Wechselkröte
Die auffällige Musterung der Wechselkröte macht sie zum tierischen Hingucker. Wie die meisten ihrer Verwandten hat auch sie mit dem Verlust geeigneter Lebensräume zu kämpfen.
K. Kolodziej /ÖGH

Amphibien – also Frösche, Kröten, Molche und Salamander – sind die am stärksten von der Biodiversitätskrise betroffene Tiergruppe: 40 Prozent aller Arten sind global vom Aussterben bedroht. Österreich ist da keine Ausnahme: Alle der 21 heimischen Amphibienarten stehen auf der Roten Liste, zwei Drittel davon sind akut gefährdet. Die wichtigsten Ursachen für den Rückgang sind der Verlust von Laichgewässern durch Trockenlegung und Versiegelung sowie die Fragmentierung der Landschaft durch den Straßenbau.

Dabei verbringen viele Amphibien wie Kröten und Salamander praktisch ihr ganzes Erwachsenenleben an Land. Nur ihre Entwicklung vom Ei zum adulten Tier verläuft im Wasser, und dafür muss dieses nicht groß sein: Manchen genügen selbst kleine Gartenzierteiche oder Wassergräben. Diese Kleingewässer haben gewöhnlich auch den Vorteil, dass sie keine Fische enthalten, die den Laich und die Larven der Amphibien fressen könnten.

Teichfrosch
Ein Teichfrosch, teilweise auch Wasserfrosch genannt, sitzt auf einem Zweig in einem Teich voller Wasserlinsen.
IMAGO/Foto: Sabine Brose/Sorge

Nachweis in einem Tropfen Wasser

Wirksame Schutzmaßnahmen für die bedrohten Tiere lassen sich am besten setzen, wenn man weiß, wo sie vorkommen und wo nicht. Gartenteiche und andere Kleingewässer, die meistens auf Privatgrund liegen, sind da schwer zu erfassen. Vor diesem Hintergrund hat das Institut für Zoologie der Universität Innsbruck ein Citizen-Science-Projekt ins Leben gerufen, das unter anderem diese weißen Flecken auf der Verbreitungskarte von Amphibien mit Daten füllen soll.

Das Elegante daran: Eine einzige Wasserprobe pro Gewässer genügt für die Erhebung, denn untersucht wird auf Umwelt- oder environmental DNA, kurz eDNA. Dabei handelt es sich um DNA aus Zellen, die jedes Lebewesen ständig an den Lebensraum abgibt, wie Hautschuppen, Schleim oder Ausscheidungen. Diese eDNA wird aus dem Wasser herausgefiltert und kann mithilfe von molekularbiologischen Methoden und Referenzdatenbanken Aufschluss darüber geben, welche Arten einer Organismengruppe – in unserem Fall Amphibien – sich darin aufhalten beziehungsweise vor kurzem aufgehalten haben.

Europäischer Laubfrosch
Laubfrösche nutzen als Fortpflanzungsgewässer oft fischfreie, besonnte und vegetationsfreie Kleingewässer.Haben sie sich einmal dort aufgehalten, kann ihnen die Forschung mithilfe von Umwelt-DNA nachspüren.
IMAGO/Zoonar.com/THOMAS MARTH

Gartenteiche und Hobbyforschende gesucht

Unter dem Titel "Der Frosch im Wassertropfen Österreich" und finanziert mit Mitteln der EU und des Landes Tirol werden derzeit österreichweit Gewässer gesucht, die in puncto Amphibien vielversprechend sind. Für den Erfolg des Projekts ist die Mithilfe der Bevölkerung entscheidend: Wer ein entsprechendes Gewässer kennt, ist aufgerufen, sich damit über ein Onlineformular für die Teilnahme an dem Projekt zu bewerben.

Aus allen Einsendungen suchen die Forschenden der Universität Innsbruck dann zusammen mit den Amphibienexperten der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie 1.120 Gewässer aus, die ihnen besonders geeignet scheinen. Die teilnehmenden Laienforscherinnen und -forscher erhalten in der Folge einen Testkit, mit dem sie eine Wasserprobe nehmen. Diese schicken sie an die Universität zurück, wo die Analyse der Umwelt-DNA erfolgt. Wenn die Erhebungen abgeschlossen sind, erhalten die Citizen-Scientists einen Befund darüber, welche Amphibien in ihrem Gewässer vorkommen.

"Das Ganze ist kinderleicht, dauert maximal eine Stunde und ist für die Teilnehmer mit keinerlei Kosten verbunden", erklärt Projektleiterin Corinna Wallinger vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck. Ein Vorläuferprojekt, das 2019 nur in Tirol durchgeführt wurde, war ein voller Erfolg: "Wir hatten 100 Prozent Rücklaufquote", erinnert sich Wallinger begeistert. Das Ergebnis ermutigte sie und ihre Kolleginnen dazu, das Ganze auch bundesweit auszurollen.

Gelbbauchunke
Die Körperoberseite der Gelbbauchunke ist unauffällig braun – ganz im Gegensatz zum namengebenden Bauch, der leuchtend gelb gefärbt ist.
C. Leeb / NHM

Aktiv gegen Artensterben

Ziel des Projekts ist nicht nur die Erfassung der heimischen Amphibienarten. Seit den 1980er-Jahren breitet sich der aus Ostasien stammende Chytridpilz (Batrachochytrium dendrobatidis) aus, der weltweit für das Aussterben von 90 Amphibienarten verantwortlich sein dürfte. Die heimischen Lurche sterben zwar gewöhnlich nicht daran, werden aber geschwächt, was bei ihrer sowieso angespannten Lage zusätzlichen Stress bedeutet. Die Verbreitung dieses Erregers lässt sich ebenfalls über eDNA nachweisen und wird im Zuge des Projekts erfasst.

Zusätzlich ist "Der Frosch im Wassertropfen" ein bundesweiter Testlauf für weitere Erhebungen dieser Art mit Bürgerbeteiligung. Klappt alles wie gehofft, sollen die Amphibien auf diesem Wege in regelmäßigen Abständen erfasst werden, um auch ihre Entwicklung über die Zeit zu beobachten. Für die Wissenschaft sind solche Projekte eine wichtige Hilfe: Erstens sind so groß angelegte Untersuchungen mit wissenschaftlichem Personal allein nicht machbar, und zweitens kennen Gartenbesitzerinnen und Anrainer oft lokale, bisher unbekannte Laichgewässer.

Die Laienforscherinnen und -forscher haben ihrerseits die Möglichkeit, Naturschutz und Forschung aktiv zu unterstützen. Das fördert nicht nur das Interesse an der Natur, sondern kann im besten Fall auch gut für die eigene Psychohygiene sein: "Viele Leute haben das Gefühl, dass man gegen den Verlust von Artenvielfalt machtlos ist", erklärt Wallinger, "unser Projekt bietet die Möglichkeit, etwas dagegen zu tun." (Susanne Strnadl, 30.3.2024)