Apameh Schönauer heißt die Miss Germany 2024.
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Sie ist Architektin, lebt in Berlin und setzt sich für Frauenrechte im Iran ein. Seit vergangenem Samstag trägt sie nun auch den Titel "Miss Germany". Im Europapark Rust in Südbaden wurde der 39-jährigen gebürtigen Teheranerin Apameh Schönauer, Mutter zweier Kinder, eine Schärpe umgehängt. Auf ein Krönchen verzichtet der Veranstalter seit fünf Jahren.

Schönauer setzte sich in der Show gegen neun Kandidatinnen durch, demnächst wird der Diplomingenieurin eine Prämie von 25.000 Euro überwiesen. Ermittelt wurde sie durch eine sechsköpfige Jury, in der neben der PR-Chefin der Miss-Germany-Studios fünf Menschen aus der Unterhaltungsbranche saßen – darunter "Dschungelcamp"-Teilnehmer Twenty4Tim. Einerseits sorgte die Entscheidung für Begeisterung: "Endlich eine, die was zu sagen hat."

Wenig später folgten in den sozialen Netzwerken rassistische, altersdiskriminierende Kommentare sowie Vorwürfe, der Veranstalter fahre eine "woke Agenda". Der Hintergrund: Apameh Schönauer floh in den Neunzigerjahren als Sechsjährige mit ihrer Mutter aus dem Iran. "Wir sind nach Deutschland gezogen, damit ich und meine Schwester in Freiheit leben können", hatte die Kandidatin während der mehrstündigen Show im Europapark erklärt.

Schönheitswettbewerbe in der Krise

Dass eine Kandidatin mit Migrationsbiografie zur Miss Germany gewählt wird, ist alles andere als neu. Die hitzigen Debatten spiegeln in erster Linie die Krise der Schönheitswettbewerbe wider. Zwar sollen sich für die aktuelle Staffel laut Veranstalter 15.000 Frauen beworben haben. Doch die Frage "Sind solche Veranstaltungen noch zeitgemäß?" steht nach wie vor im Raum. Der Sinn von Misstiteln wird schon länger hinterfragt.

Die langsame Umorientierung der Misswahl im Europapark zeigt sich anhand des Krönchendilemmas: Erst seit 2018 dürfen sich verheiratete Frauen und Mütter am Wettbewerb beteiligen, heuer wurde die bisherige Altersgrenze von 39 Jahren aufgehoben. Was einst ein Bikiniwettbewerb war, will jetzt eine "Auszeichnung für Frauen, die Verantwortung übernehmen", sein.

Nun wurden Vorwürfe laut, dass die Macher der Wahl und die Miss einander zuvor gekannt haben: Die Architektin soll im selben Berliner Coworking-Space wie der Veranstalter arbeiten, das Design der Eventlocation für das Halbfinale stammt angeblich von Schönauer. Die Misswahl ist in der Krise. (Anne Feldkamp, 27.2.2024)