Kaum etwas haben wir öfter in der Hand als unser Smartphone. Neben der praktischen ist deshalb auch die emotionale Ebene oftmals gefragt.
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Ich bin 18 Jahre alt und stehe nach der erfolgreich bestandenen Matura mit meinen Schulkollegen aufgeschnürlt im großen Saal einer Wiener HTL. Langsam geht der Direktor von einem zum anderen und gibt wie der König aus England den Maturanten gratulierend die Hand. Kurz bevor er zu mir kommt, hört man einen lauten Klingelton. Mein Klassenvorstand greift instinktiv in seine Brusttasche und sieht nach seinem Handy, doch es ist nicht seines, welches die Zeremonie stört. Sie ahnen es: Es war meines. 2024 ist das keine große Geschichte, aber es war tatsächlich 1997 und die Verbreitung von Handys in Österreich deutlich geringer als heute.

Früher war alles besser

Warum erzähle ich diese Anekdote, werden Sie zu Recht fragen. Nun, Smartphones und ihre Vorgänger haben mich immer fasziniert. Dank damals sehr günstiger Tarife habe ich jährlich meinen Begleiter getauscht, weil der Markt irre spannend und schnelllebig war. Polyphone Klingeltöne auf einem Siemens-Handy, dessen Bezeichnung ich schon lange vergessen habe. Das legendäre Nokia 3210, mit seinen austauschbaren Rückseiten, oder auch das Razr von Motorola, das noch immer meiner Meinung nach das stylishste Handy aller Zeiten war, auch wenn der Akku trotz der damals so eingeschränkten Möglichkeiten kaum durch den Tag trug.

Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Seit 2008 bin ich Nutzer der angebissenen Apfel-Smartphones, mit nur gelegentlichen Ausritten in die Android-Welt. Wozu auch? Längst geht es um Software und nur in Grundzügen um Hardware. Mit der Materie Vertraute erkennen am immer größer werdenden Kameramodul, um welche Marke oder welches Modell es sich handelt, aber im Grunde ist es auch ein bisserl egal geworden. Gmail, Youtube, Tiktok, Instagram und Whatsapp kann ich auch auf einem 300 Euro Xiaomi, Honor oder Samsung nutzen, ohne mich in meiner Freiheit eingeschränkt zu fühlen.

Auch der Stolz, der mich früher als iPhone-Besitzer erfüllt hat, ist ein wenig verflogen. So richtig erhaben fühlen, dass mein 1.400-Euro-Handy jetzt auch einen USB-C-Anschluss hat, kann ich mich einfach nicht. Vielleicht sehe ich deshalb mittlerweile viele iPhone-Besitzer mit irgendwelchen Billig-Hüllen, die – halten Sie sich fest – das Logo auf der Rückseite sogar verdecken. Früher undenkbar. Sämtliche Hüllenhersteller für Apple schnitten kreisrunde Löcher in die Rückseiten ihrer Produkte, damit das Logo durchscheinen konnte. Man hatte für das Logo ja bezahlt. Verstecken schien verschwenderisch.

Löschtaste

Immer wieder giert mein Blick deshalb aktuell in Richtung Falthandys, die Samsung, Huawei oder Honor mittlerweile am Start haben. Noch kosten diese Wunderwerke um die 2.000 Euro, aber auch da wird es wohl in den nächsten Jahren günstigere Alternativen geben, schätze ich. Beim iPhone ist alles beim Alten. Zwei unterschiedliche Größen, ein paar Farben und natürlich das wunderbare iOS, das man besonders dann liebt, wenn man generell hardwaretechnisch in der Apfel-Welt zu Hause ist.

So richtig cool, um die Überschrift kurz aufzugreifen, bevor in den Kommentaren danach gefragt wird, fühlt es sich deshalb nicht mehr an, das teure Gorilla-Glas ans Ohr zu halten. Gerade als ich den Gedanken ausformuliere, stolz auf meine These blicke und gut gelaunt meinen Blick durchs Internet wandern lasse, schnalzt es mir folgende Apple-News ins Gesicht: "Die sieben meistverkauften Smartphones der Welt sind alle von Apple". "Drei Viertel aller in Europa verkauften High-End-Smartphones stammen von Apple".

Schon schwebt mein Finger über der "Löschtaste", um diese Zeilen in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Offenbar bin ich allein mit meinen Gefühlen. Schwitzend klicke ich mich durch die News auf der Suche nach Erklärungen und Erläuterungen. Ich werde nicht fündig. Die Leute kaufen halt einfach iPhones. Mit Sicherheit ist viel davon Gewohnheit oder die Angst beziehungsweise Faulheit, auf ein anderes Betriebssystem wechseln zu müssen, obwohl das heute wirklich kein großes Ding mehr ist.

Auch jeder mit Macbook oder iMac in den eigenen vier Wänden denkt sich wohl, so ein iPhone passt ganz gut in meine Workflows, wenn man mit ausschneiden/einfügen einfach Zeilen oder Absätze von einem Gerät ins andere übernehmen oder andere Spielereien vollführen kann. Auch die Datensicherheit betont die Firma aus Cupertino sehr viel öfter als der Mitbewerb, und irgendwie hat man auch das Gefühl, die Schwiegermutter ist ein bisserl besser aufgehoben als mit einem Telefon aus China.

Erinnern Sie sich noch? Das Nokia 3210 war eines der erfolgreichsten Handys aller Zeiten.
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Körperkontakt

Warum ich dann nicht wechsle, wenn iPhone nicht mehr so cool ist? Sicher aus den genannten Gründen, die ich auch bei anderen vermute. Man darf nicht vergessen, wie nahe man solch einem Gerät mittlerweile ist. Ich will keine Vergleiche aus der Erotikliteratur ziehen, aber mehr Körperkontakt als mit dem Smartphone haben wohl die wenigsten von uns mit anderen Menschen. Kaum jemand legt das Smartphone weiter als einen Meter von sich entfernt ab, ansonsten ist es ohnehin immer in einer nahegelegenen Tasche. Wenn es dann noch so funktioniert, wie man will, dann ist das Band zwischen Handy und Mensch meist stärker als so manche Freundschaft.

Um das alte Feuer für das iPhone allerdings wieder zu entfachen und die Brust wieder stolz geschwellt in die Welt tragen zu können, will ich eine Innovation aus dem Hause Apple spüren. Keine 3.500-Euro-Brillen, mit denen ich dann bekannte Apps im Raum darstellen kann, sondern zum Beispiel die Falt-Idee der anderen Hersteller mit der Apple-Magie aus alten Zeiten in ein neues Produkt verwandelt. Von mir aus ein Rubik's Cube mit 54 kleinen Bildschirmen, ein Uhrband, das man zu einem Handy auffalten kann. Irgendwas, das mein Leben mit dem iPhone wieder ein wenig spannender macht. Das braucht mein 18-jähriges Ich, das sich noch immer für das Telefonläuten bei der Matura geniert. Es war übrigens mein Papa, der wissen wollte, wie es gelaufen ist. Nur für den Fall, dass Sie es wissen wollen. (Alexander Amon, 9.3.2024)