Starkregen in Kalifornien Anfang Februar.
Starkregen in Kalifornien Anfang Februar.
GETTY IMAGES NORTH AMERICA/MARIO TAMA

Es ist eine einfache physikalische Regel aus dem 19. Jahrhundert, die das Phänomen erklärt: Ein Grad Erwärmung sorgt für sieben Prozent mehr Wasserdampf. Dies fanden die Physiker Émile Clapeyron und Rudolf Clausius ab 1834 heraus. Heute erklärt uns die Gesetzmäßigkeit, weshalb die globale Erhitzung zu mehr Starkregenereignissen führt. Wenn es wärmer wird und die Luft daher mehr Wasser aufnehmen kann, dann kann auch mehr als Regen herunterkommen.

Das fließt neben anderen Einflussfaktoren auch in Klimamodelle mit ein. Zwei aktuelle Studien zeigen, was das bedeuten kann – und zeigen auch skurrile und scheinbar widersprüchliche Trends auf.

Ein Forschungsteam des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg erstellte ein neues Klimamodell für die Tropen. Dort gibt es zwei Trends: Einerseits entstehen bei höheren Temperaturen tendenziell mehr Wolkencluster, Wolken ballen sich also stärker zusammen. "Dann regnet es länger, sodass die Gesamtmenge der Niederschläge zunimmt", erklärt Erstautor Jiawei Bao die Ergebnisse, die er, Gruppenleiterin Caroline Muller und der Rest des Teams nun im Fachmagazin "Science Advances" veröffentlichten. In feucht-heißen Gebieten steigt daher die Zahl der extremen Wolkenbrüche. Wärmere Ozeane sorgen außerdem dafür, dass Wasser eher verdunstet. In anderen Regionen fehlt dann allerdings das Wasser, dort wird es wiederum trockener.

Gute Luft, mehr Starkregen

Das neue Modell hat eine viel höhere Auflösung, statt dreidimensionaler Blöcke mit einer Kantenlänge von 100 Kilometern wurden die Phänomene für Blöcke mit Kantenlänge fünf Kilometer berechnet. Die Clusterbildung der Wolken sorgt demnach dafür, dass in wärmerem Klima extreme Regenereignisse in den Tropen stärker zunehmen als theoretisch erwartet.

Blue Marble Erde aus dem All
Das berühmte "Blue Marble"-Foto aus dem Weltraum (links) gewährte erstmals diesen Blick auf die Erde von außen. Rechts wird das Bild einer Klimasimulation mit einer Auflösung von einem Kilometer Kantenlänge pro "Klimablock" gezeigt.
NASA, MPI-M, DKRZ, NVIDIA

In den USA kommt es durch die Klimakrise ebenfalls zu stärkeren Regenfällen. Eine Studie im Fachjournal "Nature Communications" verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Erwärmung, Niederschlag, Luftqualität und dem menschlichen Einfluss. Denn obwohl bekannt ist, dass die Erwärmung für mehr Regen sorgen sollte, wurde dies im 20. Jahrhundert nur teilweise dokumentiert. Eine deutliche Zunahme gab es über lange Zeit nicht, obwohl die Industrie große Mengen an CO2 und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre abgab. Ein Fehler in der Berechnung?

Nein, zeigt die Arbeit von Erstautor Mark Risser, der am Lawrence Berkeley National Lab des US-amerikanischen Energieministeriums forscht. Dieser Effekt wurde bis in die 1970er-Jahre durch einen gegenläufigen Trend maskiert. Auch dieser geht auf die Verbrennung fossiler Energieträger zurück, denn dabei entstehen Aerosole, die die Luft verschmutzen. Wie die Forscher schreiben, führen die Partikel dazu, dass es eher trockener wird. Diese beiden Trends, also die von Menschen verursachten Aerosol- und Treibhausgasemissionen, sind in den USA die Hauptursachen dafür, dass sich die Niederschläge verändern.

Die Maßnahmen für eine sauberere Luft sorgten für eine Trendwende. Sie waren und sind absolut notwendig, um gegen Luftverschmutzung und die dadurch verursachten Krankheiten anzugehen: Noch immer sterben schätzungsweise fünf Millionen Menschen jährlich allein an den Folgen, die fossile Brennstoffe verursachen. Doch dadurch fiel auch der austrocknende Effekt weg.

Verschärfte Klimafolgen

Ihrem verbesserten Klimamodell zufolge können die menschlichen Einflüsse auf die Niederschläge besser abgebildet werden, schreiben die Wissenschafter. Bei Aerosolen ist die Lage etwas komplexer als bei der Aufnahmekapazität warmer Luft. Langfristig kühlen Aerosole die Erde, weil sie Sonnenstrahlen ins All reflektieren, und sorgen eher für Trockenheit. Lokal und kurzfristig ist das Bild differenzierter und dürfte etwa in Europa dafür sorgen, dass etwa im Herbst die Durchschnittstemperaturen bisher weniger stark gestiegen sind als in anderen Jahreszeiten, was sich aber ändern könnte.

In den USA sieht es mit dem Aerosoleffekt so aus, dass er zu weniger Niederschlägen im Winter und Frühjahr führt, aber zu mehr Regen in Sommer und Herbst. Aber: "Dank der verbesserten Luftqualität nehmen die Aerosole, die uns vor den schlimmsten Auswirkungen der globalen Erwärmung geschützt haben, weltweit ab", sagt Ko-Autor Bill Collins. "Unsere Arbeit zeigt, dass die Zunahme der extremen Niederschläge, die durch die erhöhten Meerestemperaturen verursacht werden, in diesem Jahrzehnt immer deutlicher zutage treten wird." Die Folgen sind klar: Es kommt einerseits häufiger zu Überflutungen, andererseits zu mehr Dürren. Die künftigen Kosten katastrophaler Ereignisse steigen mit der weltweiten Durchschnittstemperatur.

Je wärmer es wird, umso stärker fallen die Effekte aus. Derzeit steuern wir global weit über eine Erwärmung um 1,5 Grad hinaus. Für dieses verhältnismäßig freundliche Szenario geht der aktuelle Bericht des Weltklimarats IPCC davon aus, dass Niederschläge wie am regenreichsten Tag einer Dekade 1,5-mal häufiger auftreten. Dabei handelt es sich um eine konservative Schätzung, die die neuesten Studien der vergangenen Jahre noch nicht berücksichtigt und die verschärfte Klimafolgen prognostizieren. Bei vier Grad mehr käme ein solcher Starkregen 2,8-mal so oft vor, ein Szenario, das bei weiterhin hohen CO2-Emissionen eintreten könnte. Fachleute sind sich einig, dass es Anpassungsmaßnahmen braucht, aber auch wesentlich niedrigere Emissionen, die man mit unterschiedlichen Mitteln erreichen kann. (Julia Sica, 23.2.2024)