Eine Mutter liest ihrem Sohn aus einem Buch vor.
Die Familie und den Job unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer leicht. Ein Experiment der FH Burgenland zeigt, dass Mütter bereits im Bewerbungsprozess die schlechteren Karten haben.
IMAGO/Zoonar.com/Kasper Ravlo

Geht es um die Arbeitswelt, ist das Mutterglück nicht immer ein Segen. Klar, es wird oft von flexiblen Arbeitszeiten gesprochen und von der Möglichkeit, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen. Frauenquoten sollen die weibliche Belegschaft fördern. Doch in der Realität sieht das Bild oft anders aus. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind in der Arbeitswelt nach wie vor omnipräsent. Und die Ungleichheit fängt schon im Bewerbungsprozess an, zeigt ein Test der FH Burgenland.

Das Experiment der FH unter Personalverantwortlichen zeigt: Im Zweifelsfall bekommt bei gleicher Ausbildung und Berufserfahrung ein zweifacher Vater eher den Job als eine zweifache Mutter.

225 Recruiter aus ganz Österreich erhielten eine E-Mail mit der Bitte, an einem Experiment für eine Masterarbeit teilzunehmen. Der Auftrag: die objektive Einschätzung von Bewerbungsgesprächen. Diese erhielten die Personalexperten verschriftlicht – also in Form eines niedergeschriebenen Dialogs. Aus diesen Unterlagen und den ergänzenden Lebensläufen des fiktiven Bewerbers und der fiktiven Bewerberin sollten sie ihre Schlüsse ziehen. Dass es sich um ein Diversity-Thema handelte, erfuhren die Teilnehmer erst im Nachhinein. Die fiktiven Personen bewarben sich um einen Job in der Buchhaltung, ein weder männlich noch weiblich dominiertes Arbeitsfeld.

Jobs gingen an die Männer

67 Personaler haben letztlich an dem Experiment teilgenommen, das von der Studentin Sarah Riedenbauer im Rahmen ihrer Masterarbeit durchgeführt wurde. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen geteilt: Die Experimentalgruppe erhielt die Bewerbungen von zwei Personen mit jeweils zwei Kindern, die Kontrollgruppe erhielt Bewerbungen von denselben Personen ohne Kinder. In beiden Gruppen erhielt der Mann eher den Job als die Frau.

Für den Mann mit Kindern entschieden sich 81 Prozent der Befragten, für den Mann ohne Kinder mit 74 Prozent etwas weniger Recruiter. Überraschend für die Studienautorin war die Tatsache, dass auch die weiblichen HR-Verantwortlichen sich im Zweifelsfall klar für den männlichen Bewerber entschieden.

Auch in der Kontrollgruppe entschied sich der Großteil für den männlichen Bewerber. Damit kann laut der FH von einem allgemeinen Gender-Bias ausgegangen werden. Dem männlichen Bewerber werden eher leistungsorientierte Attribute wie etwa Entscheidungsfreudigkeit zugeschrieben, während der Bewerberin vorrangig sozioemotionale Eigenschaften wie Loyalität zugesprochen werden. Die Mutterschaft schürt Sorgen bei den Personalverantwortlichen bezüglich der Ausfallwahrscheinlichkeit. Beim Vater wird die Familiensituation zwar wahrgenommen, aber weit weniger dem beruflichen Umfeld zugeordnet. Die Kinder fallen bei ihm unter "Privates".

Diversität als Schlüssel

Studienautorin Riedenbauer ist selbst in einer Unternehmensberatung mit starkem Diversity-Schwerpunkt tätig. Eine Möglichkeit, der Ungleichheit in der Arbeitswelt entgegenzuwirken ,sieht sie darin, Entscheidungsgremien in Unternehmen breiter aufzustellen. "Wenn HR-Abteilungen divers aufgestellt sind, gibt es die Chance, Voreingenommenheit in Entscheidungsprozessen zu entkräften. Außerdem darf man den Einfluss der Hiring Manger – also der Personen in den Unternehmen, die den oder die Bewerber schlussendlich in ihre Abteilungen aufnehmen, nicht unterschätzen." Diversität im gesamten Unternehmen sei laut Riedenbauer der Schlüssel zu mehr Chancengerechtigkeit in der Arbeitswelt.

"Besonders verstörend fand ich das Ergebnis, dass tendenziell weibliche Recruiter noch stärker zum Mann tendieren als männliche", sagt Silvia Ettl-Huber, Studiengangsleiterin an der FH Burgenland und Masterarbeitsbetreuerin. Das sei zwar ein nichtrepräsentatives Seitenergebnis gewesen, das aber vertieft werden könnte. (bpf, 27.2.2024)