"Das ist der Tag, auf den wir gewartet haben", sagt Donald Trump in Mar-a-Lago, seinem exklusiven Club in Palm Beach, als er von einem Rednerpult mit dem Namen Trump zu jubelnden Anhängern spricht. "Wir wollen Einigkeit, und bald werden wir Einigkeit haben, und es wird sehr schnell passieren." Es ist die verklausulierte Aufforderung an seine Kontrahentin Nikki Haley, endlich aufzugeben.

Donald Trump bei seiner Siegesrede
Die Arme zur Umarmung aller Republikanerinnen und Republikaner ausgebreitet? Donald Trump feierte seine Siegesserie auch in der Nacht auf Mittwoch auf seine Art: pompös.
EPA/CRISTOBAL HERRERA-ULASHKEVIC

Als er wenige Minuten nach 22 Uhr Ortszeit (4 Uhr MEZ) die opulent mit Sternenbannern geschmückte Bühne betritt, sind die Wahllokale in Kalifornien noch nicht geschlossen. Im westlichsten der Bundesstaaten, in denen am Dienstag abgestimmt wurde, hat die Auszählung noch nicht begonnen, doch am Wesentlichen ändert es nichts. Trump hat sich die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner so gut wie gesichert. Stand Mittwochvormittag (MEZ) setzte er sich laut "New York Times" in 14 der 15 US-Staaten, in denen am Super Tuesday abgestimmt wurde, gegen seine einzige im Rennen verbliebene Rivalin durch.

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Achtungserfolg für Haley

In einigen, etwa in Alabama, Arkansas, Oklahoma und dem Schwergewicht Texas, holte er über drei Viertel der Stimmen. Auch Colorado, der Rocky-Mountains-Staat, in dem der Name Trump zunächst nicht auf Stimmzetteln stehen sollte, bevor der Oberste Gerichtshof in Washington zu seinen Gunsten urteilte, ging klar an den Ex-Präsidenten – wie auch Alaska und zuletzt Utah.

Nur in Vermont, dem kleinen Neuenglandstaat an der Grenze zu Kanada, kam Haley vor ihm durchs Ziel. Es war ihr zweiter Sieg nach dem Erfolg im District of Columbia, dem Hauptstadtbezirk von Washington, in dem republikanische Wähler allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Es bedeutet, dass Trump bereits Mitte März, wenn die Primaries in weiteren Bundesstaaten über die Bühne gegangen sein werden, die für die Nominierung erforderliche Mehrheit der Delegiertenstimmen zusammenhaben wird. 1.215 Mandate sind nötig, um vom Parteikonvent im Sommer offiziell zum Kandidaten fürs Oval Office gekürt zu werden. 865 waren am Super Tuesday zu vergeben – und Trump kann den Löwenanteil davon für sich verbuchen.

Haley, die am wichtigsten Tag des Vorwahlkalenders in ihrem Heimatstaat South Carolina auf das Ergebnis wartete, verzichtete darauf, am Abend auf einer Bühne zu Anhängern zu sprechen. An ihrer Stelle erklärte die Sprecherin ihres Wahlkampfteams, Einigkeit lasse sich nicht dadurch erreichen, dass man einfach erkläre "Wir sind geeint". Ein großer Block republikanischer Wähler und Wählerinnen habe auch an diesem Dienstag tiefe Sorge zum Ausdruck gebracht, tiefe Skepsis in Bezug auf Donald Trump. "Dies ist nicht die Einigkeit, die die Partei braucht, um erfolgreich zu sein."

"Biden-Migranten-Kriminalität"

Ob Haley trotz des kämpferisch klingenden Statements aufgibt oder doch weitermacht, blieb zunächst offen. Der Sieger des Abends jedenfalls erwähnte sie in Palm Beach mit keinem Wort: Alles in Trumps Rede zielte bereits auf den bevorstehenden Zweikampf mit Amtsinhaber Joe Biden, der ihn 2020 geschlagen hatte. Und vieles drehte sich um das Thema, das die Auseinandersetzung mit dem Amtsinhaber bestimmen dürfte. Um Menschen, die ohne gültige Einreisepapiere über die mexikanische Grenze ins Land kommen. 325.000 illegale Migranten – so behauptete Trump, ohne konkrete Belege zu nennen – würden derzeit von Bidens Regierung in die USA "eingeflogen". Als er von Straftaten illegal Eingewanderter sprach, prägte er den Begriff der "Biden-Migranten-Kriminalität".

"Wir haben gesehen, wie unser Land in den letzten drei Jahren schwer angeschlagen war", malte Trump düstere Bilder zu Bidens Amtszeit. "Niemand hätte gedacht, dass so etwas möglich ist." Und ebenfalls bereits mehr Biden als Haley zugewandt, schwadronierte er: "Wir sind ein Dritte-Welt-Land an unseren Grenzen, und wir sind ein Dritte-Welt-Land bei unseren Wahlen."

Nur: Wie schon zuvor – am markantesten in New Hampshire und South Carolina – haben die Vorwahlen auch am Super Tuesday aufgezeigt, wo Trumps Schwächen liegen. Seine Achillesferse, wenn man so will. Moderate, zur politischen Mitte tendierende Konservative, häufig Leute mit College-Abschluss, haben sich in großer Zahl für Haley entschieden, trotz offensichtlicher Chancenlosigkeit der ehemaligen Gouverneurin und UN-Botschafterin. In North Carolina ergab eine vom Sender CNN zitierte Nachwahlumfrage, dass 81 Prozent ihrer Wähler im November nicht für Trump stimmen wollen. Ob sie zu Hause bleiben, für Biden stimmen oder aber letztlich doch, mit zugehaltener Nase, ins Lager des republikanischen Spitzenmanns zurückkehren werden, vermag im Moment niemand seriös zu beantworten. Zu vieles kann noch geschehen in den acht Monaten bis zum Finale.

"Uncommitted"

Für interessante Erkenntnisse im Wahlkampfteam des Demokraten Joe Biden dürfte der Anteil jener Wählerinnen und Wähler sorgen, die sich weder für den Amtsinhaber noch für einen Herausforderer in den Reihen der Demokraten entscheiden wollten und daher "uncommitted" (unentschieden, nicht festgelegt) wählten. In Minnesota machte diese Gruppe am Super Tuesday mehr als 19 Prozent aus – ein ernstes Warnzeichen für Biden, da er im November nicht unbedingt mit diesen eigentlich dem eigenen Lager zuzurechnenden Stimmen rechnen darf. Schon vorige Woche in Michigan hatte Biden von dieser Wählergruppe einen Schuss vor den Bug bekommen: Aus Protest gegen die Unterstützung des Gazakriegs verweigerten dort mehr als 100.000 Menschen dem Präsidenten bei den demokratischen Vorwahlen die Unterstützung. (Frank Herrmann aus Charlotte, North Carolina, 6.3.2024)