Alice Klarwein, Camilla Ruh und Marlene Stahl verhüllen, um sichtbar zu machen:
Alice Klarwein, Camilla Ruh und Marlene Stahl verhüllen, um sichtbar zu machen: "Have you heard of..." heißt der Überwurf mit alternativen Exponaten.
MAK/Nathan Murrell

Augen auf! Das gilt im Museum immer. Im Wiener Museum für angewandte Kunst schauen jetzt aber auch aus Keramik gebrannte Glubscher auf Silbergeschirr von Josef Hoffmann oder Möbel von Josef Frank. Von Ehrerbietung haben die bunten Blicke aber wenig, eher fixieren, feixen, flirten sie mit den berühmten Exponaten.

Der heitere Anschein aber trügt, im letzten der drei Räume erfährt man, dass die Das sehende Auge schaut nicht weg betitelten Tonaugen von Sarah Glück nach jüdischen und queeren Personen in der Wiener Werkstätte suchen. Die es gab, von denen aber viele in der Nazi-Zeit fliehen mussten, getötet wurden.

Die Schausammlung Wien 1900 hat also unerwartete Gäste. Studierende der Klasse Transmediale Kunst von Jakob Lena Knebl an der benachbarten Angewandten haben 17 "Interventionen" geschaffen, die bis Herbst zu sehen sind. Nächstes Jahr will man die Dauerausstellung dann neu arrangieren.

Aus dem 3D-Drucker

Eine Notwendigkeit, die das Mak schon erkannt haben will, die aber auch Studierende ansprechen. So blieb in der Schau bisher Adolf Loos’ Kindesmissbrauch ausgespart – Fiona Hauser legt als Aufforderung seine "Fallakte" auf. Direktorin Lilli Hollein ist ganz Ohr.

Andere Arbeiten nähern sich kunstimmanenter über Material- und Produktionsfragen. Wie hätte sie etwa auf 3D-Druck reagiert, mit dem sich billiger maßfertigen lässt als von Hand. Aber wäre es im Sinn der Entwerfer?

Ein Herrenzimmer von Adolf Loos im Mak - an dessen Rand Fiona Hauser über Loos' Kindemissbrauch informiert. Im Interieur finden sich auch Arbeiten von Sjeng Kessels (Übermalungen über der Bank) und Simon Kubiks
Ein Herrenzimmer von Adolf Loos im Mak - an dessen Rand Fiona Hauser über Loos' Kindemissbrauch informiert. Im Interieur finden sich auch Arbeiten von Sjeng Kessels (Übermalungen über der Bank) und Simon Kubiks "Form folgt Kosteneffizienz", Fast-Food-Verpackungen aus Edelstahl, auf dem Tischchen.
MAK/Nathan Murrell

Während ein computergestützt hergestellter Siebenkugel-Stuhl sich mit diesen Fragen zu Originalen gesellt, lässt ein Plastik-Monobloc traurig die Armlehne hängen. Als Seitenhieb auf mangelnde Sichtbarkeit von Frauen in Institutionen schleust ein bedruckter Vitrinenüberwurf alternative Exponate herein. Diese klugen Überlegungen haben Witz. (wurm, 12.3.2024)