Es ist 13 Jahre her, da stellte der Telekommunikationsforscher Harald Haas in einem Ted-Talk eine neue Dimension für WLANs vor. Unter der Bezeichnung "Li-Fi" (Light Fidelity) beschrieb er die Möglichkeit, Daten über sichtbares und unsichtbares Licht drahtlos zu übertragen. Es folgte die Gründung des Unternehmens D-Light und erste Experimente, bei denen man eine Bandbreite von 100 mbit/s anstrebte.

2024 hat die Technologie zahlreiche Fortschritte gemacht. Nicht nur erreicht man nun Transferraten von einem Gigabit, sondern steht auch vor dem kommerziellen Durchbruch. Möglich macht das auch ein im vergangenen Jahr verabschiedeter, einheitlicher Standard, erklärte Haas am Mobile World Congress gegenüber dem STANDARD.

Hängt an der Decke und spendet Internet per Licht: der Li-Fi-Downlighter.
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Der Standard steht

802.11bb nennt sich die Sammlung an Definitionen und Vorgaben, auf deren Li-Fi-Geräte arbeiten und miteinander kompatibel gehalten werden. Erarbeitet wurde er seit 2018 von der IEEE Light Communications Task Group. Geleitet wurde diese vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut und pure Lifi, wie sich D-Light heute nennt. Beide leisteten viel Pionierarbeit auf dem Feld. Das Interesse an der Technologie geht aber weit darüber hinaus. Von Elektronikherstellern bis hin zu Mobilfunkern reicht das Spektrum.

Der Standard definiert die Datenübertragung per Licht im Nahinfrarotspektrum, konkret Wellenlängen von 800 bis 1.000 Nanometer. Er beschreibt auch schon die Bandbreiten der nächsten Generation von Li-Fi-Equipment, an der man auch bei pure Lifi bereits arbeitet. Künftig sollen die Geräte Daten mit bis zu 9,6 Gigabit pro Sekunde hin- und herschicken können.

Für Mobilfunk, Büro und Wohnung

Die Firma von Haas, der öfter auch als "Vater von Li-Fi" betitelt wird, arbeitet gemeinsam mit verschiedenen Unternehmen an der Integration von Li-Fi für unterschiedliche Anwendungen. Eines davon ist die "Linxc Bridge", die man nun mit dem Netzwerkausrüster Solace Systems testet. Es handelt sich um eine Li-Fi-Station, die mit einem an der Außenseite eines Fensters montiertem 5G-Modem verbunden ist. Sie fungiert als Router für selbiges und kann aber auch per Lichtverbindung das Signal über weitere Li-Fi-Stationen verbreiten. Damit umgeht man ein Problem, das laut pure Lifi insbesondere 5G im Millimeterwellenbereich betrifft. Nämlich dass die Metallbeschichtung moderner Fenster als eine Art Blocker für das Funksignal fungiert. Licht in der von der Linxc Bridge genutzten Frequenz ist aber kein Problem.

In der Messehalle hatte man zur Demonstration einen Access Point am eigenen Stand montiert, der mit einem anderen Access Point auf einem anderen, rund 15 Meter entfernten Stand verbunden war. Mittels Speedtest ließ sich dabei eine Übertragungsbandbreite von knapp einem Gigabit ermitteln. Zudem hatte man auch PCs am Start, bei denen man die Stabilität und Latenz der Verbindung über ein Multiplayer-Rennspiel testen konnte. Laut dem Unternehmen liegt die Transferlatenz in einem Li-Fi-Netzwerk bei unter zehn Millisekunden.

Das 14,5 Millimeter lange, pure-Lifi-Modul, das sich in dieser Form in Handys und andere Geräte einbauen lässt.
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Aber auch Demonstrationsprodukte für die bessere Netzwerkversorgung von Innenräumen hat man parat, etwa in Form eines "Li-Fi Downlighter", einem Access Point im Deckenlampenformat, als auch als Li-Fi Cube, einen würfelförmigen Router. Mit Geräten dieser Art könnten Hersteller, die mit pure Lifi zusammenarbeiten, künftig Lösungen für Privatwohnungen und Büros anbieten. Auch miniaturisiert hat man die Technologie bereit. Ein nur einige Kubikmillimeter großes Modul kombiniert eine "Antenne", im Prinzip ein modifiziertes Photovoltaikpanel, mit zugehöriger Steuerelektronik. Dies ließe sich beispielsweise in Handys einbauen oder auch in USB-Dongles, um Laptops und andere Geräte mit Li-Fi nachzurüsten.

"Privates" WLAN

Freilich hat Li-Fi auch eine Schwäche, die aber gleichzeitig auch eine Stärke ist. Während konventionelles WLAN auch durch viele Wände empfangbar ist, benötigt eine Li-Fi-Verbindung Sichtkontakt zwischen den Access-Points und Endgeräten. Auch eine Signalverbreitung per Reflektion ist möglich, allerdings bringt dies gewisse Einbußen für die Verbindungsqualität mit sich. Kein relevantes Problem ist Sonnenlicht, erklärt Haas. Das System beherrscht Modulationsanpassungen, um auch bei direktem Lichteinfall eine stabile, schnelle Verbindung zu gewährleisten.

Prof. Harald Haas am MWC 2024
Harald Haas, "Vater des Li-Fi", am Mobile World Congress 2024.
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Diese Eigenschaft kann freilich die Errichtung eines Li-Fi-Netzwerks in einem Gebäude verkomplizieren. Gleichzeitig schafft es aber auch die Voraussetzung für "private" Drahtlosnetzwerke. Da das Signal eben nicht durch übliche Wände geht ist auch kein Zugriff von außen möglich. Dieser Sicherheitsaspekt ist auch der Hauptgrund dafür, warum die Technologie laut Haas im militärischen Bereich auch schon länger Einsatz findet. Dort wird sie etwa dafür genutzt, in Kommandozentralen temporär drahtlose Konnektivität zwischen verschiedenen Geräten zu ermöglichen.

Technologie am Sprung in den Markt

In diesem Sinne versteht Haas Li-Fi auch nicht als Konkurrenz, sondern als Erweiterung für klassisches WLAN. Insbesondere auch, weil dessen Verbreitung gerade in Vielparteienhäusern insbesondere im 2,4-GHz-Band vermehrt zu Interferenzen führen kann, wenn sich mehrere Netzwerke überlappen. Ein Zustand, für den die Datenübertragung per Licht einen Ausweg bietet, ohne dass man dafür Wände gegen Funksignale isolieren müsste.

Mit der Standardisierung ist nun die letzte wichtige Hürde genommen, sagt Haas. Er erwartet, dass Li-Fi in den nächsten zwei Jahren langsam auf dem Markt ankommen wird. Die Technologie ist bereit, die Hersteller dürften bald nachziehen. (gpi, 5.3.2024)