"What Remains" von Zoë Demoustier als poetische Darstellung der fragilen Seite unserer Existenz.
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Nicht wenige der guten alten Achtundsechziger hörten die Rockband Lynyrd Skynyrd, aber gern auch einmal Richard Wagner. Sündenfälle oder Inkonsequenz? Weder noch, denn das größere Bild deutet darauf hin, dass Zeitgenossenschaft sich in den großzügigen Räumen zwischen den Schaffenden und der Rezeption von Kunst frei bewegt. Bach etwa kommt seit Jahrzehnten fast wie ein Zeitgenosse ins Spiel, in Konzerten, aber genauso beim Tanz.

In Österreich spielt das Osterfestival Tirol bewusst auf einer solchen Klaviatur, die historische wie heutige Musik, Film und Gegenwartstanz beinhaltet. Im Programm der diesjährigen Ausgabe scheint Johann Sebastian Bach ebenfalls auf – mit seiner Matthäus-Passion, die vom Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe am Ostersamstag umgesetzt wird. Die Passion steht vor dem neuen Tanzstück Prélude von Kader Attou (Musik: Romain Dubois) am Ende des Festivals.

Das diesjährige Motto? Es ist im Wort "er.schöpfung" gebündelt. Gemeint ist das Zusammenspiel von Schaffenskraft, Männlichkeit und einem Zustand des Ausgelaugtseins, in den patriarchale Hybris heute viele Gesellschaften gedrängt hat. Beim Eröffnungskonzert (15. März) kann man mit Cantando Admont prüfen, wie Alte und Neue Musik von u. a. Orlando di Lasso, Younghi Pagh-Paan und Beat Furrer zum Motto passt.

Film, Tanz und Musik

Danach geht es mit dem Filmprogramm im Innsbrucker Leokino weiter. Erst kommt No Bears des vom Mullah-Regime drangsalierten Iraners Jafar Panahi auf die Leinwand, dann Olfas Töchter von der tunesischen Regisseurin Kaouther Ben Hania (22. März); später auch Yael Reuvenys Kinder der Hoffnung.

Die Beiträge aus dem Tanz starten diesmal mit Dance Is Not for Us des libanesischen Choreografen Omar Rajeh (17. März). Es folgt die Performance Volume 1 von Peter Brandlmayr, der Choreografin Eva Müller und dem Musiker Martin Brandlmayr (zusammen: Broom Company).

Neue Musik ist wichtiger Teil des Festivals: Werke von Georg Friedrich Haas, Maja Osojnik und James Tenney bringt das junge Salzburger Names Ensemble als Echoes from Afar (19. März) ins Haller Salzlager. Dort trägt das Holland Baroque & Vokalensemble (24. März) alte Passionsmusik aus Klöstern in Brabant vor, und zwei Tage danach kommen die Ensembles Büro Lunaire und Phace mit Musik etwa von Clara Iannotta und Christoph Herndler.

Avantgarde aus Frankreich ist am Gründonnerstag angesagt mit Sternenklängen – Le noir de l’étoile – von Gérard Grisey. Das Osterfestival lässt aber auch Kinder ab zehn Jahren Gelebte Geschichte erfahren: Erzählerin Grace Wangari und Perkussionist Sven Kacirek geben Wissen über den Kolonialismus weiter. 15. bis 31. März. (Helmut Ploebst, 12.3.2024)