Bei einem Elektroboot denken viele wohl zuerst an die schwimmenden Schachteln, die man an verschiedenen Seen mieten kann und die eine Alternative zum Tretboot darstellen. Das Tretboot ist meist günstiger, schneller auf dem Wasser – aber im Betrieb auch kraftzehrender. Das Elektroboot gleitet zudem leiser über das Wasser, und es hat meist zwei Fahrstufen: langsam und sehr langsam.

Segler und Fischer

Dabei ist die E-Mobilität auf dem Wasser schon viel weiter und umfasst viel mehr Bereiche. Am Neusiedler See etwa, wo nur Einsatzkräfte und Personen mit Spezialgenehmigung ein Boot mit Verbrennungsmotor fahren dürfen, sind viele Fischer elektrisch unterwegs, und auf den Kajütsegelbooten ist auch fast immer ein E-Antrieb verbaut.

Oft kommt der Strom für den Antrieb noch aus einer oder mehreren großen und unglaublich schweren Bleibatterien, die im Boot verstaut sind. Immer häufiger sieht man allerdings auch kompakte Außenborder am Heck eines Segelbootes.

Ein Motorboot am See.
Der heimische Bootsbauer Frauscher hat gemeinsam mit Porsche ein spektakuläres E-Motorboot gebaut.
Frauscher / Alexander Scheuber

Die neueste Generation der elektrisch angetriebenen Außenborder hat einen abnehmbaren und leichten Lithium-Ionen-Akku meist direkt integriert.

Marktführer bei diesen Motoren ist das deutsche Unternehmen Torqeedo. Christoph Ballin und Friedrich Böbel gründeten die Firma 2005, vorwiegend, weil es keinen passenden E-Motor für ihre Bedürfnisse gab. 2006 präsentierten sie ihren ersten kompakten E-Außenborder mit Lithium-Mangan-Batterie und einem viel höheren Drehmoment, als es vergleichbare Motoren am Markt abdrückten.

Elektro-Fähren

Hatten die ersten Motoren rund 1,5 Kilowatt (kW) Leistung, baut das Unternehmen heute Antriebe mit 200 kW, mit denen sich sogar Fähren betreiben lassen.

Zwischen 2006 und 2019 verkaufte Torqeedo 100.000 Elektromotoren – bis 2023 bereist 250.000. "Das zeigt: Die Elektromobilität hat im vergangenen Jahrzehnt enorm an Dynamik gewonnen", heißt es deswegen vom Unternehmen.

Viel weiter zurück reicht die Geschichte der E-Mobilität auf dem Wasser bei einem österreichischen Bootsbauunternehmen. Frauscher.

Heimische Luxuswerft

"Wir bauen Elektroboote seit 1955. Mein Vater und mein Onkel haben also schon damit begonnen, als es die E-Mobilität auf dem Wasser noch gar nicht gegeben hat – entsprechend groß ist unsere Erfahrung", sagt Stefan Frauscher, Geschäftsführer der Bootswerft, die 1927 von Engelbert Frauscher in Wien gegründet wurde und nun in Oberösterreich angesiedelt ist. Frauscher war es auch, der 2009 das weltweit erste wasserstoffbetriebene Elektroboot vorstellte.

Stefan Frauscher in der Frauscher x Porsche 850 Fantom Air.
Stefan Frauscher in der Frauscher x Porsche 850 Fantom Air.
Frauscher / Alexander Scheuber / scal-pictures

"Elektroboot fahren", sagt Stefan Frauscher, "das war immer ein langsames Fahren. Inzwischen erreichen wir mit Elektrobooten schon eine ähnliche Performance wie mit konventionell angetriebenen Motorbooten." Die Entwicklung gehe zwar nicht so schnell wie bei den Autos – aber streckenweise doch Hand in Hand. Das zeigen etwa Boote, welche die Akkus des BMW i3 verwenden. "Bei einem anderen Boot verwenden wir die Technik des E-Macan von Porsche", erklärt Frauscher und ist stolz darauf, dass die Firma so schnell die neuesten Entwicklungen aus der Autoindustrie übernehmen konnte.

Boot und Auto

Die Frauscher x Porsche bietet Platz für neun Personen, hat eine Spitzenleistung von 400 kW, dank der das Boot eine Spitzengeschwindigkeit von 85 km/h erreicht. Der 100-kWh-Akku ist in 30 Minuten von zehn auf 80 Prozent geladen. Und das ist gut so, denn bei Reisegeschwindigkeit, 41 km/h, 22 Knoten, hat das Boot eine Reichweite von 45 Kilometern. Nur in Verdrängerfahrt werden es mehr als 100.

Die Herausforderungen auf dem Wasser sind also ähnliche wie auf dem Asphalt: Reichweite und Ladeinfrastruktur. Wobei das bei den Kunden gerade dieses E-Bootes kein großes Thema sein dürfte. Denn so exklusive Boote werden vor allem als Beiboote von Luxusyachten eingesetzt – und dort auch geladen. Vom Ankerplatz bis zur Küste ist es meist nur ein Katzensprung – da bleibt also noch genug Batteriekapazität zum Angeben in Strandnähe.

Eine Frau in einem Motorboot mit E-Antrieb.
Kunden von Elektrobooten passen ihre Fahrweise oft der Vernunft, dem Genuss und – wohl vorwiegend – der Reichweite an.
Frauscher / Ralph Fischbacher

Vorwiegend werde die E-Mobilität auf dem Wasser aber auf Seen eingesetzt, auf denen Verbrenner verboten sind, erklärt Frauscher. Das liegt auch daran, dass die E-Boote teurer sind als vergleichbare Boote mit konventionellem Antrieb. "Aber die Lücke wird kleiner", sagt Frauscher, der aber daran erinnert, dass, wie beim Auto, auch beim Boot nicht jedes Revier das richtige für den E-Antrieb sein wird.

Schwere Batterien

Auf dem Wasser gibt es zudem einen weiteren Nachteil, der den Antrieb fordert: der Wasserwiderstand. "Um die doppelte Geschwindigkeit zu erreichen, muss ich beim Boot in Verdrängerfahrt die achtfache Energie investieren", rechnet Thorsten Irgang vom Yachtvertrieb Pure Volt Yachts vor, "und auch um die Geschwindigkeit zu halten, muss man auf dem Wasser viel mehr Energie investieren als beim Auto." Alle Teile des Antriebs einfach hochzuskalieren, ginge auch nicht, denn "mehr Leistung braucht mehr Batterien, und die bedeuten wiederum viel mehr Gewicht", erklärt Irgang.

Das Interesse an E-Booten steigt, sagt auch er. Vor allem Menschen, die ein E-Auto haben und dessen Vorteile kennen, entscheiden sich auch auf dem Wasser eher für den E-Antrieb, auch wenn "der gesellschaftliche Trend auf der Straße samt Umweltaspekt nicht für alle auf dem Wasser ausschlaggebend ist".

Aber kommt der zu tragen, dann fahren diese E-Boot-Fahrer langsamer, sind leiser unterwegs, und das Unfallrisiko ist geringer. "Einen Tesla kann man auch mit 200 km/h fahren, aber die meisten fahren mit 100 km/h, um weiter zu kommen", zieht Irgang den Vergleich. Und weil der Trend auch auf dem Wasser zur E-Mobilität hingehe, werden die großen Hersteller von Verbrenner-Bootsmotoren für das Thema sensibler. Yamaha etwa kauft sich gerade bei Torqeedo ein. (Guido Gluschitsch, 3.3.2024)