Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten ist in Österreich 2023 gegenüber dem Jahr 2022 um rund 30 Prozent gestiegen. Das geht aus Innenminister Gerhard Karners (ÖVP) Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ-Abgeordneten Sabine Schatz hervor. Schatz fragt seit 2018 jedes Jahr rechtsextreme, rassistische und antisemitische Straftaten durch Anfragen im Justiz- und im Innenministerium ab, weil diese Zahlen nicht eigens im Verfassungsschutzbericht ausgewiesen werden. Die aktuellen Zahlen für 2023 bedeuten mit 1.208 ein Rekordhoch seit 2018, 2022 waren es noch 928. Die Zahl der Verurteilungen sank im selben Zeitraum leicht.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
IMAGO/Martin Juen

Was auch wieder auffällt: Die abgefragten Zahlen divergieren bei Innenministerium und Justizministerium in Sachen NS-Verbotsgesetz stark. 2.451 Anfälle verzeichnete das Ressort von Justizministerin Alma Zadić (Grüne), nur 1.203 sind es hingegen im Innenministerium. Auch in den vergangenen Jahren sorgte diese Diskrepanz für Irritationen – DER STANDARD berichtete mehrmals.

Waffenarsenale

Die in über 90 Prozent der Fälle von Männern begangenen Straftaten ziehen sich von einschlägiger Propaganda über Beschimpfungen oder tätliche Angriffe gegen Migranten oder Jüdinnen und Juden bis zu zur Entdeckung von Arsenalen mit hunderten schweren Waffen.

"Einmal mehr zeigt sich, wie dringend notwendig der eigenständige Rechtsextremismusbericht ist, der heuer im Herbst erstmalig wieder erscheinen wird", kritisiert Schatz im Gespräch mit dem STANDARD. "Ich erwarte mir zur nachvollziehbaren Datenlage und Aufklärung der Zahlendifferenz aus den Ministerien auch eine Grundlage für die Erstellung eines eigenständigen nationalen Aktionsplans. Der rapide Anstieg rechtsextremer Straftaten um 30 Prozent ist ein klarer Handlungsauftrag, der Innenminister ist hier immer noch säumig." Schatz fordert einen "nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus".

Im Innenministerium zeigte man sich am Dienstag "zuversichtlich", dass in den nächsten Wochen ein nationaler Aktionsplan "Deradikalisierung- und Extremismusprävention" präsentiert werden könne, der neben "dem entschlossenen Vorgehen gegen Rechtsextremismus" auch Maßnahmen gegen religiös motivierten Extremismus beinhalten soll. "Vermutlich Anfang Mai", sagte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber dem Ö1-"Mittagsjournal".

Weniger optimistisch ist hingegen die Wissenschaftssprecherin der Grünen, Eva Blimlinger. Man müsse zunächst den für Herbst erwarteten Rechtsextremismusbericht abwarten, der Grundlage für einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus sein soll. Sie schließt nicht aus, dass der Nationale Aktionsplan gegen Rechtsextremismus in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt wird.

Ein Rechtsextremismusbericht wurde 2002 von Schwarz-Blau abgeschafft, diesen Herbst soll es ihn – nach einigen Verzögerungen – erstmals wieder geben. Schatz hofft, dass dann auch das Problem mit den divergierenden Zahlen endlich gelöst ist. (Colette M. Schmidt, APA, 12.3.2024)