"Keine Profite mit Strom, Gas und Miete", forderte die KPÖ beim Maiaufmarsch 2023 in Wien. Bei ihren eigenen Mieterinnen und Mietern nahm sie das zuletzt nicht so genau.
Helena Lea Manhartsberger

Es ist ein wesentliches Gewürz im Erfolgsrezept der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ): ihr Engagement als Anwältin der Mieterinnen und Mieter. In Graz setzt sich die KPÖ seit langem für die Anliegen jener ein, die sich Wohnen nicht oder nur schwer leisten können oder gar von Delogierungen bedroht sind – und reüssiert damit bei Wahlen. Die Salzburger Landespartei schaute sich das ab, um bei der Landtagswahl 2023 satte Gewinne einzufahren. Und KPÖ-Bürgermeisterkandidat Kay-Michael Dankl schickt sich an, bei der Kommunalwahl am 10. März in der Stadt Salzburg dasselbe zu tun.

Auf Bundesebene setzt die KPÖ angesichts der gegenwärtigen Teuerung ebenso stark auf das Thema Mieten und Wohnen: Für eine Onlinepetition mit dem Titel "Mietenstopp jetzt!" werden aktuell Unterschriften gesammelt. Ihre wichtigsten Anliegen: ein Verzicht auf Mieterhöhungen, bindende Mietpreisobergrenzen für alle Wohnungen und die Abschaffung befristeter Mietverträge.

Selbst hat es die KPÖ mit diesen Forderungen zuletzt aber nicht so genau genommen. Die Partei ist in Wien nämlich Vermieterin, sie besitzt in der Simmeringer Hugogasse 8 sieben Wohnungen. Diese sind seit 2021 vermietet – und zwar befristet. Und: Der Zins wurde in den vergangenen Jahren mehrmals angehoben, wie die KPÖ auf STANDARD-Anfrage bestätigt. Gleich vorweg: Illegal ist all das nicht. Das Wohnhaus wurde nach 1945 gebaut, ist daher vom Mietrechtsgesetz teilausgenommen und unterliegt so kaum Beschränkungen. Die Erhöhungen sind durch Wertsicherungsklauseln in den Verträgen gedeckt. Aber: Die Praxis steht im deutlichen Kontrast zu dem, was die KPÖ politisch propagiert.

Mehr als zu den Überzeugungen passt

Dem STANDARD liegen ein Mietvertrag und Schreiben zu fünf Mieterhöhungen binnen drei Jahren für eine Wohnung in der Hugogasse 8 vor. In diesem Fall wurde der reine Hauptmietzins von rund 14 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2021 auf rund 16 Euro pro Quadratmeter im Februar 2024 angehoben. Rechnet man Betriebskosten und die zehnprozentige Umsatzsteuer ein, ergibt sich für diese Bruttomiete ein Kostenanstieg von rund 17 auf 20 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Laut dem aktuellen Mietpreisspiegel von Immoscout beträgt die Bruttoquadratmetermiete in Wien 17,3 Euro. Dazugesagt sei an dieser Stelle: Über die Betriebskosten werden auch öffentliche Gebühren abgeführt, die von der Stadt Wien wegen der Teuerung zuletzt angehoben wurden. Die Differenz zwischen den pro Quadratmeter fälligen Betriebskosten im Jahr 2021 und 2024 beträgt für diese Wohnung allerdings unter 40 Cent.

Die KPÖ kommt in einer eigenen Berechnung über alle sieben Wohnungen auf ein wenig andere Werte: Aus Abrechnungen seien in der Hugogasse drei Mieterhöhungen ersichtlich, im Schnitt würden die Bruttomieten aktuell bei 18,5 Euro pro Quadratmeter liegen, erklärt Finanzreferent Florian Birngruber dem STANDARD schriftlich. Nichtsdestotrotz sei das aber immer noch mehr, als es zu den politischen Überzeugungen der KPÖ passe, räumt er ein.

Die Verwaltung der Wohnungen sei einer externen Firma übergeben worden, teilt Birngruber mit. Diese habe "die Indexanpassungen, die durch die enorme Teuerung laut Mietverträgen möglich waren, angewandt".

Zurück nach 2021

Innerhalb der KPÖ ist die Angelegenheit laut Birngruber bereits vor zwei Wochen Thema gewesen. Mit dem Resultat, dass die bisherige Praxis in der Hugogasse geändert werden solle. Die Parteigremien hätten bereits fixiert, "eine Entlastung herbeizuführen". Angestrebt werde, die Mieterhöhungen ab 2021 für die sieben Wohnungen zurückzunehmen. Darüber hinaus werde ein "Mietenstopp" (gemeint ist ein Aussetzen von Mieterhöhungen) bis 2029 eingeführt – so wie es die KPÖ in ihrer aktuellen Kampagne für ganz Österreich fordert. Zudem wolle man gemeinsam mit den Mieterinnen und Mietern "auf eine Entfristung der Verträge hinarbeiten". Die Umsetzung sei bereits im Gange: "Wir sind gerade dabei, eine Information für die Mieterinnen und Mieter aufzusetzen."

Abgesehen von den sieben Wohnungen in der Hugogasse besitzt die KPÖ in Wien noch eine weitere Wohnung. Sie wird laut Birngruber "im Eigenbedarf" verwaltet. (Stefanie Rachbauer, 28.2.2024)