Salzburg – Wenn am 10. März die Salzburgerinnen und Salzburger bei der Gemeinderatswahl ihre Stimme abgeben, werden nicht nur 119 Ortsparlamente neu gewählt, sondern auch 119 Bürgermeister und Bürgermeisterinnen von der Bevölkerung direkt bestimmt. Die amtierenden Bürgermeister dürfen sich gute Chancen ausrechnen, dass sie auch weiterhin im Amt bleiben.

Sie können auf einen Amtsinhaberbonus hoffen, betont der Politologe Armin Mühlböck von der Universität Salzburg: "Bei der letzten Wahl im Jahr 2019 ist es einem Großteil der Bürgermeister gelungen, ihren Posten zu verteidigen." Nur jeder und jede zehnte Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister, der oder die wieder angetreten ist, musste 2019 den Schreibtisch räumen. Bei der Wahl davor im Jahr 2014 waren es gar 98 Prozent, die wiedergewählt wurden. Doch warum hat die Opposition so wenig Chancen auf das Bürgermeisteramt?

In Hallein konnte die SPÖ bei der Wahl im Jahr 2019 den Bürgermeistersessel zurückgewinnen.
Stefanie Ruep

Zeit spiele laut Mühlböck für die Bürgermeisterinnen eine wichtige Rolle. Je länger ein Bürgermeister im Amt sei, desto stärker falle der Bonus aus. Der Bürgermeister könne sich nämlich in der Zeit bis zur nächsten Wahl etablieren – etwa mit politischen Maßnahmen, die von der Bevölkerung gut angenommen werden. Die Bürgermeisterin sei zudem auch die zentrale Politfigur im Ort – sie ziert Bilder in der Gemeindezeitung, ist das Sprachrohr der Gemeinde und erste Ansprechpartnerin für Anliegen aus der Bevölkerung. "Macht der amtierende Bürgermeister also nichts gravierend falsch und ist im Ort präsent, ist es für die Herausforderer somit sehr schwer, das Amt zu gewinnen", betont Mühlböck.

Das wissen die politischen Verantwortlichen und gehen deshalb bei einem anstehenden Bürgermeisterwechsel behutsam vor. Gängige Praxis ist es, mitten in der Legislaturperiode einen Wechsel zu vollziehen, um dem neuen Ortschef Zeit zu geben und sich einen Bonus für die Wahl aufzubauen.

Eine Personenwahl

Die Mehrheitswahl – also die Wahl, bei der jener Kandidat mit der absoluten Mehrheit an Stimmen gewinnt – sei ebenfalls ausschlaggebend für den Amtsinhaberbonus. "Denn die Mehrheitswahl ist im hohen Grade eine Personenwahl", betont Mühlböck. Wichtiger ist also die Person und nicht die Partei, für die sie antritt. Als zentrale Politfigur im Ort spiele das den Bürgermeisterinnen ebenfalls in die Karten.

Eine Parteiideologie sei erst auf Landes- und Bundesebene von Bedeutung – "in den Gemeinden zählt die Person, die an der Spitze steht", erklärt Mühlböck. Neben den direkten Bürgermeisterwahlen in sechs Bundesländern ist in Österreich einzig noch die Bundespräsidentschaftswahl eine Mehrheitswahl. Und auch der Bundespräsident geht mit einem starken Amtsinhaberbonus ins Rennen. Das zeigt sich auch darin, dass bislang kein Bundespräsident in der Zweiten Republik abgewählt wurde.

Unbeliebter Bürgermeister ist Chance für Opposition

Ernste Chancen auf einen Wechsel an der Ortsspitze könne sich die Opposition nur dann ausrechnen, wenn die Bürgermeisterpartei und ihre Politik im Ort unbeliebt sei oder die Bürgermeisterpartei Schwäche zeige. "Hat die Opposition noch dazu einen starken Spitzenkandidaten, stehen die Chancen gut, dass es zu einem Wechsel kommt", erklärt Mühlböck.

Als Beispiel nennt der Politologe etwa Hallein: Seit 1946 hatte die zweitgrößte Stadt Salzburgs einen sozialdemokratischen Bürgermeister. Das änderte sich 1998, als die ÖVP erstmals das Bürgermeisteramt übernahm. Grund waren finanzielle Schwierigkeiten der Gemeinde, und die SPÖ wurde dadurch zunehmend unbeliebter und war parteiintern geschwächt. Das konnte die ÖVP nutzen. Anschließend war Christian Stöckl 14 Jahre lang ÖVP-Bürgermeister von Hallein, bis er 2013 in die Landespolitik wechselte. Seine Nachfolger konnten aber nicht derart überzeugen wie Stöckl. 2019 konnte die SPÖ die Stadt wieder zurückgewinnen. "Damit die Opposition eine Chance hat, braucht es meistens eine Schwäche der Bürgermeisterpartei. Ansonsten wirkt der Amtsinhaberbonus zu stark", betont Mühlböck.

Auch in Bruck an der Großglocknerstraße konnte die ÖVP bei der Wahl 2019 Schwächen der SPÖ nutzen und nach 30 Jahren wieder den Bürgermeistersessel zurückgewinnen. Interne Streitigkeiten innerhalb der SPÖ hätten laut Mühlböck dazu geführt, dass die ÖVP die Wahl für sich entschied und die Sozialdemokraten leer ausgingen. Dienten am Hochkönig sei wiederum ein Beispiel für eine kleine Gemeinde, wo sich der Bürgermeister lange halten kann. Dort ist Klaus Portenkichner (SPÖ) seit mehr als zehn Jahren an der Ortsspitze, sein Vorgänger Jakob Bürgler (SPÖ) war davor 24 Jahre lang im Amt. In St. Johann im Pongau, wo Langzeitbürgermeister Günther Mitterer (ÖVP) nicht mehr antritt, erhofft sich die SPÖ erstmals einen Wahlsieg. Die ÖVP entschied sich in der 11.000-Seelen-Gemeinde nicht dafür, den Wechsel an der Ortsspitze vorzeitig zu vollziehen.

Seltene Stichwahl

Sollte es bei der Bürgermeisterwahl knapp werden und kein Kandidat oder keine Kandidatin die absolute Mehrheit der Stimmen bekommen, kommt es zu einer Stichwahl. 2019 gab es nur in elf von 119 Gemeinden einen zweiten Wahldurchgang bei der Bürgermeisterwahl. In acht von elf Gemeinden konnte der Amtsinhaber seinen Posten in der Stichwahl verteidigen, in drei Kommunen gewann die zweitplatzierte Partei: in Oberalm, Mattsee und Zell am See. (Max Stepan, 7.3.2024)