Schönbrunn in der HBO-Serie
Schönbrunn in der HBO-Serie "The Regime" oben, unten die Vorlage.
Montage: DER STANDARD, Fotos: Imago, Screenshot

Als Computereffekt ist das Schloss Schönbrunn aus der Serie "The Regime" keine Hexerei. "Für VFX-Verhältnisse ein Standardeffekt", erklärt Kris Staber von Arx Anima. Der Aufwand einer solchen Konstruktion sei "überschaubar". Unter VFX (Visual Effects) versteht man Spezialeffekte, die in der Postproduktion entstehen.

In "The Regime" geht es um ein autoritäres Reich, an dessen Spitze eine Kanzlerin steht, die mit Willkür und Neurosen ihre Macht ausübt. Die Rolle des Staatsoberhaupts Elena Vernham spielt Kate Winslet. Die HBO-Serie ist Drama und Groteske zugleich, wurde zum Teil in Wien gedreht und ist auf Sky abrufbar. Der österreichische Schauspieler Karl Markovics hat als Putschist einen furiosen Gastauftritt.

Schönbrunn um ein Stockwerk höher

Für die Effekte in "The Regime" verantwortlich ist die britische Firma Union. Schloss Schönbrunn wurde durch digitale Effekte um ein weiteres Stockwerk und einen Turmaufbau erhöht. Im Hintergrund eröffnet sich nicht der Blick auf die Stadt Wien, sondern auf einen nicht näher identifizierbaren Ort samt verschneiten Bergspitzen. "Klare Unterscheidungselemente machen die Bearbeitung recht einfach", sagt Staber. Ungleich schwieriger sei es, mechanische Elemente über bewegliche Objekte zu legen. Staber nennt als Beispiel die Maske der Figur 7 of 9 bei "Star Trek". "Deshalb wird sowas in der Maske gelöst und nicht als VFX. das ist ein gutes Beispiel für etwas, das in der Maske relativ einfach ist und in VFX sehr aufwändig wäre."* Ungleich schwieriger sind Effekte zwischen beweglichen und festen Objekten: "Ein kleines VFX-Eichkatzerl, das auf der Schulter sitzt, oder ein Drachenkopf, der im Schoß liegt und gestreichelt wird."

Showrunner William Tracy wollte mit der überhöhten Schönbrunn-Ansicht und den Gipfeln den Eindruck vermeiden, es handle sich beim Ort des Geschehens um ein osteuropäisches Land. Das fiktive "Mitteleuropa" sollte nicht eindeutig verortbar sein. Im Serienwesen gehört Tracy zu den gefragtesten Autoren. Er schrieb Drehbücher zu "The Menu" und Folgen von "Succession".

Inspiriert hat ihn tatsächlich Ryszard Kapuścińskis Beschreibung des äthiopischen Kaisers Haile Selassie im Buch "König der Könige": "Man erfährt nicht nur etwas über die politischen Machenschaften, die zum Sturz führten, sondern auch darüber, wie sein Tagesablauf war und wie es sich anfühlte, in der Gedankenwelt dieses Mannes zu leben, und unter welchem Druck er stand. Ich dachte, das wäre doch eine interessante Idee für eine Serie – so eine Art 'Downton Abbey' im Palast eines autoritären Regimes."

Ansonsten bleibt es bei vagen Anspielungen, was "The Regime" inhaltliche Kritik einbringt: Der Serie bleibe im Comedy-Modus, es fehle an politischer Schärfe. Elena Vernham, so beeilt sich Tracy denn auch hinzuzufügen, "sei natürlich ein ganz anderer Charakter als Haile Selassie, und das Land, in dem die Serie spielt, sei "ganz anders als Äthiopien. Es war also wirklich nur die Idee eines solchen Schauplatzes."

The Regime | Official Teaser | Max
HBO Max

DER STANDARD sprach mit Showrunner William Tracy im Round-Table-Interview über:

Österreich als Drehort:

Ich vermisse Österreich. Das hört sich an, als würde ich Ihnen Honig ums Maul schmieren, aber es stimmt wirklich. Ich könnte tatsächlich vom Tourismusverband Österreichs eingestellt werden, weil ich jede Minute in diesem Land geliebt habe. Wien war meine erste Wahl, weil es ein wunderschöner Drehort ist, eine wunderschöne Stadt zum Filmen. Trotzdem kommt es bei amerikanischen und englischen Produktionen nicht übermäßig oft vor. Vor allem viele dieser Paläste und Orte, an denen wir die Serie gedreht haben, sind noch nie zuvor in einer amerikanischen oder englischen Produktion gezeigt worden. Für mich war das sehr wichtig, und auch die Tatsache, dass die Locations barock aussahen und dem entsprachen, was wir unter "Mitteleuropa" verstanden. Ich wollte nicht, dass das Publikum denkt, wir sind in Russland oder in Osteuropa, denn das hätte dem Klischee in der US-amerikanischen Fiktion entsprochen. Dass, wann immer man eine Diktatur zeigen will, es entweder ein futuristisches Science-Fiction-Land ist oder etwas, das ein Ersatz für Russland sein soll. Und so schien Wien einfach perfekt.

Kate Winslet als Diktatorin:

Sobald man eine Figur erschafft, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man ein Bild von einer Schauspielerin oder einem Schauspieler vor sich hat. Ich versuche während des Schreibens ein leeres Blatt über dem Gesicht zu haben, weil ich mich nicht an die Idee einer bestimmten Person binden will. Bei Elena Vernham stellte ich fest, dass sich ihr Gesicht während des Schreibens sogar veränderte. Einmal war sie brünett, dann wieder blond, und das passte auch irgendwie zur Figur, denn sie ändert ihr Aussehen und ihr Auftreten von Szene zu Szene und von Tag zu Tag. Und ich hielt das lange durch, so lange bis Kate Winslet auftauchte. Ab dann wurde es einfacher, weil ihre Bandbreite so grenzenlos ist. Ich fühlte mich dadurch ziemlich befreit.

Eine zweite Staffel von "The Regime":

Ich war ziemlich angetan von der Idee, dass "The Regime" eine abgeschlossene Sache ist und dass wir versuchen, alles zu sagen, was wir in diesen sechs Episoden sagen können. Wissen Sie, ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut. Wenn man mir einen großen Truck voller Geld vor die Tür stellen würde, wäre es schwer, Nein zu sagen. Aber im Moment stellt sich die Frage nicht, und außerdem habe ich habe keine großartige Idee, wie es weitergehen könnte. Aber natürlich, man soll nie nie sagen. (Doris Priesching, 13.3.2024)

*Ergänzende Bemerkung, nachgereicht von Kris Staber.