Es war ein ziemlicher Paukenschlag: Ende November kündigte die ÖVP an, offen für eine Videoübertragung der Untersuchungsausschüsse zu sein. Bis dahin blockierte die Volkspartei eine solche Liveveröffentlichung der parlamentarischen Aufklärungsarbeit, indem sie sie an eine Gesamtreform der Geschäftsordnung für U-Ausschüsse koppelte. Die Grünen, der Koalitionspartner, plädierten bekanntlich schon lange dafür.

Neos sehen "Ankündigungspolitik"

Da demnächst gleich zwei Untersuchungsausschüsse starten, war die Hoffnung groß, dass diese Befragungen bereits von Zuschauern mitverfolgt werden können. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker hielt das im November für "durchaus erreichbar". Danach sieht es nun aber nicht mehr aus. Der Abstimmungsprozess dauert noch an, demnächst sollen Expertinnen und Experten zur Klärung wichtiger Fragen gehört werden.

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Wie Untersuchungsausschüsse künftig live übertragen werden, wird noch verhandelt. Wo sie stattfinden, ist fix: im neu sanierten Parlament im nach dem Physiker Erwin Schrödingerbenannten Lokal 1. An der Wand sind die Worte Demokratie und Parlament in einer Arbeit von Heimo Zobernig in einem Schriftzug ineinander verschränkt.
Heribert Corn

Yannick Shetty, Neos-Fraktionsführer im U-Ausschuss, sieht eine Verzögerungstaktik und "türkis-grüne Ankündigungspolitik". Von der ÖVP habe er sich nichts anderes erwartet, bei den Grünen sei es allerdings anders.

Welche Fragen geklärt werden müssen

In den anderen Fraktionen kann man die scharfe Kritik des Pinken teils nicht nachvollziehen. Dem Vernehmen nach sei von Anfang an klar gewesen, dass es sich für die beiden im Frühjahr stattfindenden Ausschüsse nicht ausgehen werde. Die Materie sei komplex. Vor allem die Frage, anhand welcher Kriterien unterschieden werden soll, welche Auskunftspersonen gezeigt werden, beschäftigt die Fraktionsvertreter. Es gehe aber auch um technische Fragen, etwa wie die Übertragung konkret aussehen soll: ein Stream, auf den Medienhäuser dann zurückgreifen können? Soll es eine zeitliche Verzögerung geben? Und: Wie soll die neue Regelung im Gesetz gefasst werden? Breiter oder schon sehr eng inklusive der Definition, wer wann als öffentlichkeitsrelevant gilt?

Welche Antworten es gibt

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger sagte diese Woche, es brauche "eine saubere Legistik", die ÖVP sei aber nach wie vor für eine Übertragung. Die Frage, wer eine öffentlich exponierte Person sei und wer darüber entscheide, sei keine komplexe, meint Nikolaus Scherak, der für die Neos im Geschäftsordnungsausschuss sitzt. In dem Ausschuss werden die neuen Regeln verhandelt. Scherak könne sich vorstellen, dass sich Personen, die selbst der Meinung sind, nicht öffentlich exponiert zu sein, an eine bestimmte Stelle wenden können. Kai Jan Krainer von der SPÖ denkt eine andere Möglichkeit an, nämlich dass Medien die Entscheidung überlassen wird, wer verpixelt oder anderweitig unkenntlich gemacht wird und wer nicht. Die FPÖ plädiert wiederum für eine Vorabfestlegung, wessen Persönlichkeitsrechte geschützt werden müssen. Diese Verantwortung könne nicht den Medien überlassen werden.

Grüne sehen keine Verzögerung

Agnes Sirkka Prammer, für die Grünen im Ausschuss, ist jedenfalls nach wie vor guter Dinge. Ja, man habe sich natürlich gewünscht, dass die Frühjahrsausschüsse übertragen werden. Aber die ÖVP sei eben erst seit kurzem bereit. Dass nun eine Zwischenrunde mit Expertinnen und Experten stattfinde, sei sinnvoll, weil es um wichtige Details gehe. Prammer habe in den Sitzungen nicht das Gefühl gehabt, dass eine Fraktion verzögere, die Diskussionen seien sehr sachlich. "Natürlich – die Vorstellungen sind teilweise andere, aber das ist eben so in der Politik. Zusammenfinden wird man, denke ich, trotzdem." Für die Grünen laute das Ziel, jedenfalls in dieser Legislaturperiode noch eine Regelung zustande zu bringen, sodass kommende Ausschüsse für die Öffentlichkeit übertragen werden können.

Volksbegehren zum Thema

Das entspricht auch dem Wunsch zahlreicher Bürgerinnen und Bürger: 102.755 Personen haben ein Volksbegehren für eine Übertragung von U-Ausschüssen unterzeichnet. Das Volksbegehren wurde diese Woche im Geschäftsordnungsausschuss behandelt. Die Initiatoren des Volksbegehrens konnten an den Beratungen nicht teilnehmen, da die Sitzung sehr kurzfristig einberufen wurde. Sie haben nun die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Ausschussbericht abzugeben. Abschließend wird sich das Plenum des Nationalrats noch einmal mit dem Volksbegehren beschäftigen.

Shetty überzeugt die grüne Verteidigung nicht. "Wenn der politische Wille da wäre, wäre es sich in dieser Zeit locker ausgegangen, die neuen Regelungen zu beschließen." Bei der ÖVP mache es den Anschein, als habe sie ihre Haltung zu den TV-Übertragungen eben doch nicht geändert. "Und die Grünen blockieren zwar nicht. Es kommt aber auch null Druck." (Lara Hagen, 23.2.2024)