Gehirn
Wie das Gehirn sich trotz genetischer Veranlagung gesund entwickeln kann, wollen Forschende in einem der geförderten Exzellenzprojekte ergründen.
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Gut Ding braucht Weile. Dieses Sprichwort könnte auch auf das seit Jahrzehnten in Österreich diskutierte Exzellenzprogramm für Spitzenforschung umgelegt werden. Mittlerweile ist die angekündigte Initiative jedoch auf Schiene. Nachdem im Vorjahr bereits über 80 Millionen Euro an Forschungsgeldern für fünf ausgewählte Exzellenzcluster vergeben wurden, erfolgte nun der Startschuss für das zweite Förderprogramm. Fünf Projekte aus vielversprechenden Bereichen ("Emerging Fields") erhalten für einen Zeitraum von fünf Jahren 31 Millionen Euro, wie Wissenschaftsminister Martin Polaschek und Christof Gattringer, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, am Dienstag bekanntgaben.

Während es bei den Exzellenzclustern um den langfristigen Aufbau von Forschungsstrukturen mit einem Zeithorizont von bis zu zehn Jahren und bis zu hundert beteiligten Forschenden geht, sind die nun ausgewählten Projekte kleiner dimensioniert und auf ganz konkrete Forschungsvorhaben zugeschnitten. So will etwa ein Team um Johannes Zuber vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie einen Durchbruch bei der Behandlung einer aggressiven Knochenkrebsart finden, die zu den häufigsten Krebsarten bei Kindern zählt. Andere Forschungsvorhaben betreffen die Widerstandsfähigkeit des Gehirns, den Ursprung des komplexen Lebens und die krisensichere Gestaltung globaler Lieferketten. An der Uni Wien wird hingegen an einer neuen Geometrie zur Relativitätstheorie geforscht.

"Hochriskante Forschung"

Laut FWF-Präsident Gattringer zielt die Förderschiene darauf ab, besonders innovative Forschungsvorhaben zu unterstützen. Denn solche Projekte, die zwar Revolutionspotenzial besitzen, dadurch aber auch "hochriskant" seien, täten sich in anderen Förderschienen oft schwer – zumal sie einen hohen Grad an Interdisziplinarität aufweisen. "Oft werden Forschungsprojekte durch eine ganz bestimmte Fachbrille gesehen und auch so beurteilt. Bei der Wahl dieser Emerging-Fields-Projekte lag der Fokus der Jury aber ganz explizit auch auf der fachübergreifenden Zusammenarbeit", erklärt Gattringer auf STANDARD-Nachfrage.

Gruppenfoto
Anwesend bei der Bekanntgabe der Förderung waren (von links) FWF-Präsident Christof Gattringer, Helmut Haberl, Johannes Zuber, Bundesminister Martin Polaschek, Roland Steinbauer, FWF-Vizepräsidentin Ursula Jakubek, Florian Schur und Igor Adameyko.
FWF/Christine Miess

Tatsächlich lesen sich die zum Zug kommenden Forschungsstätten wie ein kleines Who's who der österreichischen Forschungsszene. Das mehrstufige Auswahlverfahren wurde von einer international besetzten, 15-köpfigen Jury unter der Leitung von Aileen Fyfe von der schottischen University of St Andrews begleitet. Von 45 Konsortien, die sich zunächst bewarben, wurden nach einem weiteren Zwischenschritt zehn zu Hearings eingeladen. Die nun geförderten fünf Konsortien umfassen folgende Themen und Forschende:

Krebserkrankung Kind
Gegen den aggressiven Knochenkrebs Osteosarkom, von dem auch Kinder betroffen sind, sollen personalisierte Immuntherapien helfen.
AP
Frachter Meer
Der Schiffsverkehr geriet zuletzt öfter an seine Grenzen. Im Suezkanal blieb ein Frachter stecken. Der Panamakanal leidet unter Wassermangel aufgrund anhaltender Dürre in der Region. Die Frequenz der passierenden Schiffe musste drastisch gesenkt werden.
EPA

Nächste Runde startet 2025

Nach der Entscheidung ist vor der Entscheidung. Schon Anfang nächsten Jahres wird es laut Gattringer wieder die Möglichkeit geben, sich für die Emerging Fields im Rahmen der Exzellenzinitiative zu bewerben. Dann bekommen auch die Projekte eine neue Chance, die es zwar in der letzte Runde geschafft haben, aber letztlich nicht zum Zug gekommen sind. Die Jury habe den betreffenden Konsortien entsprechende Anregungen mitgegeben, mit denen die Aussicht auf einen positiven Zuschlag erhöht wird. Man erhoffe und erwarte sich aber auch völlig neue Ideen, die schließlich Anfang 2026 bewilligt werden.

Auch in zwei Jahren wird das Fördergeld erneut vom Wissenschaftsministerium kommen. Wie auch die Exzellenzcluster sollen diese mehrjährigen Förderungen die langfristige Planungssicherheit der österreichischen Spitzenforschung garantieren, teilte Minister Polaschek mit. Den nun ausgewählten Projekten mit insgesamt 14 nationalen Einrichtungen konstatierte er eine europäische Bedeutung, sie hätten zudem das Potenzial, ihre Forschungsfelder zu revolutionieren. Wie schon bei anderen Fördervorhaben betonte Polaschek die Maßnahmen als wichtigen Beitrag, um nicht nur den Forschungsstandort zu stärken, sondern auch der Wissenschaftsskepsis entgegenzuwirken. (Martin Stepanek, 12.3.2024)