In der Straße von Taiwan erhöhen sich aktuell die Spannungen. Mehrere Schiffe der chinesischen Küstenwache drangen Berichten zufolge zu Wochenbeginn in die Gewässer der zu Taiwan gehörenden Kinmen-Inseln ein. "Allerdings blieben sie dort nicht lange", kommentierte das Ministerium für maritime Angelegenheiten in Taipeh. "Die Küstenwache antwortete angemessen und nutzte den Funk, um die chinesischen Schiffe aufzufordern, sich zu entfernen."

Auslöser der Spannung ist ein tragischer Vorfall, der sich vergangene Woche ereignet hatte. Laut taiwanischen Angaben war ein chinesisches Fischerboot illegal in die Gewässer der Kinmen-Insel eingedrungen. Daraufhin lieferten sich die Fischer mit der taiwanischen Küstenwache eine Verfolgungsjagd. Das Fischerboot kenterte, zwei der vier Seeleute ertranken.

Die Kinmen-Inseln sind Ursache neuer politischer Spannungen.
Die Kinmen-Inseln sind Ursache neuer politischer Spannungen.
REUTERS/ANN WANG

Am Wochenende hatte Peking den Vorfall aufs Schärfte verurteilt und seine Patrouillen in der Region erhöht. "Dies sei eine ernste Warnung gegen die sezessionistische Demokratische Fortschrittspartei in Taiwan", hieß es in der staatlichen Zeitung "Global Times".

Die Kinmen-Inseln liegen nur wenige Kilometer von der Küste der Festlandprovinz Fujian entfernt, sind aber Teil des taiwanischen Territoriums und dementsprechend militärisch befestigt. Auf der Inselgruppe leben rund 140.000 Menschen. Auch die weiter nördlich gelegenen Matsu-Inseln teilen das geografische Schicksal. Womöglich nutzt das Festland diesen Vorteil, um den Status quo zu ändern und in Zukunft die militärische Präsenz in der Region zu stärken.

Folgen der Wahlen

Zu den Hintergründen der aktuellen Spannungen gehört auch der Wahlsieg der Regierungspartei Demokratische Fortschrittspartei (DPP) im vergangenen Jänner in Taiwan. Die DPP ist seit 2016 an der Macht und steht für mehr Unabhängigkeit vom Festland. In Peking hatte man mehr oder weniger offen einen Wahlsieg der größten Oppositionspartei KMT favorisiert. Während man die Gesprächskanäle zur DPP 2016 gekappt hat, unterhält man zur Opposition nach wie vor gute Beziehungen. Am Montag ist der stellvertretende Parteichef der KMT, Andrew Hsiang, auf das Festland gereist, um die Wogen etwas zu glätten.

Immer wieder gibt es Spekulationen über eine mögliche Invasion der Insel, die Peking als abtrünnige Provinz betrachtet. Xi Jinping hat militärische Mittel zur Vereinigung mit dem Festland nie ausgeschlossen. Allerdings wäre der Preis für ein solches Unterfangen auch für Peking sehr hoch. Auch deswegen setzte die Kommunistische Partei Chinas bisher auf eine stetige Erhöhung des Drucks durch Marinemanöver und andere Drohgebärden in der Region. (Philipp Mattheis, 27.2.2024)