Wasserstoff ist der naheliegendste Energieträger, der in großen Mengen gespeichert und verteilt werden kann. Am Podium beim Vorab-Pressegespräch: ÖVK-Vorsitzender Bernhard Geringer, Mahle-Chef Arnd Franz und AVL-Mobilitätstechnologe Uwe Dieter Grebe.
Foto: ÖVK / Klaus RAnger

Dem Wiener Motorensymposium kommen schön langsam die Motoren abhanden, möchte man meinen. Schließlich hängt das Wort Verbrennerverbot hartnäckig in der Luft. Die Veranstaltung, die vor fast einem halben Jahrhundert mit einer intensiven Betrachtung des innermotorischen Verbrennungsprozesses begann, ist erst vor etwa fünf Jahren öffentliche so richtig in die Breite gegangen.

Von Ventilspiel, Einspritzdruck, Abgasreinigung wird noch immer geredet, aber im Zentrum stehen heute andere Begriffe. Es geht um die unterschiedlichsten Formen der Energiebereitstellung und Umwandlung, um die Frage, wie Individualverkehr und Transportwesen möglichst schnell defossilisiert werden können.

Grundtenor

So wurde kürzlich das 45. Wiener Motorensymposium angekündigt und auch bereits einiges über dessen Inhalt verkündet. Es findet am 24. und 25 April 2024 in der Wiener Hofburg statt. So haben der Veranstalter, Bernhard Geringer, Vorsitzender des österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) und Professor an der TU Wien für Fahrzeugtechnik und Automobilantriebe sowie zwei prominente Vortragende am Symposium, Arnd Franz vom deutschen Zulieferer Mahle und Uwe Dieter Grebe vom Technologieentwickler AVL in Graz, schon den Grundtenor anklingen lassen.

Die großen europäischen Zulieferer haben Probleme, die Transformation zu stemmen. Man kann nicht auf Knopfdruck von der Entwicklung und Produktion von Verbrennerantrieben auf Elektroantrieb umstellen. Das trifft natürlich auch die großen Automarken, aber besonders die Zulieferunternehmen, je spezialisierter auf Verbrenner, desto härter.

Der neue Macan steht auf der gemeinsam mit Audi entwickelten Premium-Elektroplkattform PPE. Reine Elektroplattformen haben es wirtschaftlich schwerer als Mischplattformen. Porsche setzt aber auch auf E-Fuels.
Foto:Porsche

Es wird noch einige Überraschungen geben. Aber die Richtung ist klar: Die E-Fuels sind laut Arnd Franz nur für "spezifische Anwendungen" geeignet und werden beim Symposium eher am Rand mitspielen. Die Herausforderungen bei E-Fuels liegen auch weniger im Verbrennungsprozess, als vielmehr bei der Energiebereitstellung. Sie sind ja dem Benzinbzw. Dieselkraftstoff praktisch identisch.

Für Pkw und urbane Kleintransporter ist E-Antrieb fix. Im Vorteil seien derzeit die Hersteller, die Mischplattformen haben, weil sie in der Umstellungsphase flexibler sind. Also ganz nach Bedarf Verbrenner oder E-Versionen herstellen können. Für Lkw scheint Wasserstoff die Lösung, mit Brennstoffzelle, in vielen Bereichen aber auch mit Verbrennungsmotor. Hier ist alles mehr eine Frage der Verteilungs-Infrastruktur und der Herstellung von wirklich grünem Wasserstoff.

Doch der Reihe nach: Die Gestaltung eines harmonischen wirtschaftlichen Übergangs im Sinne etablierter Industriezweige ist Programm, könnte man sagen. Die Transformation muss gestemmt werden, und wer sollte das schaffen, wenn nicht die, die bis jetzt schon erfolgreich waren. Die Logik ist schlüssig, stellt aber nicht unbedingt ideale Voraussetzungen für einen raschen Rückzug des Fossilen dar.

Die Aufzählung der Vortragenden in der Plenar-Eröffnungssektion birgt bereits einiges an Aussagekraft: Karl Rose, ehemaliger Chefstratege von ADNOC, Abu Dhabi, wird über die "Energiewende und ihre Auswirkungen auf Mobilität und Kraftstoffe der Zukunft" sprechen.

Laden ohne Aussteigen für Grazer Taxis erleichtert den E-Alltag.
Foto: Matrix Charging

ADNOC hat sich dem Motto "Net Zero by 2045 – maximum energy, minimum emissions" verschrieben. Solarparks zieren den Internet-Auftritt. Dahinter steckt ein Ölkonzern, der ins große Geschäft mit dem Wasserstoff einsteigen will und CO2-Probleme aus seinen fossilen Produkten (etwa Wasserstoffherstellung aus Erdgas) unter anderem durch Zurückpumpen von CO2 in alte Erdgaslagerstätten lösen will, also sogenanntes Carbon Capturing and Storage.

Spannend kann es auch werden, wenn Rebecca Yates in ihrem Vortrag die "Wege von BP und Castrol in Richtung Klimaneutralität" skizziert. Auch dass die derzeit bestehende Energie-Infrastruktur einen Schwachpunkt für einen raschen Wandel darstellt, ist Inhalt eines Vortrags.

Global sieht es anders aus

Während in Europa der Umstieg auf Elektroantrieb laut Fahrplan laufen soll, ist Hybridantrieb global noch immer Anlass für Weiter- und Neuentwicklungen von Verbrennungsmotoren. Volvo, einer der ersten, die den Totalausstieg aus dem Verbrenner plakatierten, konstruiert und produziert gemeinsam mit dem chinesischen Mutterkonzern Geely unter einer Holding namens Autobay "Hybridantriebe für den globalen Markt". Ruiping Wang wird Näheres dazu erzählen.

Dass auch die Energie-Infrastruktur mit dem Wandel mitziehen muss, erscheint klar, ist aber alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Auch über diese "oft übersehene Beschränkung für den automobilen Technologiewandel" handelt ein Vortrag.

Leichtes Gas für schwere Aufgaben: Im Schwerverkehr ist alles ist möglich, von Elektro bis zum Wasserstoff, der in Brennstoffzelle oder Verbrennungsmotor zum Einsatz kommt.
Foto: Scania

Darüber hinaus sind deutliche Kraftlinien wie die Venen bei einem Bodybuilder zu erkennen. Im Pkw-Bereich geht es um das Elektroauto, im Übergang noch um Plug-in-Hybride. Es ist nicht nur eine Frage der elektrischen Reichweite, entscheidend über die Attraktivität von Plug-in-Hybriden sind auch die Fortschritte bei der Ladeinfrastruktur.

Bei schweren Nutzfahrzeugen erscheint Wasserstoff unumgänglich, die Frage ist lediglich ob in Kombination mit Verbrennungsmotor oder Brennstoffzelle. Dort, wo hohe Robustheit gefordert und/oder Bauraum knapp ist, ist wieder vermehrt der Verbrenner im Gespräch. Also noch immer viel zu tun für die Erforschung von Verbrennungsvorgängen.

Skepsis ist oft angebracht

Die Sehnsucht nach einfachen Lösungen für schwierige Aufgaben ist einerseits eine wichtige Triebfeder für kreative Entwicklungen, andererseits sind hier Versprechungen mit besonderer Vorsicht zu genießen. So gilt die direkte Abscheidung von CO2 aus der Umgebungsluft als eine Art Stein der Weisen. Gelänge das zu wirtschaftlichen Bedingungen, könnte vieles so bleiben, wie es war.

Die rosigste Aussicht auf eine umweltfreundliche Mobilität der Zukunft bietet aber ein Vortrag aus Vorarlberg: "CO2-negatives aFuel als globaler Energieträger und Lösung für die zukünftige Elektromobilität". Hier geht es um einen Prozess zur Methanolherstellung, bei dem der Atmosphäre CO2 entzogen und in festen Kohlenstoff umgewandelt wird. (Rudolf Skarics, 3.3.2024)