Zentrale der Hypo Landesbank Vorarlberg.
Die Hypo Vorarlberg betont, dass sie Kredite immer nur zu "marktüblichen Konditionen und mit entsprechender Besicherung" vergeben habe.
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Kredite der Hypo Vorarlberg an die Signa-Gruppe des Immobilieninvestors René Benko schlagen seit vergangener Woche hohe Wellen. Aus internen Dokumenten der Bank geht hervor, dass sie mit hohen Ausfällen rechnet. Die Schriftstücke legen zudem nahe, dass zum Teil fragwürdige Kredite vergeben wurden. Am Dienstag sollen zunächst um 12 Uhr die Parteispitzen im Land von mehr Details informiert werden, um 14 Uhr dann die Öffentlichkeit.

Frage: Wie viel Geld könnte die Hypo Vorarlberg verlieren?

Antwort: Die Hypo Vorarlberg rechnet in einem Schreiben an die Finanzmarktaufsicht (FMA) damit, dass 131,2 Millionen Euro an Krediten "ausgefallen" sind. Wie viel Geld die Hypo über Pfandrechte oder Quoten im Insolvenzverfahren zurückbekommen kann, ist unklar. Im Jahr 2022 ging die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) in einer internen Analyse davon aus, dass 61 Prozent der Hypo-Kredite an die Signa unbesichert sind.

Frage: Wie steht die Hypo Vorarlberg im Vergleich zu anderen Banken da?

Antwort: Laut der internen Analyse der OeNB hatte die Hypo Vorarlberg Mitte 2022 mit 61 Prozent einen verhältnismäßig hohen Anteil an unbesicherten Kreditsummen. Zum Vergleich: Insgesamt dürften Ende 2023 40 Prozent der Kredite von österreichischen Banken an die Signa unbesichert gewesen sein, wie aus einem Schriftverkehr der OeNB mit dem Finanzministerium hervorgeht.

Frage: Hat das interne Kontrollmanagement der Bank versagt?

Antwort: Das ist nicht bewiesen, aber es gibt Indizien. Aus einem genehmigten Kreditantrag, der dem STANDARD vorliegt, geht hervor, dass die Hypo einen Blankokredit an die Signa vergeben hat, obwohl eine "Abweichung" gegen die interne Kreditrisikostrategie vorlag. Diese Abweichung ergab sich daraus, dass der Kredit dazu führte, dass ein zu geringer Anteil der gesamten Kreditsumme gegenüber der Signa besichert gewesen wäre. In der Unterlage machte ein Mitarbeiter explizit darauf aufmerksam, bewilligt wurde der Kredit dennoch. Auch die Aufsicht kritisierte, dass die Hypo das Risiko aus Immobilienfinanzierungen in ihrer Risikostrategie nicht angemessen adressiert hätte.

Frage: Was sagt die Bank dazu?

Antwort: Sie betont wiederholt, dass man Kredite "nur zu marktüblichen Konditionen und mit entsprechender Besicherung" vergeben habe. Besicherungen könnten in verschiedenen Formen vorliegen, etwa auch als Garantien, Bürgschaften oder verpfändete Geschäftsanteile. Diese Besicherungen sind laut Vorstand Michel Haller aber im Meldewesen "nicht zu sehen". Auf die Signa selbst geht man unter Verweis auf das Bankgeheimnis nicht ein. Am Dienstag könnte sich das ändern. Laut ORF Vorarlberg soll die Signa die Hypo mittlerweile vom Bankgeheimnis entbunden haben.

Frage: Hat die Causa auch politische Auswirkungen?

Antwort: Da die Hypo zu drei Vierteln dem Land Vorarlberg gehört, sind ihre Geschäfte seit jeher ein Politikum. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ist zudem nicht nur Eigentümervertreter, sondern auch Finanzlandesrat. Das Land beschickt den Aufsichtsrat mit Personal, in das operative Geschäft sei er aber nicht eingebunden, betonte Wallner nach Publikwerden der problematischen Signa-Kredite der Bank nur knapp. Darüber hinaus äußerte er sich zunächst nicht, was für breite Kritik sorgte. "Warum schweigen Sie zum drohenden Millionenverlust der Hypo, Herr Landeshauptmann?" lautet etwa der Titel des ersten Tagesordnungspunktes der am Mittwoch stattfindenden Landtagssitzung. Die Neos brachten außerdem bereits eine parlamentarische Anfrage ein. Die Opposition sieht ein Kontrollversagen und will außerdem wissen, ob Geld aus dem Landesbudget in jenes der Bank zugeschossen werden muss, um etwaige Verluste auszugleichen. Am Dienstag äußerte sich Wallner dann doch noch. Am Vormittag kündigte er an, sich nach der Pressekonferenz des Bankvorstands ausführlich als Eigentümervertreter zu melden. Der Vorstand müsse jedenfalls für "Aufklärung und Transparenz"sorgen. Vor der Pressekonferenz der Banker sollen diese sich laut "Vorarlberger Nachrichten" mit den fünf Landtagsparteien zu einer Art rundem Tisch treffen.

Frage: Gibt es Konsequenzen im Hypo-Vorarlberg-Vorstand?

Antwort: Bis dato nicht, wobei Wallner am Dienstag personelle Konsequenzen in der Bank explizit nicht ausschloss. Dort gab man sich bislang gelassen: Auf die Frage eines Journalisten antwortete der Vorstandsvorsitzende Michael Haller bei einem Pressegespräch am Freitag, dass er in den vergangenen Nächte gut geschlafen habe. Der eilig einberufene Termin dürfte die Absicht, die Öffentlichkeit zu kalmieren, aber verfehlt haben. Auch Hallers Vorgänger musste früher als gedacht seinen Hut nehmen. Damals tauchte die Landesbank in den sogenannten Panama-Papers auf. Ein U-Ausschuss auf Landesebene und Strafen wegen Verstößen gegen das Finanzmarkt-Geldwäsche-Gesetz beziehungsweise das Bankwesengesetz waren die Folgen. Jahre später hob der Verwaltungsgerichtshof die Strafen aber auf, das Geld wurde vom Bund zurück überwiesen. Die Bank stellte außerdem sämtliche Geschäftsbeziehungen mit Offshore-Gesellschaften ein.

Frage: Welche Rolle hat der Aufsichtsrat?

Antwort: Dem Aufsichtsrat muss laufend über Kredite berichtet werden. Bei großen Krediten muss er außerdem zustimmen, dafür gibt es einen eigenen Ausschuss. Ob das auch bei den Signa-Krediten notwendig war, ist nicht bekannt. Der Aufsichtsrat würde jedenfalls bei "objektiv sorgfaltswidrigem Verhalten" haften, also wenn er seine Obliegenheiten verletzt hat. In diesem Fall könnten theoretisch Schadenersatzansprüche gegen die Aufsichtsräte entstehen. Darüber hinaus könnte bei schuldhaft rechtswidrigem Verhalten des Vorstandes wiederum der Aufsichtsrat auch in die Position kommen, dass er im Interesse des Unternehmens Schadenersatzansprüche gegen den Vorstand geltend machen muss.

Frage: Ist die Hypo Vorarlberg aufgrund der ausgefallenen Kredite gefährdet?

Antwort: Nein, laut Daten der OeNB würde die Quote des Kernkapitals zwar sinken, allerdings würde die Bank den vorgeschriebenen Kapitalpuffer weiterhin einhalten. Im vorläufigen Ergebnis für das Jahr 2023, das am 31. Jänner 2024 veröffentlicht wurde, seien die aktuellen Entwicklungen am Immobilienmarkt bereits eingepreist worden, heißt es seitens der Bank. Das Ergebnis vor Steuern beträgt nach Bewertungseffekten 53,1 Millionen Euro. Im Vergleich zum 2022 ist das ein Rückgang um 67 Prozent. (Lara Hagen, Jakob Pflügl, 5.3.2024)