Die spanische Metropole Barcelona hat eigentlich ein ganz gut ausgebautes Öffi-Netz. Es stützt sich auf elf U-Bahn-Linien und zahlreiche Busse. Fahrten bezahlt man schon seit längerem mit Guthabenkarten, laufend unter dem Programmnamen T-Mobilitat. Der Betreiber und Schirmherr der städtischen Öffis, Transports Metropolitans de Barcelona, kurz: TMB, bietet auch eine App an.

Diese ermöglicht es nicht nur, Verbindungen zu suchen, sondern auch, Fahrten aufzuladen und einzulösen. Zumindest theoretisch. Die Implementation ist allerdings eine Katastrophe, gegen die etwa die gern kritisierte ÖBB-Ticket-App (sie steht im Google Play Store bei stolzen 2,5 und bei Apples Store bei 1,9 von fünf Bewertungspunkten) fast wie ein Meisterwerk wirkt. Warum schreibe ich das? Weil ich eine Stunde lang versucht habe, die digitale Version der Guthabenkarte einzurichten. Und letztlich nur durch beharrliches Trial and Error (ergo: Herumprobieren) nicht gescheitert bin.

Dabei fing es gut an ...

Dabei beginnt die Anmeldung noch recht harmlos, allerdings mit der Notwendigkeit für zwei Accounts. Zunächst meldet man sich also für T-Mobilitat an. Der Prozess über die Authentifizierung per Ausweis ist trotz mäßig guter Übersetzung nachvollziehbar. Es ist übrigens egal, ob man die App auf Deutsch oder Englisch verwendet, verunfallte Übersetzungen finden sich bei beiden Varianten. Die Benutzeroberfläche wirkt optisch wie aus der Zeit gefallen und fällt in Sachen Funktionalität in die Kategorie "Na ja, es gibt Schlimmeres".

Wer eine physische T-Mobilitat-Karte hat, für den sollte sich die App einfach einrichten lassen (hoffentlich). Wer die rein digitale Version nutzen will oder möchte, darf sich auf eine Geduldsprobe einstellen.
TMB

Und obwohl man als Ausländer auf manuelle Überprüfung des eingereichten Dokuments angewiesen ist, die laut App bis zu 48 Stunden dauern kann, war es in meinem Fall schon nach nicht mal zehn Minuten so weit. Auch eine Zahlung von 1,50 Euro zur Bestätigung der für die Wallet hinterlegten Kreditkarte funktionierte. Die Bestätigungsmails für die Anmeldungseinreichung und die Aktivierung der Wallet kamen in katalanischer Sprache, die Bestätigung für das freigeschaltete Konto hingegen auf Deutsch.

Der Kampf mit der Wallet

So weit, so gut. Nun muss allerdings eine Wallet mit der App verbunden werden. Doch statt auf das integrierte System von Android zuzugreifen, muss eine extra App heruntergeladen werden, die als solche fungiert. Warum man sich für eine Extralösung entschieden hat, weiß wohl nur TMB selbst. Denn es führt dazu, dass die iPhone-Version der App die digitale Guthabenkarte gar nicht erst anbietet, da Apple keine Alternativ-Wallets erlaubt. Die Alternative dazu wäre, eine vorhandene physische T-Mobilitat-Karte via NFC einzulesen und fortan mit der App zu verwalten. Wer nicht in Barcelona wohnt oder halbwegs regelmäßig dort ist, hat diese üblicherweise nicht.

Die Wallet-App ist also heruntergeladen und muss nun mit der App verknüpft werden. Doch diese beschließt, nicht mitzuspielen. Sie meldet "uploading e-wallet". Und lädt und lädt und lädt. Bis dann irgendwann ein nicht näher erläuterter Ladefehler ausgespuckt wird. Den Cache der TMB-App zu löschen ändert daran nichts. Also wird sie kurzerhand neu installiert. Nun lädt sie zwar nicht ewig, vermeldet dafür aber: "Error in the e-wallet. An error has occured while trying to read the support." (Fehler in der E-Wallet. Beim Einlesen des Supports ist ein Fehler aufgetreten.)

Auch ein gelernter Tech-Journalist wird aus dieser Meldung nicht schlau. Aber vielleicht, ja vielleicht ist bei der Verbindung des T-Mobilitat-Accounts mit der App etwas schiefgelaufen. Diese Verbindung lässt sich in den Einstellungen aufheben. Wer sie wiederherstellen möchte, den schickt die App aus der Hölle allerdings direkt zur Einrichtung eines neuen Kontos, die unweigerlich mit der Meldung "Es existiert bereits ein Konto mit diesem Ausweis" scheitert.

Die Lösung findet sich nach etwas Internetrecherche auf der T-Mobilitat-Website, auf welche die App in dem ganzen Prozess kein einziges Mal verweist. Dort lässt sich auch ein bestehendes Konto wieder verbinden und wird anschließend von der App erkannt. Die Erkenntnis: Der App fehlt eine wichtige Basisfunktion, und sie erklärt auch nicht, wie man diese in Anspruch nehmen kann. Aber auch dieser Teilerfolg hilft mir nicht, denn die Wallet lässt sich nach wie vor nicht einbinden.

Potemkinscher Onlineshop

Neuer Anlauf, diesmal im Menü für das Einlesen der T-Mobilitat-Karte. Dort lässt sich nämlich auch eine solche erstehen, was die Wallet obsolet machen könnte. Neben physischen Guthabenkarten, die nach einer spanischen Zustelladresse verlangen, gibt es auch die Option "Mobile", wortwörtlich gedacht, um mit der TMB-App verwendet zu werden. Ich klicke auf "kaufen". Und werde umgehend enttäuscht. Denn es begrüßt mich nun ein Hinweisfenster, das mich darauf hinweist, dass ich doch bitte die TMB-App verwenden soll. Die mich genau gar nichts kaufen lässt. Eine Sackgasse.

Schließlich ein letzter Versuch. Ich deinstalliere die Wallet-App und lasse mich von der TMB-App-die-verrückt-macht bitten, sie erneut herunterzuladen. Und siehe da, eine neue Fehlermeldung. Diesmal wird mir erklärt, die Wallet sei mit einem anderen Gerät verknüpft. Das stimmt zwar nicht und hat wohl mit dem Neuverbinden des T-Mobilitat-Accounts zu tun, aber immerhin wird mir die Möglichkeit gewährt, sie nun auf dieses Handy zu transferieren. Der Schritt braucht eine weitere Bestätigung ("Wollen Sie wirklich die Sitzung auf dem anderen Gerät vorzeitig beenden?"), aber nach einer Stunde und einer weiteren Ausdünnung meines Nervenkostüms kann ich jetzt in Barcelona digital Öffi-Tickets kaufen.

Bitte, Barcelona, mach das besser

In einer langen Reihe sogenannter First-World-Problems mag dieses noch nicht einmal besonders weit oben in der Prioritätenliste stehen, aber wenn man schon mit öffentlichen Geldern digitale Lösungen schafft, sollte man das zumindest mit einem gewissen Qualitätsniveau tun. Und nein, meine Erfahrung ist kein Einzelfall. Wer sich im Netz schlaumacht, findet zahlreiche Berichte über derartige Probleme mit der App. Und diese Schwierigkeiten sind nicht neu, sondern bestehen offenbar schon seit mindestens zwei Jahren.

–Was mit der Öffi-App von Barcelona fabriziert wurde, ist – man möge mir die vulgäre Wortwahl ausnahmsweise verzeihen - einfach nur ein Clusterfuck. Ein solcher, wie er "durchschnittlichen Usern" nicht zumutbar ist. Auch wenn es "nur" um die geht, die keine physische T-Mobilitat-Karte besitzen. Bitte, Barcelona, mach das besser.

Immerhin, es besteht Hoffnung am Horizont. Derzeit läuft der Betatest für eine generalüberholte Version der TMB-App. Man darf allen Nutzerinnen und Nutzern nur wünschen, dass die Probleme damit ein Ende finden. (gpi, 26.2.2024)