispiel in einem Museum, nicht so ganz meinen Bedürfnissen entsprach. Ich hatte die Vorstellung, etwas Praktisches mit der Kunst anzufangen. Also hab' ich nach meiner Promotion drei Jahre in einem kleinen Auktionshaus gearbeitet, wo ich alles von der Pike auf lernen durfte.

Start mit einer Nische

Damals, also in den späten 70er-Jahren, waren Biedermeier und Barock noch sehr angesagt. Ich habe recht rasch erkannt, dass österreichische Malerei der Jahrhundertwende, also die Zeit um 1900, nicht so wirklich geschätzt wurde. Selbst Arbeiten von Egon Schiele kosteten damals einen Bruchteil von dem, was sie heute einbringen. Sein Bekanntheitsgrad konnte auch nicht mit dem von heute mithalten. Da dachte ich mir, das wäre doch eine Nische, und mit einer solchen wollte ich starten. Wir sind generell spezialisiert auf österreichische Kunst aus den Jahren 1900 bis 1980. Hauptsächlich Malerei.

Ein grundlegender Unterschied zu früher besteht darin, dass weniger Frequenz in den Galerien herrscht und die Präsenz im Internet stark zugenommen hat. Aber das gilt wohl generell für den Handel. Man muss sich vorstellen: Als ich begonnen habe, stand noch eine Schreibmaschine auf meinem Arbeitstisch. Die Installation des ersten Computers war eine aufregende Angelegenheit. Was uns betrifft, würde ich sagen, dass sich die Leute auf unserer Homepage Appetit holen, sich erkundigen und dann gegebenenfalls vorbeischauen.

Galerie, Vienna, City
Das Hauptaugenmerk im Portfolio der Kunsthandlung liegt auf der Klassischen Moderne.
Michael Hausenblas

Es existierten immer verschiedene Arten von Käuferinnen und Sammlern. Es gab und gibt solche, die ganz konkret nach einem Künstler auf der Suche sind. Interessenten, die nach Motiven Ausschau hielten, wurden mit der Zeit immer rarer. Die gibt's witzigerweise fast nicht mehr. Dann wäre da noch die 'Lust'-Kundschaft, die kauft, was ihr gefällt und zu ihrem Budget passt. Wenn ich so darüber nachdenke, gab es einst mehr spontane Einkäufe. Das liegt wohl unter anderem am größeren Angebot von Galerien und Kunsthandlungen. Es ist schwieriger geworden, den Überblick zu behalten. Also schaut man mal hierhin und mal dahin, bevor man zuschlägt.

Apropos: Preislich liegen wir im Hauptsegment zwischen 5.000, 6.000 und 30.000 Euro. Es gibt aber auch günstigere Arbeiten, meist auf Papier. Und nach oben ist auch Luft.

Analog und digigal

Am meisten Spaß macht mir nach wie vor der Umgang mit der Kunst, die Recherche, die Qualitätsüberprüfung. Ein Bild muss auch mir gefallen. Was mir am wenigsten Spaß macht? Die Bürokratie.

Ich schätze aber auch den Umgang mit den sehr unterschiedlichen Menschen. Es gibt nicht die Sammlerin oder den Sammler. Manche wollen sich stundenlang unterhalten, andere wollen in Ruhe schauen. Am liebsten sind mir die, die ernsthaftes Interesse zeigen. Und natürlich verkaufe ich auch gern etwas. Das versteht sich von selbst. Ich lebe ja davon. Am wenigsten mag ich die Leut', die mir das Gefühl vermitteln, sie pflanzen mich ein bisserl. Auch das kommt vor.

Ich würde nicht sagen, dass früher alles besser war. Warum sollte das so sein? Es ist anders geworden. Manche Dinge waren einfacher. Man musste nicht parallel analog und digital arbeiten. Das Analoge hört ja nicht auf. Ein Buch bleibt ein Buch, ein gedruckter Katalog ist auch nicht wegzudenken. Auf der anderen Seite erspart die digitale Welt Wege und somit Zeit. Früher musste ich ein Foto mit der Post verschicken oder persönlich vorbeibringen. Heute schickt man ein Mail. Gleichzeitig ist alles schnelllebiger geworden, und man hat viel mehr das Gefühl, ständig Neues präsentieren zu müssen, um im Gespräch zu bleiben." (Michael Hausenblas, 25.2.2024)