Sturm-Spieler ärgern sich.
Lille war Sturm eine Nummer zu groß.
REUTERS/Leonhard Foeger

Graz – Das Abenteuer Europacup steht für Sturm Graz vor seinem Ende. Österreichs letzter internationaler Repräsentant verlor das Achtelfinal-Hinspiel der Conference League gegen Lille mit 0:3, im Rückspiel am kommenden Donnerstag bräuchte es mehr als ein Wunder.

Im Vergleich zum Playoff-Heimspiel gegen Slovan Bratislava war der Gästesektor ein Hort der Entspannung, die etwa 150 mitgereisten Lille-Anhänger traten ungleich zivilisierter auf. Ein paar Restplätze blieben auch im Rest des Stadions frei. Sturms organisierter Support hatte quasi den Tag des Fanschals ausgerufen, tausende Anhänger hatten ihre schwarz-weißen Exemplare mitgebracht. So kann auch die Conference-League-Hymne Gänsehaut erzeugen.

Sturm-Trainer Christian Ilzer musste auf den angeschlagenen Mittelfeldmotor Alexander Prass verzichten, sonst gab es keine kurzfristigen Ausfälle. Keine zwei Minuten waren gespielt, als sich Lille erstmals recht sorgenfrei in den Strafraum kombinierte, ehe Ismaily das Spielfeld ausging. Die Souveränität der Franzosen war schon fast frech, Sturms Zweikämpfe kamen verlässlicher zu spät als die Deutsche Bahn. Trotzdem endete die erste Viertelstunde ohne Aufreger.

Sturm fängt sich, Lille trifft

Das war dann auch genug der Einbahnstraße. Minute 16: Flanke auf Biereth, Goalie Lucas Chevalier greift zu. Minute 19: Flanke von Biereth, keiner kommt ran. 21.: Ein Sturm-Eckball ergibt den nächsten, zuletzt lacht aber wieder Chevalier. Das Tor schossen bei kurzzeitig einsetzendem Schneeregen aber die Gäste: Der 16-jährige Ayyoub Bouaddi wurde im Strafraum gut eingesetzt, legte quer auf Jonathan David und der kanadische 50-Millionen-Euro-Stürmer bedankte sich (29.). Wie Sturms Schlussmann Vítězslav Jaroš wenig später Hákon Arnar Haraldssons Kopfball aus zwei Metern parierte, wusste wohl keiner der Beteiligten.

Minute 37: Horvat stanglert zur Mitte, Sarkaria spitzelt ihn vom Elferpunkt aufs Tor, doch Chevalier rettet mit den Zehenspitzen. Dass Sarkaria nach seinem Abschluss noch umgegrätscht wurde, war weder Schiedsrichter Bartosz Frankowski noch dem VAR eine Reaktion wert, beendete aber seinen Arbeitstag. Nach dem Spiel folgte die Diagnose: Knöchelbruch, Saisonende. William Böving ersetzte den verletzten ÖFB-Teamspieler. Der Däne setzte sich zu Beginn der Nachspielzeit mit einem Ballgewinn im Mittelfeld erstmals in Szene, fand gegen drei Lille-Profis aber keinen Weg zum Tor. Das 0:1 zur Pause war angesichts des Beginns nicht unverdient, doch Sturm nahm Hoffnung mit in die Kabinen.

Die verflixte Viertelstunde

Wiederanpfiff, wieder Böving: Sturms Joker machte im Mittelfeld Meter, sein Schuss riss ab. Minute 49: David hat am Sechzehner viel Freiraum, nimmt das lange Eck ins Visier – und Jaroš ist mit einem sensationellen Reflex unten. Die Erleichterung war von kurzer Dauer. Haraldssons Gewaltschuss lenkte Sturms Goalie noch an die Latte, bei Davids Abstauber war er machtlos. Das Match lief nun wieder wie zu Beginn: Lille hatte den Ball, Sturm die Mühe.

Der beste Mann der Blackies blieb der Torwart. David durfte nach einem Affengruber-Blackout aus wenigen Metern schießen, Jaroš biss auch den aus dem Eck. 61.: Sturm bringt einen Ball nach vorne, Kiteishvili setzt am Strafraum zum Tor des Monats an, schlenzt den Ball aber in hohem Bogen an die Latte. Böving ist noch kein Jonathan David, der Däne jagt den Abpraller volley drüber. Sturm schien aber wieder erwacht, Horvat schoss vorbei (63.). Es folgten Dreifachwechsel beider Trainer, bei Sturm kamen Stefan Hierländer, Amady Camara und Szymon Wlodarczyk für Dimitri Lavalée, Biereth und Kiteishvili.

Sehenswertes drittes Tor

Nach diesem kurzen Aufflackern übernahm Lille wieder die Kontrolle, in Minute 71 krönte Flügelflitzer Edon Zhegrova seine starke Leistung: Der Kosovare zwirbelte den Ball nach einem kurz abgespielten Corner aus klassischer Flankenposition perfekt ins Kreuzeck und überrumpelte so Jaroš. War das Absicht, war es genial. Sturm gab sich auch nach dem 0:3 nicht auf, blieb aber glücklos. Dem Ehrentreffer am nächsten kam Wlodarczyk, dessen Flachschuss Chevalier stark parierte (79.). (Martin Schauhuber, 7.3.2024)

Fußball-Conference-League, Achtelfinal-Hinspiel:

SK Sturm Graz - OSC Lille 0:3 (0:1).
Graz, Stadion Graz Liebenau, 13.825 Zuschauer, SR Frankowski (POL)

Tore: 0:1 (29.) David
0:2 (51.) David
0:3 (71.) Zhegrova

Sturm: Jaros - Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Schnegg - Gorenc Stankovic, Lavalée (64. Hierländer) - Sarkaria (42. Böving), Horvat (77. Johnston), Kiteishvili (64. Wlodarczyk) - Biereth (64. Camara)

Lille: Chevalier - Santos, Yoro, Alexandro, Ismaily (63. Gudmundsson) - Bouaddi, André - Zhegrova (76. Bazie), Gomes (81. Ferrah), Haraldsson (63. Cabella) - David (63. Yazici)

Gelbe Karten: Wüthrich bzw. Bouaddi